Herr Minister, gilt überhaupt noch die Schulpflicht?

Am 18. Mai sperren die meisten Schulen wieder auf. Bildungsminister Heinz Faßmann erklärt im Interview, wie das funktionieren soll, wie er die Schulen auf eine mögliche zweite Welle im Herbst vorbereiten will und ob diese Krise auch Chancen birgt.

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Schulen - Herr Minister, gilt überhaupt noch die Schulpflicht? © Bild: Ricardo Herrgott

Die Schulen öffnen für wenige Wochen. Die Kinder und Jugendlichen können entschuldigt fernbleiben, Schularbeiten finden nicht statt. Dem gegenüber stehen aufwendige Hygienevorschriften. Warum sperren Sie die Schulen vor dem Sommer überhaupt noch auf?
Weil die Schule für uns wichtig ist. Eine vitale Gesellschaft braucht Schulen. Schulen als Bildungs- und Ausbildungsinstitution, Schulen aber auch als sozialen Ort, wo Kinder und Jugendliche zusammenkommen und sozialisiert werden für ihr Leben. Eine kurze Zeit ist eine kurze Zeit, aber immer noch besser, als gar keine Schule zu haben.

Geht es Ihnen bei der Öffnung mehr um die Bildung oder um die soziale Funktion von Schule?
Ich möchte nicht festlegen, was wichtiger ist. Schule ist holistisch zur betrachten und hat beide Funktionen. Und kann dahingehend auch nicht auf Dauer durch Homeschooling ersetzt werden. Ich glaube, das haben alle mitbekommen. Ja, es hat in den letzten Wochen überraschend gut funktioniert, und ich bin den Lehrern dahingehend zu Dank verpflichtet. Aber sie wissen auch, dass sie die Schüler wieder persönlich treffen müssen.

Hatten Sie bei dieser Entscheidung vielleicht gewisse Risikogruppen im Auge?
Ein Argument ist sicher, dass Bildungsungleichheit durch diese Art des Homeschoolings eher wächst und nicht geschlossen werden kann. Denn es ist auch klar, dass die Eltern, die Interesse an der Bildung ihrer Kinder haben, tendenziell gut ausgestattet sind, auch technologisch betrachtet, und mit hoher Motivation das Homeschooling unterstützen. Und dann gibt es bildungsfernere Schichten, wo das nicht im gleichen Ausmaß stattfindet. Die Vermutung ist naheliegend, dass wir durch diesen Unterricht Bildungsungleichheit stärken. Und das ist für eine Gesellschaft, die auf Kohäsion wert legt, keine gute Entwicklung.

Gibt es die Angst vor der Entstehung von Parallelgesellschaften, wenn Kinder monatelang den vielleicht einzigen, aber zumindest wichtigsten Kontakt zur Mainstream-Gesellschaft verlieren?
Natürlich, ja. Wir wissen, Schule hat eine Sozialisationsfunktion, eine Bildungsfunktion, aber auch eine integrationspolitische Funktion, die ganz erheblich ist. Und ich glaube, es ist für jeden einsichtig, dass der Fortschritt eines Schülers einer Deutschförderklasse, und die gibt's seit 16. März nicht mehr, ordentlich gefährdet wäre, wenn wir jetzt nicht damit starten würden.

Eltern können ihre Kinder künftig vom Unterricht entschuldigen, wenn sie Sorge wegen einer möglichen Ansteckung haben - relativ formlos mittels eines E-Mails an die Direktion. Gilt die Schulpflicht überhaupt noch?
Gesetzlich herrscht weiterhin Schulpflicht, die ist nicht außer Kraft gesetzt worden. Aber ich gestehe in dieser besonderen Situation den Eltern zu, die Angst haben, dass ihre Kinder infiziert werden, die aber vielleicht auch Angst haben müssen, dass Infektionen in das Elternhaus getragen werden, dass es hier zu einem entschuldigten Fernbleiben kommen kann. Das wird der Schulleitung mitgeteilt, und die wird die Sache auch so aufnehmen. Dass es hier eine Rückfrage geben kann, halte ich durchaus für legitim, aber es wird nicht zu einer Abweisung kommen.

Laut Umfragen sind über 40 Prozent der Eltern dagegen, dass der Unterricht vor dem Herbst wieder beginnt. Rechnen Sie damit, dass sehr viele nicht kommen?
Nein. Umfragen sind immer nur Augenblicksaufzeichnungen. Und diese Umfragen zeigen auch die Unsicherheit, die im System drinnensteckt: Kommt die Schule wieder zurück oder nicht? Ich bin der festen Überzeugung, wenn wir eine ähnliche Umfrage in einer Woche machen, dann wird es sich verschieben. Menschen brauchen auch Klarheit. Die Klarheit wurde eingefordert und von mir auch vermittelt. Und das ist gut so.

»Die Vermutung liegt nahe, dass wir durch diesen Unterricht Bildungsungleichheit stärken«

Noch einmal zurück zu den Kindern, die man nicht so leicht erreicht. Was machen Sie, wenn die nicht kommen, ob entschuldigt oder nicht entschuldigt? Werden Sie Kontakt suchen?
Wir haben derzeit schon ein Programm laufen, bei dem die Schulpsychologen und -sozialarbeiter dezidiert die Eltern kontaktieren, wenn Kinder derzeit nicht im System aufscheinen, und das wird weiterhin gemacht werden. Das geht ohne Strafen, eine Form der aufsuchenden Sozialarbeit, wenn man so will.

Einige Details des Unterrichts ab 18. Mai sind noch unklar. Was viele verwundert oder auch verärgert: Warum findet kein Turn- und Musikunterricht statt?
Ich habe bei der Pressekonferenz gesagt: "beispielsweise". Und ich habe gesagt, dass wesentlich ist, dass es virologisch ungefährliche Fächer sind. Wir haben derzeit einen Diskussionsprozess laufen. Zum Beispiel: Kann man Musik machen, ohne dass es virologisch bedenklich wäre? Singen ist keine gute Idee, aber vielleicht kann es eine andere Art des Musikunterrichts geben, Musik hören, Musikkunde unterrichten, das werden wir noch prüfen. Bei Sport sehe ich das Problem, dass es virologisch bedenklicher ist. Insbesondere wenn man sich bei Sportarten wie bei Basketball näher kommt. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man sich beim Basketball näher kommt. Bei Sport will ich auch gerne den Gleichklang haben mit dem Sportministerium.

Gibt es andere Fächer, die Sie noch überprüfen?
Wir haben zum Beispiel über Werkerziehung nachgedacht. Wenn man sehr viele unterschiedliche Werkzeuge benützen würde, wäre es vielleicht nicht empfehlenswert. Da würde man vielleicht sagen, Werken ja, aber ohne den Austausch von viel Werkzeug. Wir schauen uns die Fächer in Hinblick auf virologische Kriterien an. Entsprechend wäre der Unterricht dann zu gestalten.

Könnte ein Schulstandort auch mehr Unterricht anbieten als zusammengerechnet 2,5 Tage pro Kind und Woche, falls die Hygiene-und Abstandsregeln eingehalten werden können?
Wir brauchen in dieser Situation viel Schulautonomie. Und was vielleicht noch wichtiger ist: Wir brauchen die Managementfähigkeiten unserer Direktorinnen und Direktoren. Man muss in vielen Dingen vor Ort entscheiden. Der Illusion, dass alles vom Minoritenplatz aus gesteuert werden könnte, hänge ich nicht nach. Aber ich würde auf der anderen Seite sagen, wir brauchen die groben strategischen und konzeptionellen Vorgaben. Das, was ich bei der Pressekonferenz mitgeteilt habe, ist so eine Vorgabe, und das soll eingehalten werden. Sonst kommen wir in eine ganz merkwürdige Situation der Ungleichbehandlung.

Der Schlüssel "drei Tage, zwei Tage" und die Einhaltung der Hygienerichtlinien sind fix vorgegeben, Details der Umsetzung liegen bei den einzelnen Standorten?
Genau. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Falls es etwa Geschwister in einer Klasse, einer Schule oder auch einer Bildungsregion gibt, wollen wir ganz klar schauen, dass die Kinder von der Gruppeneinteilung her synchron sind. Das sind so Dinge, die man nur vor Ort klären kann.

Die Eltern haben in den letzten Wochen einiges durchgemacht ...
So ist es.

Aber es bleibt kompliziert. Gehen Sie davon aus, dass wirklich der Großteil der Eltern die Kinder an den Hausübungstagen zu Hause betreuen wird?
Erstens muss man sagen, dass die Form, die ich vorgeschlagen habe, für die Eltern dennoch eine Erleichterung ist. Es gibt dann zumindest Tage, an denen Kinder in der Schule sind. Und das Homeoffice wird nicht so schnell verschwinden. Es hat sich bei vielen ganz gut etabliert, aber eben nicht fünf Tage in der Woche. Dahingehend haben wir eine flexible Situation geschaffen, wie man das managen kann. Und die Eltern wissen schon, dass Tage in der Schule keine verlorenen Tage sind.

Haben Sie Sorge, dass wieder Großeltern zur Betreuung eingesetzt werden?
Nein. Das Verständnis dafür, dass wir gerade die Großeltern schützen müssen, ist sehr weit verbreitet.

Stehen genug Schutzmasken und Desinfektionsmittel zur Verfügung, um Schulen auszustatten, die kein warmes Wasser haben?
Wir haben Vorsorge getroffen und tun dies auch weiterhin, auch in Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden. Es wird genug Schutzmasken und Desinfektionsmittel für die Standorte geben.

»Ich habe es bedauert, dass es in den letzten Wochen nur um den Betreuungsaspekt von Kindergärten gegangen ist«

Sie haben angekündigt, dass an den Freitagsfenstertagen unterrichtet werden soll - ein Aufschrei der Lehrergewerkschaft war die Folge. Bleiben Sie bei Ihrem Standpunkt?
Es gibt einen Aufschrei von einigen Funktionären in der Lehrergewerkschaft. Und es gibt viele Lehrerinnen und Lehrer, die sagen: "Wir haben schwierige Zeiten, warum sollen wir nicht weiterhin unterrichten?" Aber ich bin mit der Lehrergewerkschaft im Gespräch, und wir werden eine vernünftige Lösung finden.

Es kann sich also noch etwas an Ihrem Plan ändern?
Ich bin auf die Gewerkschaft zugekommen, und wir werden eine vernünftige Lösung finden, die im Interesse des Bildungssystems, aber auch im Interesse der Lehrer ist.

Virologen wie der berühmte Christian Drosten aus Deutschland warnen, dass uns im Herbst eine zweite Welle bevorstehen könnte. Wie bereiten Sie die Schulen auf einen möglichen neuerlichen Shutdown vor?
Wir haben dazugelernt, wie wir mit dem System umgehen können. Wir haben gelernt, dass Homeschooling eigentlich funktioniert, wenn es richtig eingesetzt wird. Es ist gelungen, die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit Endgeräten zu gewährleisten. Großartig! Und wir arbeiten weiter daran. Die Lehrer, auch die älteren, sind umgestiegen und verstehen jetzt, über Lernplattformen zu arbeiten. Das System hat sehr stark profitiert und die Digitalisierung vorangetrieben. Vielleicht müssten wir dann zu Formen kommen, wo manches über Homeschooling läuft, gerade wenn es um die Vertiefung oder individuelles Weiterkommen geht. Wir haben dazugelernt, das Bildungssystem ist flexibler geworden.

© Ricardo Herrgott

Es funktioniert jetzt vieles besser als vor sechs Wochen, aber die Technik ist ein Problem. Gibt es Pläne für eine Vereinheitlichung?
Wir haben Pläne zu Vereinheitlichung, dass in einer Schule nicht unterschiedliche Lernplattformen verwendet werden. Wir haben auch den Plan, das digitale Material, das wir nun relativ rasch in unterschiedliche Plattformen gespeichert haben, besser zu sortieren und stärker an die Lehrpläne zu binden. Und wir haben auch vor, die Lehrerfort - und -weiterbildungen noch intensiver über den digitalen Weg anzubieten.

Eine einheitliche Software für alle ist nicht realistisch?
Für alle 5.700 Schulen?

Vielleicht für einzelne Schulstufen, je nach Bedarf.
Die Vereinheitlichung pro Schulstandort ist mein Ziel.

Wird es Empfehlungen geben, was zum Beispiel datenschutztechnisch sinnvoll ist?
Datenschutztechnisch gibt es auch jetzt schon genaue Vorgaben, welche Programme genützt werden sollen und welche besser nicht.

Wenn jetzt doch absehbar ist, dass ein neuerlicher Schul-Shutdown im Herbst zumindest möglich ist - warum sperrt man die Schulen im August nicht drei Wochen früher auf?
Ich habe bereits Sommerschulen angekündigt.

Auf freiwilliger Basis?
Wir sind mit der Konzeption noch nicht fertig. Ich will jene Schülerinnen und Schüler erreichen, die vorher nicht so gut erreichbar waren oder die bestimmte Bildungsrückstände haben. Ich will verhindern, dass gerade jene Schülerinnen und Schüler mit einem Rucksack von qualifikatorischen Defiziten ins neue Schuljahr starten. Weil ich eben fürchte, dass durch die lange Phase der Nicht-Präsenz-Lehre Nachteile entstehen. Wenn das gelingt, ist das eine großartige Angelegenheit. Ich betrachte es auch als Pilotstudie, ob wir solche Sommerschulen fix installieren können.

»Wir haben dazugelernt, das Bildungssystem ist flexibler geworden«

Die Lehrer machen freiwillig mit?
Ich werde die Konzeption noch vorstellen. Wir werden sicher mit Lehrerinnen und Lehrern, die freiwillig etwas tun wollen, arbeiten. Besonders aber mit Studierenden der Lehramtsfächer. Die Studierenden haben jetzt einen Ausfall ihrer Praxisausbildung, und ich möchte nicht haben, dass sie einen zu langen Rückstand hinsichtlich ihres Studiums erfahren müssen. Wir haben Ideen.

Lehrer würden schwächere Kinder aus ihrer Klasse für diese Kurse nominieren und sie bitten, teilzunehmen?
Wer teilnehmen wird, also die Zielgruppe, muss noch nachgeschärft werden. Aber es sollen, wie gesagt, grosso modo jene Schülerinnen und Schüler sein, die wir in den letzten Wochen wenig bis gar nicht erreicht haben.

Die Krise hat das Schulsystem vor viele Herausforderungen gestellt, über einige Lerneffekte haben wir bereits gesprochen. Aber sollte man nicht darüber nachdenken, wie man es weniger behäbig und bürokratisch gestalten könnte?
Wir sind dabei. Und die Praxis lehrt auch ein anderes Miteinander, Stichwort: Bildungsdirektionen. Keiner hat genau gewusst, wie sie sich bewähren werden. Und heute sehen wir: Sie bewähren sich hervorragend. Wir haben fast tägliche Besprechungen mit den Bildungsdirektionen via Skype, wir sind dadurch hier vom Ministerium am Minoritenplatz aus sehr viel näher am Geschehen dran, als wir es vorher waren. Ich bin sehr zufrieden.

Konkrete Ideen, wo man nachschärfen könnte?
Wir müssen den beteiligten Akteuren auf allen Ebenen - Bildungsdirektionen, Bildungsregionen, Schulleitungen, Klassenvorstände - klarmachen, dass Schulverwaltung auch Schulmanagement heißt. Man muss nicht immer warten, bis die Direktive von ganz oben kommt. Vieles muss ganz im Sinne eines Subsidiaritätsprinzips dort geklärt werden, wo man es am besten klären kann. Und da sind wir, glaube ich, auf einem sehr guten Weg.

Die letzten Wochen haben auch gezeigt, dass die Kindergärten ein Problem sind. Niemand fühlt sich zuständig, die pädagogische Arbeit wird eigentlich gar nicht gewürdigt. Was müsste man tun, um diesen Bereich aufzuwerten?
Ich habe es auch bedauert, als es in den letzten Wochen nur um den Betreuungsaspekt bei den Kindergärten gegangen ist. Weil ich auch einer jener bin, die immer wieder sagen: Das ist unsere erste vorschulische Bildungsinstitution, und hier passiert etwas ganz Wichtiges: Sprachförderung, Entwicklungsförderung, Übergang zur Schule. Ich habe es bedauert, dass diese Qualität überlagert wird von der Betreuungsfrage. Wir sind den Weg in den letzten Jahren über 15a-Vereinbarungen gegangen, um die kompetenzrechtlichen Fragen zu verbessern. Diesen Weg müssen wir in den nächsten Jahren weitergehen.

Aber die Krise hat auch aufgezeigt, dass die Wertschätzung für Elementarpädagogik, die Sie gerade formuliert haben, nicht so weit verbreitet ist.
Man sagt, Politik ist das Bohren von harten Brettern. Manchmal sind es auch bestimmte Vorstellungen von bestimmten Bildungsinstitutionen, die schwer zu verändern sind. Da sind die Medien gefordert, da ist auch die Politik gefordert, um einen anderen Zustand zu erreichen. Aber das wird gelingen.

Zum Schluss unseres Gesprächs noch einmal zurück zum Anfang der Krise. Nach dem großen Shutdown wurden zuerst Baumärkte geöffnet, dann gab es genaue Erläuterungen, wie und wann man wieder Tennis spielen darf. Viele Menschen waren wütend, dass von den Schulen noch keine Rede war. Hat Bildung einen so geringen Stellenwert in unserer Gesellschaft?
Nein. Aber das täuscht, glaube ich. Wir haben in dem Augenblick, in dem wir die Schulen schließen mussten, immer darüber nachgedacht, wie man den Schritt zurück zu einer schulischen Normalität wieder finden kann. Ich habe mich vielleicht nicht jeden Tag zu Wort gemeldet, aber es war immer klar, dass das kommen wird. Und ich bin froh, dass ich nun diesen Plan veröffentlichen konnte. Es steht natürlich immer unter der Konditionalität, dass sich die Virussituation nicht dramatisch verändern darf. Aber es ist besser, man sagt, wohin man will - mit der Bereitschaft, etwas zu ändern, falls nötig. Die strategische Perspektive muss man nennen, und ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, dass ich das verfolge.

Verstehen Sie, dass die Reihenfolge der Bekanntgaben viele Leute irritiert hat?
Ich bin nicht der Interessenvertreter der Baumärkte, sondern der Schulen und habe dafür gearbeitet. Ich weiß auch nicht, ob der Eindruck wirklich entstanden ist, dass die Schulen ganz unwichtig sind. Wir sind im internationalen Vergleich richtig, auch vom Timing her. Ich habe mich immer mit den Bildungsministern der Nachbarstaaten akkordiert. Deutsche Bundesländer gehen jetzt ähnlich vor, die skandinavischen Länder sind ein bisschen früher dran, aber auch mit einer anderen Infektionssituation im Hintergrund.

Sie sind im Moment als Bildungsminister de facto auch so etwas wie der wichtigste Interessenvertreter der österreichischen Kinder ...
Nein, bin ich nicht. Aber die Interessen der österreichischen Schülerinnen und Schüler liegen mir am Herzen.

Aber Ihre Entscheidungen sind derzeit besonders wichtig für sie. Wie geht es Ihnen mit der Verantwortung?
Ich weiß, dass ich eine große Verantwortung zu tragen habe, aber ich gehe mit dieser Verantwortung mit der mir innewohnenden Art und Weise um: analysieren, nachdenken, rational bleiben. Und ich hoffe, das spürt man auch und ich kann den Familien so etwas Sicherheit geben, dass ich hier nicht einseitig vorgehe, sondern versuche, die unterschiedlichen Interessen unter einen vernünftigen Hut zu bringen.

Heinz Faßmann, geboren 1955 in Düsseldorf, ist Professor für Angewandte Geografie, Raumforschung und Raumordnung an der Universität Wien, er war zuletzt auch Vizerektor. 2017 wurde er erstmals als Bildungsminister angelobt, 2020 zum zweiten Mal. Davor hatte Faßmann als Politikberater fungiert, er war etwa Vorsitzender des Expertenrats für Integration. Faßmann ist parteiunabhängig, er wurde aber von der ÖVP als Minister nominiert.

Das Interview erschien ursprünglich im News 18/2020.