Eingeimpftes Misstrauen

Kann sie wirklich gegen den Rat des Kinderarztes alle Impfungen für ihre Kinder ablehnen?

von Dr. Maria In der Maur-Koenne © Bild: NEWS

Beim Kindergartenfest habe ich mich mit einer anderen Mutter unterhalten, die sich als echte Impfgegnerin herausstellte. Sie meinte, dass sie ihre beiden Kinder sicher nicht impfen lasse, egal, ob der Kinderarzt ihr dringend zu den Impfungen rate oder nicht. Ich finde die Ablehnung aller Impfungen ihren Kindern, aber auch meinem Sohn im Kindergarten gegenüber unverantwortlich. Kann sie wirklich gegen den Rat des Kinderarztes alle Impfungen für ihre Kinder ablehnen?
Irene G., Salzburg

Liebe Frau G.,
in Österreich besteht grundsätzlich keine allgemeine Impfpflicht. Es gibt allerdings einen immer wieder aktualisierten Impfplan. Der Impfplan Österreich 2018 sieht 18 Impfungen vor, wobei nicht alle bereits für Kindergartenkinder empfohlen sind. Kinder bis 15 Jahre werden gegen bestimmte Krankheiten kostenlos geimpft, damit finanzielle Überlegungen der Eltern keine Rolle spielen müssen. Da es sich um bloße Empfehlungen handelt, hat die Nichtbefolgung für Eltern allerdings keine unmittelbaren rechtlichen Folgen.

Gerade weil etwa die Fälle von Masernerkrankungen in den letzten Jahren stark zugenommen haben, wird aber auch immer wieder über eine "kleine Impfpflicht" für Kinder diskutiert, die in öffentlichen Kinderkrippen, Kindergärten oder Schulen betreut werden. Dies auch deshalb, da vor allem Säuglinge und Kleinkinder vom Impfschutz der älteren Kinder profitieren, solange sie selbst noch nicht geimpft werden können. Von diesem sogenannten "Herdenschutz" profitieren auch Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, etwa Krebspatienten oder hochbetagte Personen, die selbst nicht geimpft werden können. Grundsätzlich zulässig ist es, dass privat geführte Einrichtungen (zum Beispiel Kindergärten) Impfungen gegen bestimmte Krankheiten als Voraussetzung für die Aufnahme verlangen. Ein verpflichtender Impfschutz für Kinder beim Eintritt in eine öffentliche Betreuungseinrichtung ist aber weiterhin umstritten und besteht derzeit nicht.

Eltern können grundsätzlich nach Einholung ärztlichen Rats selbst entscheiden, welche Impfungen ihr Kind bekommen soll. Diese Entscheidungsfreiheit endet aber dort, wo das Kindeswohl gefährdet wird, da jedes Kind das Recht auf bestmögliche medizinische Versorgung hat. Wenn das Kindeswohl der nicht geimpften Kinder daher durch die Entscheidung, alle Impfungen gegen den ausdrücklichen Rat der Kinderarztes abzulehnen, ernstlich und konkret gefährdet wird, könnte den Eltern allenfalls sogar ein Entzug der Obsorge für den Bereich "Gesundheitsversorgung" für ihre Kinder drohen.

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