Fall Anita K.: Schwester des Mordopfers
bricht im NEWS-Interview ihr Schweigen

"Ich hatte mich ziemlich schnell in Erwin verknallt" Mutmaßlicher Täter war amtsbekannter Pädophiler

NEWS: Szilvia – wie geht es Ihnen?
Szilvia: Meine geliebte Schwester: ermordet. Und Erwin – hat Suizid begangen. Wie soll ich das verstehen? Ich kann mich doch nur an die Vorstellung klammern, dass das alles nicht wirklich passiert ist.

NEWS: Es scheint, als wäre Ihr bisheriges Leben eine einzige Tragödie gewesen.
Szilvia: Ich habe Schlimmes mitgemacht in meiner Kindheit.

NEWS: Ihre Geschichte?
Szilvia: Ich bin in Ungarn geboren. Als ich vier und Anita noch ein Baby war, gingen unsere Eltern mit uns nach Österreich.

NEWS: Hatten Ihre Eltern Arbeit?
Szilvia: Keine Ahnung; überhaupt, ich habe Probleme, mich an bestimmte Dinge aus meiner Vergangenheit zu erinnern.

NEWS: Aber Sie wissen noch, dass Ihr Vater Sie und Ihre Schwester geschändet hat?
Szilvia: Er hat mich vergewaltigt und geschlagen. Von klein an, immer wieder. Und vermutlich meine Schwester auch.

NEWS: Es gab niemanden, dem Sie sich in Ihrer Pein anvertrauen konnten?
Szilvia: Bis ich – mit 13 – Erwin kennen lernte. Er hat sofort gespürt, dass es mir nicht gut geht, mir die Stärke gegeben, gegen meinen Papa eine Anzeige zu machen. Er hat mich und meine Schwester gerettet, indem er uns bei sich aufnahm.

NEWS: Aber er missbrauchte Sie ebenfalls.
Szilvia: Erwin hat mir keine Gewalt angetan, niemals. Die Liebesbeziehung zwischen uns beiden hat sich ja sehr langsam entwickelt. Anfangs war ich wie eine Tochter für ihn, und ich sprach ihn sogar per Sie an.

NEWS: Und später?
Szilvia: Wollte er, dass ich ihn duze. Mir fiel das schwer. Doch dann entwarf er ein Spiel: Jedes Mal, wenn ich statt „du“ „Sie“ zu ihm sagte, musste ich ihn küssen.

NEWS: Und das gefiel Ihnen?
Szilvia: Ja. Weil ich mich ohnehin ziemlich schnell in Erwin verknallt hatte.

NEWS: Wieso?
Szilvia: Er war wunderbar. So extrem einfühlsam, so verständnisvoll. Einfach nur für mich da.

NEWS: Irgendwann schlief er auch mit Ihrer Schwester.
Szilvia: Das störte mich nicht. Ich verstand, dass auch sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Schließlich hat er uns beiden doch so viel Gutes getan.

NEWS: Was denn?
Szilvia: Er unternahm mit uns Ausflüge; er lernte mit uns, er verschaffte uns Lehrstellen. Er sah zu, dass wir hübsch angezogen waren; er gab uns Geld für Friseurbesuche und für Schminkzeug. Und er machte wunderschöne Urlaube mit uns, in Griechenland, in Thailand, in Italien.

NEWS: Nichts also, das Sie als negativ an ihm empfanden? Szilvia: Schon, Erwin hat uns sehr kontrolliert, sehr eingeengt. NEWS: Inwiefern? Szilvia: Wir durften kaum Kontakte zu anderen Menschen pflegen.

NEWS: Discobesuche, Partys, Abende mit Freundinnen – das gab es für Sie nie?
Szilvia: Solche Vergnügungen waren uns strengstens verboten. Jede Firmenfeier, an der wir teilnehmen wollten, stellte ja schon ein riesiges Problem dar. Ich erinnere mich etwa an das Drama, als das Unternehmen, für das ich einst arbeitete, ein Weihnachtsfest in Schladming veranstaltete, Busreise hin und zurück sowie Übernachtung in einem Hotel inkludiert. Erwin untersagte mir freilich, so lange von ihm weg zu bleiben. Letztlich brachte er mich mit seinem Auto in die Steiermark, ich durfte genau zwei Stunden bei der Party bleiben – und danach kutschierte er mich nach Wien zurück.

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