Fall Alfie - Vater richtete neuen Appell an Papst

"Mein Sohn ist Geisel dieses Krankenhauses"

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Nachdem die Regierung in Rom Alfie die italienische Staatsbürgerschaft gewährt habe, damit er in Italien behandelt werden könne, sei das Kind "ein Mitglied der italienischen Familie". "Wir danken für die Solidarität und die Unterstützung, die wir in diesen Tagen erhalten haben. Danke Italien! Wir geben nicht auf. Wir haben außerordentliche Menschen kennengelernt. Der Papst steht uns zur Seite. Wir tun im Namen Gottes alles Mögliche für unser Kind", sagte Thomas Evans.

Unterdessen wurde bekannt, dass der Vater mit den Ärzten des Alder Hey Hospitals in Liverpool über eine Verlegung seines Sohnes nach Hause verhandeln will. Er hoffe, Alfie könne innerhalb von einem oder zwei Tagen daheim sein, sagte Thomas Evans vor Reportern in Liverpool. Andernfalls erwäge er, wieder vor Gericht zu ziehen.

Der knapp zwei Jahre alte Alfie hat eine schwere neurologische Krankheit, die noch nicht klar diagnostiziert ist. Die Ärzte im Kinderkrankenhaus Alder Hey in Liverpool halten weitere lebenserhaltende Maßnahmen für sinnlos, weil die Krankheit das Gehirn des Kindes fast vollständig zerstört haben soll. Sie wollen Alfie weiteres Leiden ersparen und ihn deshalb so bald wie möglich sterben lassen. Die Eltern dagegen sind sich sicher, dass Alfie nicht leidet und wollen, dass er solange wie möglich lebt.

Der Fall fand wegen des öffentlichkeitswirksamen Engagements der Eltern weit über Großbritannien hinaus Beachtung. Mehr als 200.000 Menschen hatten die Eltern in einer Petition unterstützt. Auch Papst Franziskus setzte sich zuletzt für den kleinen Buben ein und bot eine Behandlung in einem vom Vatikan betriebenen Kinderkrankenhaus in Rom an.

Die Eltern erlitten zuletzt erneut eine juristische Niederlage: Ein Berufungsgericht in London bestätigte am Mittwochabend ein Urteil, wonach Alfie nicht für eine weitere Behandlung nach Rom ausgeflogen werden darf. Die Berufungsanträge müssten abgelehnt werden, sagte der Richter Andrew McFarlane und räumte ein, dass dies "schlimm für alle betroffenen Personen" sei. Die Eltern könnten ihren Sohn aus dem Krankenhaus nehmen, aber nicht für eine Weiterbehandlung nach Rom bringen.

Paul Diamond, Anwalt des Vaters Tom Evans, sagte während der Anhörung vor dem Berufungsgericht in London, die Eltern erwarteten keine "Wunderbehandlung in Italien", sondern "einfach die notwendige palliative Pflege". Nach einer Gerichtsentscheidung waren am Montagabend die lebenserhaltenden Geräte abgeschaltet worden. Alfie atmete daraufhin selbstständig. Erst 20 Stunden später wurden die Beatmungsgeräte wieder angeschaltet. Der Vater argumentierte, dies zeige, dass der Bub allein atmen könne und sein Gesundheitszustand "deutlich besser" sei als von den Ärzten angegeben.

Wie im Fall von Alfie Evans oder des britischen Babys Charlie Gard, das im vergangenen Sommer nach monatelangem juristischem Tauziehen in einem Hospiz starb, kann auch in Österreich die medizinische Behandlung eines Kindes ohne Zustimmung der Eltern beendet werden. Ausschlaggebend ist die Einschätzung der Ärzte, ob eine weitere Therapie möglich und medizinisch sinnvoll ist.

Die Ärzte sind verpflichtet, alle medizinischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Eine Behandlung kann abgebrochen werden, wenn keine medizinische Indikation für die Weiterführung vorliegt. Der Patient - oder dessen Fürsprecher - haben dann keine Möglichkeit, eine weitere Therapie durchzusetzen. Auch bei der Weiterführung einer Behandlung haben die Mediziner das letzte Wort, wenn das Kindeswohl gefährdet ist: Eltern als gesetzliche Vertreter ihres Kindes müssen zwar ihre Zustimmung erteilten. Verweigern sie diese, kann ein Gericht beispielsweise entscheiden, dass die Obsorge vorübergehend entzogen wird, um lebensnotwendige Behandlungen wie beispielsweise eine Bluttransfusion auch gegen den Willen der Erziehungsberechtigten durchführen zu können.

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