Faktencheck: Begrenzung des Ausländeranteils in den Schulen?

Die FPÖ will den Ausländeranteil in Klassen begrenzen – doch so einfach ist das nicht

Teil 3 unseres Faktenchecks der Wahlprogramme: Die FPÖ will Österreich fairer machen. Eines der Dinge, die laut ihrem Programm unfair sind: "Unsere Kinder" wären Fremde in österreichischen Schulen. Deshalb wollen die Blauen eine Begrenzung des Ausländeranteils in Schulklassen. Doch wohin kommen diese Kinder dann?

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NR-Wahl - Faktencheck: Begrenzung des Ausländeranteils in den Schulen?

In Österreich gebe es in vielen Bereichen eine "Fairness-Krise". Das ist die zentrale These des FPÖ-Wahlprogramms zur Nationalratswahl. Die Krise will die Partei mit exakt einhundert Forderungen beseitigen. Denn "Österreicher verdienen Fairness", wie der Titel des Programms verrät. Unfair sind laut dem Papier sehr viele Dinge, vom Zuwandererstrom über die Überwachung bis zu steigender Kriminalität. Im Kapitel zur Jugendpolitik wird unter anderem folgendes Beispiel genannt: "Dass unsere Kinder Fremde in österreichischen Schulen sind". Ein hoher Ausländeranteil in Schulklassen gefährde den "Lernerfolg der österreichischen Kinder". Darum brauche es hier eine "restriktive Begrenzung".

Wohin dann mit den Kindern?

Auf einen Prozentsatz legt sich die FPÖ in ihrem Programm nicht fest. Doch auch ohne konkrete Zahlen stellt sich bei der Forderung sofort eine große Frage: Was passiert mit den ausländischen Kindern, die dann "zu viel" sind? Müssen sie die Schule wechseln? Aufgrund der starken Konzentration ausländischer Schüler in Österreich, die vorrangig in den Großstädten und auch dort wieder in bestimmten Vierteln oder Bezirken zu finden sind, könnte auch das nicht ausreichen. Was, wenn die "Quote" in allen öffentlichen Schulen zum Beispiel eines Wiener Bezirks überschritten wird? Müssen Schüler dann unter Umständen auf die andere Seite der Stadt pendeln?

Zunächst ist unklar, ob sich die FPÖ mit ihrer Forderung nach einer Ausländerquote bloß auf nicht-österreichische Staatsbürger bezieht, oder aber auf alle Kinder mit nicht-deutscher Umgangssprache. Die zweite Gruppe wäre deutlich größer. Eine Nachfrage dazu wurde nicht gleich beantwortet. In der Vergangenheit sprach die FPÖ auch mehrfach in Zusammenhang mit nicht-deutscher Umgangssprache von "Ausländern". Dann wäre eine "restriktive" Quote eine große Herausforderung für das österreichische Schulsystem. 2015 hatten 21 Prozent der Schüler eine nicht-deutsche Umgangssprache. In Wien waren es aber knapp 50 Prozent, in einzelnen Bezirken wie Margareten, Rudolfsheim-Fünfhaus, Ottakring oder Brigittenau aber jeweils um die 80 Prozent.

»Kinder aus Liesing oder Hietzing müssten an die Schulen mit ehemals hohem Ausländeranteil wechseln, um sie "aufzufüllen"«

Sollte beispielsweise eine Höchstquote von 50 Prozent oder weniger pro Klasse festgelegt werden, stünde man dort vor großen Problemen. Der Ausländeranteil wäre in allen Schulen deutlich zu hoch, und in den unmittelbaren Nachbarbezirken sieht es meist nicht viel anders aus. Ausweichen müssten die Schüler also auf Bezirke wie Liesing oder Hietzing, deren Ausländerquoten bei rund 20 Prozent liegen. Damit Schulen dort nicht völlig überfüllt werden und zugleich in den "Problembezirken" leerstehen, müssten Kinder mit deutscher Muttersprache aus diesen Bezirken an Schulen mit bisher sehr hohem Ausländeranteil wechseln, um sie wieder aufzufüllen.

"Busing" scheiterte schon in den USA

Vom logistischen und organisatorischen Aufwand für diese große Wanderung einmal abgesehen: Der massive Widerstand der Eltern beider Gruppen wäre vorprogrammiert. Auch historische Beispiele haben gezeigt, wie schwierig ein solcher staatlicher verordneter Ausgleich ist: In den USA war es seit den 60er Jahren üblich, Kinder so zuzuteilen, dass weiße und schwarze Schüler möglichst gemischt werden. Da sie oft in verschiedenen Gegenden leben und die Schüler daher viele Kilometer mit dem Bus in eine andere Schule gebracht werden mussten, nennt man die Praxis "Busing". Eltern und Schuldistrikte widersetzten sich dem viele Jahre, und heute zeigen Studien, dass der enorme Aufwand auch nicht besonders erfolgreich war. Viele Weiße gaben ihre Kinder in Privatschulen oder verließen überhaupt die Städte, und die Segregation in den US-Schulen ist nach wie vor hoch.