Kirche und Caritas im Clinch?

Interne Diskussion um Kurs der Caritas und Personalentscheidungen

Durch die katholischen Kirche gehen derzeit Haarrisse, konkret zwischen der katholischen Amtskirche und ihrer Wohlfahrtsorganisation Caritas. Anlass dafür sind Personalentscheidungen sowie die politische Ausrichtung der Hilfsorganisation. Offiziell werden Meinungsdifferenzen zwar dementiert, hinter vorgehaltener Hand äußern kirchliche Amtsträger aber Sorge und Unbehagen über den Kurs der Caritas.

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Wohlfahrt - Kirche und Caritas im Clinch?

Die Caritas zeige parteipolitisch zu viel Schlagseite nach links, statt in der Mitte zu bleiben, so der kircheninterne Vorwurf. Anlass für die Irritationen ist zum einen das Andocken ehemaliger Grüner bei der Caritas, zum anderen die jüngste öffentliche Diskussion um einen Caritas-Aufruf, in dem die neun diözesanen Caritas-Direktoren vor einer "schrittweisen Demontage des Sozialstaates" durch die ÖVP-FPÖ-Regierung gewarnt hatten.

So landete zuletzt die ehemalige grüne Abgeordnete und Sozialsprecherin Judith Schwentner in der Caritas-Zentrale. Schwentner übernahm im Bereich Entwicklungszusammenarbeit das neu geschaffene Kompetenzzentrum für Kinder und Jugendliche. Weitere ehemalige Mitarbeiter des grünen Parlamentsklubs bzw. der Partei könnten ebenfalls bei der Caritas oder einer ihrer Diözesandirektionen andocken, wird in konservativeren Kirchenkreisen nun befürchtet. Der für die Caritas zuständige Feldkircher Bischof Benno Elbs wollte die deshalb kolportierte Verstimmung nicht kommentieren. Elbs werde sich als Caritas-Bischof zu Personalangelegenheiten nicht öffentlich äußern, hieß es auf APA-Anfrage in seiner Diözese.

Bei Caritas nichts bemerkt

Bei der Caritas will man von etwaigem Unbehagen über die Personalpolitik oder die sozialpolitischen Aktivitäten der Hilfsorganisation bisher nichts bemerkt haben. Schwentner sei früher schon für die Caritas tätig gewesen, übe keine politische Funktion mehr aus und habe sich im Hearing um den ausgeschriebenen Posten als kompetente Kandidatin durchgesetzt, erklärte eine Caritas-Sprecherin. "Wir freuen uns, dass sie da ist." Den Vorwurf einer parteipolitischen Schlagseite kann man nicht nachvollziehen.

Interne Debatten

Zuvor hatte vergangene Woche bereits ein sozialpolitischer Aufruf der Caritas zu kircheninternen Debatten geführt. Die Caritas-Direktoren forderten von der Regierung eine Rücknahme von Sparmaßnahmen im Sozialbereich und warnten vor einer "Demontage des Sozialstaates". Vor allem in der seit Jahrzehnten der Kirche nahe stehenden ÖVP kam dies gar nicht gut an. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz und Wiener Kardinal Christoph Schönborn sah sich deshalb sogar zu einer Korrektur der Caritas veranlasst. Schönborn unterstützte zunächst den Nulldefizit-Kurs der schwarz-türkis-blauen Regierung und schob später eine "Präzisierung" nach, in der er festhielt, dass Schuldenmachen unsozial und ungerecht sei, er zugleich aber betonte, dass es auch unsozial und ungerecht wäre, auf dem Rücken der Ärmsten zu sparen. Der Eindruck einer gröberen Meinungsdifferenz zwischen Schönborn und dem angesehenen Caritas-Präsidenten Michael Landau sollte so vermieden werden.

Den meisten Bischöfen wäre eine weniger politische Caritas lieber, erklärt ein Kircheninsider die jüngsten Vorgänge. Die Caritas spiele in der Sozialpolitik des Landes aber eine starke Rolle. Das sei der Fluch der Größe der Caritas, weil sie gut aufgestellt und äußerst aktiv in der Wohlfahrt ist, so der Kirchenvertreter.

Offiziell werden Meinungsverschiedenheiten zwischen Amtskirche und Caritas aber ohnehin in Abrede gestellt. Einer der wenigen, der sich nur kurz zum Verhältnis zwischen der Kirche und ihrer Hilfsorganisation äußern wollte, ist der frühere langjährige Caritas-Präsident Franz Küberl. "Die Caritas ist Fleisch vom Fleische und sie ist unaufhebbarer Teil der kirchlichen Identität. Daher gibt es zum fairen und redlichen Gespräch über das gemeinsame Wollen und das Soziale keine Alternative", meinte Küberl zur APA.

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