Hofer: "Debatte sachlich
nicht gerechtfertigt"

Verkehrsminister Norbert Hofer sieht die Entscheidung für Diesel-Fahrverbote kritisch. Hofer plädiert für "Sachlichkeit".

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Fahrverbote für Diesel - Hofer: "Debatte sachlich
nicht gerechtfertigt"

Nachdem in Deutschland ein Gericht am Dienstag geurteilt hat, dass Diesel-Fahrverbote in Ballungsräumen mit hoher Luftbelastung zulässig sind, hat der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) am Mittwoch darauf aufmerksam gemacht, dass auch in Österreich der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) im Vorjahr mehrfach überschritten worden ist. Demnach wurde der EU-Grenzwert an elf Messstellen nicht eingehalten.

Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hat am Dienstag die Revision der Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gegen die von örtlichen Verwaltungsgerichten geforderten Fahrverbote in Stuttgart und Düsseldorf zurückgewiesen. Die Stickstoffdioxid-Werte in deutschen Städten wie München oder Stuttgart lagen im Vorjahr deutlich über jenen von Österreich. So wurde in München ein Jahresmittelwert von 78 Mikrogramm pro Kubikmeter erreicht, in Stuttgart waren es 73 Mikrogramm.

Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm NO2. Darüber hinaus sieht das Immissionsschutzgesetz Luft in Österreich den noch strengeren Grenzwert von 35 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft vor. Dieser wurde im Vorjahr gleich an 17 Messstellen überschritten, informierte der VCÖ in einer Aussendung. "Betroffen sind zum einen Regionen entlang der Transitautobahnen und andererseits verkehrsnahe Messstellen in Städten", sagte VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen.

Am höchsten war die NO2-Belastung in Tirol in Vomp an der Inntalautobahn (A12) mit einem Jahresmittelwert von 54 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft, informiert der VCÖ. Der zweithöchste Wert wurde in Hallein an der Tauernautobahn (A10) gemessen (49), der dritthöchste in der Stadt Salzburg an der Westautobahn (A1) sowie in Linz bei der Messstelle Römerberg (jeweils 46).

»Das Diesel-Fahrverbot ist auch die Folge des Dieselskandals«

Auch am Rudolfsplatz in der Stadt Salzburg, in Graz (Messstelle Don Bosco), Wien (Hietzinger Kai), Mutters / Gärberbach an der Brennerautobahn (A13), Enns an der A1 sowie Kundl an der A12 und Hallein an der B159 wurde der EU-Grenzwert überschritten. Österreichs Grenzwert (35 Mikrogramm NO2) wurde zudem in Lustenau, Innsbruck, Feldkirch, Klagenfurt, Hall und Lienz nicht eingehalten, berichtete der VCÖ.

Der VCÖ fordert nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Deutschland zu Diesel-Fahrverboten verstärkte Maßnahmen in Österreich, um die Belastung durch Stickstoffdioxid zu verringern. NO2 kann zu Atemwegserkrankungen, Asthma, Bronchitis, Lungenschäden, Herz-Kreislauferkrankungen und Herzinfarkten führen.

"Das Diesel-Fahrverbot ist auch die Folge des Dieselskandals. In den vergangenen Jahren haben Hersteller Diesel-Pkw auf den Markt gebracht, die auf der Straße im Vergleich zu den Abgastests im Labor ein Vielfaches an Schadstoffen ausstoßen. Die Abgasnormen wurden aber nicht eingeführt, um in den Prüflabors für saubere Luft sorgen, sondern um die Luftqualität in den Städten und entlang der Transitrouten zu verbessern", sagte Rasmussen.

Der Obmann der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Oberösterreich Günter Rübig hat nach dem deutschen Urteil über Diesel-Fahrverbote am Mittwoch vor Schnellschüssen in Österreich gewarnt. Er verwies in einer Presseaussendung auf die hohe wirtschaftliche Bedeutung des Dieselantriebs für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Norbert Hofer gegen ein Fahrverbot für Diesel

Verkehrsminister Norbert Hofer sind die Entscheidung aus Deutschland kritisch. Man könne nicht die Besitzer von Dieselfahrzeugen pauschal zu Sündenböcken erklären. Die Mehrzahl der Fahrzeugbesitzer sei auf ihr Fahrzeug angewiesen, so Hofer in einer Aussendung am Mittwoch.
Maßnahmen wie im Nachbarland, kann sich Hofer nicht vorstellen - „Die Entscheidung über lokale Fahrverbote wird zwar von den Städten getroffen, in Österreich wird aber über vergleichbare Maßnahmen wie in Deutschland nicht ernsthaft beraten.“

»Die derzeitige Debatte ist sachlich nicht gerechtfertigt«

Hierzulande würden die "modernsten Dieselmotoren der Welt mit den niedrigsten Emissionswerten gebaut", argumentiert Hofer. "Die derzeitige Debatte ist sachlich nicht gerechtfertigt und gefährdet zudem Arbeitsplätze in Österreich. Ich ersuche alle Beteiligten um Sachlichkeit “, hält der Verkehrsminister abschließend fest.

Laut Köstinger habe deutsches Urteil keine Folgen für Österreich

Das deutsche Gerichtsurteil, wonach Diesel-Fahrverbote in Ballungsräumen mit hoher Luftbelastung zulässig sind, hat aus Sicht der Regierung keine Folgen für Österreich: Die Situation sei nicht vergleichbar, meinte Umweltminister Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Unterdessen sind in Graz und Oberösterreich erneut Diskussionen um Maßnahmen gestartet.

Köstinger denkt weiterhin nicht daran, die steuerliche Begünstigung des Diesels zu beenden. Topografisch sei man hierzulande nur in Graz und im Inntal betroffen, und da gebe es ja den sogenannten Luft-100er, verwies Köstinger auf bereits bestehende rechtliche Möglichkeiten. Man arbeite daran, stärkere Anreize zu schaffen, um den Verkehr zu reduzieren, die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln attraktiver zu machen und den Ausbau der E-Mobilität zu forcieren, betonte die Ministerin.

Wirtschaftskammer warnt vor Schnellschüssen

Demnach wären Fahrverbote in Städten auch für Unternehmen eine große Herausforderung. Am Thema Fahrzeug würden wichtige Dinge und Dienstleistungen, wie etwa die Nahversorgung hängen. Mit mehr als 2,7 Millionen zugelassenen Diesel-Pkw würden in Österreich derzeit sechs von zehn Pkw mit Dieselantrieb fahren. Rübig rechnete vor, 17,2 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung gingen in Österreich auf den Dieselantrieb zurück und 230.000 Arbeitsplätze seien ebenfalls auf den Dieselantrieb rückführbar. Nicht zuletzt wären von einer Benachteiligung des Dieselmotors auch Oberösterreichs Motorenhersteller, deren Zulieferfirmen und in der Folge sehr viele Mitarbeiter und deren Arbeitsplätze betroffen.

"Der Dieselmotor ist aus unserer Sicht völlig zu Unrecht in Verruf geraten. Der moderne Dieselmotor ist effizient und sauber, ohne ihn sind die strengen EU-Klimaziele nicht erreichbar", argumentierte der Vertreter der Industrie. Deshalb sollte nichts überstürzt und weiterhin über einen vernünftigen Verkehrsmix diskutiert werden. "Und zwar ideologiefrei und technologieneutral", verlangte Rübig.

Unterdessen fordert der ÖAMTC erneut eine Prämie für den Umstieg von alten Dieselmodellen auf modernere und umweltfreundlichere Autos. Nötig sei eine "Ökoprämie-Neu", forderte Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, in einer Aussendung. 1,6 Millionen Autos der Abgasklassen Euro 3 oder schlechter seien 2016 unterwegs gewesen. Das sei ein Drittel des Fahrzeugbestands, der für die Hälfte der Stickoxid- und 95 Prozent der Feinstaub-Emissionen des Pkw-Verkehrs verantwortlich sei. "Diesen Teil des Fahrzeugbestandes zu verjüngen, würde der Umwelt wesentlich nachhaltiger helfen als Fahrverbote, die nur Symptome, nicht aber Ursachen bekämpfen können", meint Wiesinger. Der ÖAMTC schlägt vor, dass bei der Verschrottung eines Fahrzeuges der Abgasklassen 0 bis 3 bei gleichzeitigem Kauf eines neuen Pkw ab Abgasklasse 6d-TEMP oder eines E-Fahrzeuges eine Förderung von 2.000 Euro fließt. Staat und Fahrzeughandel sollen sich die Finanzierung teilen.

Kommentare

Markus Wolf

Giebt es bitte bald ein Humpeln und Hinken Verbot fuer den Hofer?

haha, das Artikelbild spricht 1000Worte :)

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