Die wichtigsten Fakten zum Leitzins

Seit 2016 belässt die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0 Prozent. Was bedeutet das für Bankkunden und die Wirtschaft? Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Leitzins.

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Was ist der Leitzins?

Was bewirkt der Leitzins überhaupt? Durch ihn regelt eine Zentralbank die Geldpolitik. Der festgelegte Leitzinssatz ist jener Zinssatz oder Preis, zu dem sich Banken bei Zentralbanken mit Zentralbankgeld versorgen können. Der Leitzins wird erhöht, um Kreditaufnahmen zu verteuern und indirekt die Menge an Geld, die sich im Umlauf befindet, einzugrenzen. Das passiert beispielsweise um einer Inflation entgegenzuwirken. Gleichzeitig wird das Wirtschaftswachstum gebremst

Warum liegt der Leitzins bei 0 Prozent?

Seit Jahren ist die EZB im Krisenmodus. Sie hatte zur Bekämpfung der jahrelangen wirtschaftlichen Flaute im Euroraum ihre Leitzinsen immer tiefer gesenkt und Staatsanleihenkäufe im Billionenvolumen aufgelegt.

Der Einlagesatz liegt im negativen Bereich - bei minus 0,5 Prozent. Das Minuszeichen bedeutet, dass Geldhäuser Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken. Der Leitzins zur Versorgung der Institute mit Liquidität liegt seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Angesichts der Corona-Krise ist ein Ende der tiefen Zinsen nicht in Sicht.

Wie wirkt sich das Rekordtief aus?

Banken wälzen in Folge diese Verteuerung meist an ihre Kunden ab. Wird der Leitzins gesenkt beziehungsweise liegt er bei 0 Prozent, erleichtert das die Geldaufnahme der Banken bei der Zentralbank, die Preise werden wiederum an Bankkunden weitergegeben. Die Konjunktur wird angekurbelt, die Inflation wird erhöht, es gelangt indirekt mehr Geld in Umlauf.

Von dem Leitzins-Tief profitieren zwar Kreditnehmer, weil es Geld von der Bank vergleichsweise günstig gibt. Wer jedoch Geld bei der Bank anlegen will, hat das Nachsehen. Die Konditionen für Sparer sind schlecht, weil sie auf ihrer Sparprodukte kaum noch bis keine Zinsen mehr erhalten. Und bei besonders hohen Summen drohen sogar Negativzinsen, das Guthaben auf dem Konto schrumpft also. Viele Sparer sehen sich aufgrund der niedrigen Renditen gezwungen, größere Anlagerisiken einzugehen wie beispielsweise in Aktien zu investieren.

Was die Coronapandemie für die EZB bedeutet?

Zu Beginn der Coronakrise hat die EZB ein neues Kaufprogramm für Staats- und Unternehmensanleihen geschnürt. Sie verdoppelte damals das Volumen des Pandemienotprogramms PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) fast auf 1,35 Billionen Euro. Die Anleihenkäufe sollen Staaten wie Unternehmen helfen: Sie müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt. Insbesondere für Staaten ist das wichtig, weil sie in der Coronakrise milliardenschwere Rettungsprogramme aufgelegt haben, die es zu finanzieren gilt.

Hauptziel der EZB ist ein ausgewogenes Preisniveau bei einer Teuerungsrate knapp unter 2,0 Prozent. Das sieht die Zentralbank am ehesten gewährleistet, wenn die Preise im Euroraum mit seinen 19 Ländern moderat steigen. Kritisiert wird an dem Leitzins-Tief, dass mit dem vielen billigen Geld, die Inflation angeheizt wird, welche die EZB eigentlich regulieren will. Eine höhere Inflation bedeutet, dass die Kaufkraft von Verbrauchern sinkt: Für einen Euro kann man sich dann weniger kaufen als zuvor.

Sind weitere Zinssenkungen eine Option?

Ausgeschlossen sind sie nicht - zumindest was den Einlagenzins (minus 0,5 Prozent) auf bei der EZB geparkte Gelder von Banken angeht. Das Ziel: Geldhäuser sollen Kredite vergeben, statt das Geld bei der Notenbank zu bunkern. Auch wenn es inzwischen Freibeträge für bestimmte Summen gibt, bleibt der Negativzins aus Sicht der Finanzbranche eine Milliardenbelastung. Die Kosten dafür geben immer mehr Geldhäuser an ihre Kunden weiter: in Form negativer Zinsen auf Einlagen und steigender Gebühren.

Für unwahrscheinlich halten Ökonomen, dass die EZB den Leitzins im Euroraum ebenfalls in den negativen Bereich senken wird.

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