EZB bleibt auf Billig-Geldkurs - Vorerst keine weitere Zinssenkung

Anleihenkäufe noch bis mindestens Ende 2017

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Diesen Kurs bekräftigte der EZB-Rat am Donnerstag bei seiner auswärtigen Sitzung in der estnischen Hauptstadt Tallinn, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Das oberste Entscheidungsgremium der Notenbank tagte ausnahmsweise nicht am Stammsitz Frankfurt.

Europas Währungshüter nährten allerdings die Hoffnung auf ein Ende der gerade in Deutschland kritisierten ultralockeren Geldpolitik. Erstmals seit langem verzichtete die EZB auf den Hinweis auf mögliche weitere Zinssenkungen. Der Rat gehe davon aus, dass die Zinsen für einen längeren Zeitraum auf dem aktuellen Niveau liegen dürften. Der bis jetzt übliche Zusatz "oder auf einem niedrigeren Niveau" entfiel. Volkswirte werten dies als erstes vorsichtiges Signal für einen Einstieg der Notenbank in den Ausstieg aus dem geldpolitischen Anti-Krisen-Kurs.

Noch jedoch gibt es im Kreis der Währungshüter Skepsis, ob der Aufwärtstrend von Dauer ist. EZB-Präsident Mario Draghi hatte in den vergangenen Wochen wiederholt betont, er sehe noch keinen Anlass für eine Änderung des seit Jahren andauernden Anti-Krisen-Kurses: "Wir bleiben fest davon überzeugt, dass ein außergewöhnliches Maß an geldpolitischer Unterstützung ... immer noch nötig ist." EZB-Vize Vítor Constancio warnte: "Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Anreize nicht vorschnell zurückfahren."

Kritik am EZB-Kurs kommt vor allem aus wirtschaftlich starken Ländern wie Deutschland. Denn Sparer bekommen kaum noch Zinsen, Banken tun sich mit dem Geldverdienen schwer. Allerdings profitieren auf der anderen Seite Kreditnehmer von günstigen Konditionen - zum Beispiel beim Kauf von Häusern und Wohnungen.

Vorerst bekommen Banken frisches Zentralbankgeld weiterhin zu 0 Prozent Zinsen. Parken Finanzinstitute überschüssiges Geld bei der EZB, müssen sie dafür jedoch nach wie vor 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Für den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen will die Notenbank bis mindestens zum Jahresende weiterhin monatlich 60 Mrd. Euro aufwenden.

Ökonomen rechnen damit, dass die EZB schrittweise erst das Anleihenkaufprogramm ("Quantitative Easing"/QE) zurückfahren wird und anschließend - womöglich erst 2019 - die Zinsen allmählich wieder anheben wird.

Das viele billige Geld soll im Idealfall die Konjunktur anschieben und die Teuerungsrate nachhaltig in Richtung der EZB-Zielmarke von knapp unter 2,0 Prozent treiben - weit genug entfernt von der Nulllinie. Denn dauerhaft niedrige Preise auf breiter Front gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten Investitionen aufschieben, in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird.

Im Mai lagen die Verbraucherpreise im Euroraum nach Eurostat-Zahlen um 1,4 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Kerninflation ohne schwankungsanfällige Energie- und Lebensmittelpreise erreichte 0,9 Prozent.

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