Österreich hinkt bei der Versorgung mit Breitband-Internet gegenüber anderen Ländern nach und befindet sich dabei "in guter Gesellschaft mit Deutschland", sagt der deutsche IT-Experte Thomas Plückebaum. Aufholen müsse man vor allem beim Ausbau von Glasfaser-Leitungen, nur dann habe man "für die nächsten 50 Jahre Ruhe". Ähnlich sieht das auch Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP). "Mobil ersetzt nicht eine stationäre Verbindung", sagte Tursky am Montag zur APA.
Die Nase vorn hätten bei der Versorgung mit schnellem Internet u.a. die baltischen Staaten, erklärte Plückebaum am Montag am Rande des Infrastruktursymposiums der Initiative Future Business Austria in der Wirtschaftskammer Österreich. Die baltischen Staaten hätten zunächst keine Infrastruktur gehabt und dann von vornherein auf Glasfaser gesetzt. Dabei habe man etwa in Riga auf eine sehr billige Verkabelungsmethode gesetzt. "Da sind die Glasfasern von bis zu acht Anbietern von Dachkante zu Dachkante gespannt. Das ist sehr billig, hat aber das Problem: Sie können heute bei Rettungseinsätzen zum Beispiel keine Drohnen einsetzen um ein Lagebild zu machen." Jetzt wollte die Stadt alles unterirdisch verlegen, was ungleich teurer sei. "Das wollen die Netzbetreiber nicht bezahlen und es würde auf die Tarife gehen."
Eine oberirdische Verkabelung sei auch anfällig für Sabotage und Diebstahl, sagte Plückebaum, Direktor des deutschen WIK (Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste). "In Deutschland gibt es viele Kabellagen entlang der Bahntrassen. Da liegen Kupferkabel und Glasfaserkabel gemischt drin. Der Dieb schneidet alles ab, weil er das nicht unterscheidet. Und danach bleibt die Bahnstrecke stehen und die Telekommunikation."
5G sei zwar geeignet, um die Versorgung in ganz dünn besiedelten Gebieten sicherzustellen, sagte Plückebaum - eine vollwertige Alternative sei es nicht. "5G ist ein geshartes Medium, also mit geteilter Bandbreite. Wenn viele das gleichzeitig machen, geht's in die Knie. Es ist Funk, und Funk ist empfindlich bei Schnee, Hagel, Starkregen, Nebel und Gewitter - da geht dann auch schon mal gar nichts." Außerdem müssten auch die Mobilfunkstationen breitbandig angeschlossen werden, in der Regel mit Glasfaser. "Nur auf Mobilfunk zu setzen halte ich nicht für vernünftig." Es sei zwar richtig, "dass man manche Alm und manche Berghütte mit dem Kabel nur schlecht versorgen kann. Wenn die eine Material-Seilbahn haben, würde ich immer noch die Glasfaser über die Seilbahn mit hochziehen."
Die Schweiz baue in großem Maße Glasfasernetze aus, "bis ins Gebäude hinein", verwies der deutsche Experte auf das Nachbarland. "Das ist in der Vergangenheit in Österreich, also mit den ersten Fördermitteln eher nicht passiert. Gefördert wurde eine hybride Struktur aus ein bisschen Glasfaser bis zu Verteilern hin, und danach wurden die bestehenden Kupfer-Doppeladern weiter genutzt." Das sei aber nur auf den ersten Blick billig. "Das Ziel muss sein, dass nur noch Glasfaser Punkt zu Punkt ausgebaut wird." Glasfaser biete "eigentlich unendliche Bandbreiten-Möglichkeiten, sie ist einzig und allein zukunftssicher. Sie buddeln einmal und dann haben Sie ruhe für 50 Jahre."
"Mobil ersetzt nicht eine stationäre Verbindung", bestätigte Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky die Expertenmeinung gegenüber der APA. "Es ist unser Ziel als Bundesregierung, dass wir flächendeckend die Glasfaser ausbauen, mit Fiber to the Home". Aber man brauche auch eine gute mobile 5G-Versorgung. Deshalb sei es das Ziel der Regierung, das im Digital Austria Act auch so niedergeschrieben worden sei, dass einhergehend mit der entsprechenden EU-Vorgabe bis 2030 mobil und stationär flächendeckende Gigabit-Versorgung habe.
Es werde "künftig auch nichts mehr bringen, alte Kupfernetze und ähnliche Systeme noch weiter aufzuwerten". Das sei in den vergangenen Jahren eine gute Idee von manchen Providern gewesen, "aber die Zukunft ist ganz klar Fiber to the Home". Diese Infrastruktur werde auf jeden Fall für die nächsten Jahrzehnte gebaut werden.
Dass Österreich beim Breitband-Internet nicht die Nase vorn habe, "hat mit unserer guten 5G-Versorgung zu tun", meinte Tursky. "Das hat lange dazu geführt, dass der Glasfaserausbau kein entsprechend attraktiver Business Case in Österreich war." Das habe sich durch die Pandemie geändert, und der Ausbau gehe - auch angeschoben durch die zweite Breitband-Milliarde - enorm nach oben. "Die Mobilfunk-Versorgung für Haushalte kann nicht die Zukunft sein."