Aufstieg und Fall einer Karrieristin

Katharine Mehrling triumphiert bei der Premiere von "Evita" im Ronacher

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Leben - Aufstieg und Fall einer Karrieristin

Sie kam aus einem kleinen Dorf, die 1919 als uneheliche Tochter Duarte eines argentinischen Großgrundbesitzers geborene Eva Dusrte. Schon als junges Mädchen wollte sie hinaus aus der beklemmenden Dürftigkeit. Der Tangotänzer Augustin Magaldi (formidabel Vladimir Korneey) bringt Eva nach Buenos Aires. Wie der Teenager mit offenerem, wildem brünetten Haar Männer als Steigbügelhalter für das immer noch höhere Karriereross verschleisst, wie Eva im Radio und im Film zum Volksliebling wird, bis sie als kühle Erscheinung mit streng frisiertem blindem Haar den General Juan Perón (Thomas Borchert) kennenlernt, ihn durch ihre Popularität zum Präsidentenamt verhilft, sich professionell als First Lady bis zu ihrem frühen Krebstod inszeniert, wird wie im Zeitraffer in knappen Szenen gezeigt.

Time Rice (Texte) und Andrew Lloyd Webber (Musik) haben mit "Evita" einen Klassiker geschaffen, der über das Genre des Musicals hinausgeht. Wie ein Oratorium stehen Requiem-Sequenzen am Beginn, die in eine Art Nummernoper führen. Dirigent Koen Schoots setzt Webbers Partitur eindrucksvoll um.

Die Besetzung im Ronacher erfüllt diese nicht einfachen Partien vorzüglich. Drew Sarich überzeugt sängerisch und darstellerisch als Erzähler namens Che, der aber mit dem Revolutionär Che Guevara nichts gemeinsam hat als den Namen, denn Che und Evita sind einander nicht begegnet. Thomas Borchert zeigt Perón als undurchschaubaren Diktator, was mehr ist als der realen Figur zusteht.

Dass er neben seiner Evita zu verblassen droht, ist Ergebnis der klugen Personenführung Vincent Patersons. Stephan Prattes nützt die Bühne des Ronachers gut mit kleineren Binnenbühnen, wie etwa einer echten Pawlatsche, die Evas Landleben illustriert.

Für Evitas großes Solo, den absoluten Klassiker des Musicals "Don't cry for Argentina" ("Wein' nicht um mich Argentinien"), ist ein Gerüst aufgebaut, das einen Herrschaftsbalkon symbolisiert.

Katharine Mehrling bringt diesen Song klar, nüchtern und dennoch mit Innigkeit. Chapeau! Mit Charisma spielt da eine Schauspielerpersönlichkeit eine Kollegin, der ihr Fortkommen über alles ging.

Und das erklärt, warum Argentina nicht um seine Volksheldin weinen soll.

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