Reinhold Messner: "Verdanken
den Erfolg unseren Kritikern"

Ohne künstlichen Sauerstoff hatten Reinhold Messner und Peter Habeler am 8. Mai 1978 den Gipfel des Mount Everest erreicht.

von Everest-Triumph - Reinhold Messner: "Verdanken
den Erfolg unseren Kritikern" © Bild: Daniel ROLAND / AFP

Am 8. Mai 1978 um 13.00 Uhr haben ein Südtiroler und ein Tiroler Geschichte geschrieben: Reinhold Messner und Peter Habeler standen auf dem 8.848 Meter hohen Gipfel des Mount Everest - als erste Menschen ohne künstlichen Sauerstoff. Höher hinaus ging nicht mehr. "Wir verdanken den Erfolg unseren Kritikern", sagte Messner im APA-Gespräch im Rückblick auf den ewigen Triumph, der 40 Jahre alt wird.

"Es war eine Genugtuung. Es gab im Vorfeld sehr viel Skepsis und Aversion gegen unser Vorhaben. Wir sind sehr angegriffen worden. Aber hätte es das nicht gegeben, wäre unser Erfolg letztlich nicht so breit ausgefallen", meinte die Südtiroler Extrembergsteigerlegende. Die Everest-Bezwingung ohne Sauerstoffgerät habe daher sicher den "größten Effekt" seiner alpinistischen Unternehmungen gehabt und das Extrembergsteigen sehr beeinflusst.

Der größte Erfolg

Als größten Erfolg will der Mann, der als erster alle 14 Achttausender bestiegen hatte, seinen ersten Everest-Gipfelsieg hingegen nicht bezeichnen. Er zähle die 1978er-Besteigung "nicht zu den zehn schwierigsten Unternehmen" seines an Superlativen reichen Lebens. Den Everest-Alleingang ohne zusätzlichen Sauerstoff zwei Jahre später stuft Messner höher ein. Auch die Erkundung der Wüsten und der Pole sei eine größere Herausforderung gewesen.

Passend dazu: "Ich will in einer Höhle leben" - News sprach mit Reinhold Messner. Das ganze Interview im News Nr.18/18

Überhaupt sei es ihm nie um den Triumph an sich gegangen. "Es zählt der Versuch, nicht der nackte Erfolg", so Messner. Er sei in seinem Leben immer wieder gescheitert und habe daraus viel gelernt, meinte der Südtiroler, der einmal erklärte hatte, wenig von einem "gelungenen", aber viel von einem "gelingenden Leben" zu halten. Mit der Erstbesteigung ohne Sauerstoff ging auch ein immer größerer Ruhm einher. Sein Leben wäre aber ohne dieses Abenteuer nicht anders verlaufen, nur: "Es hat das Leben einfacher gemacht."

Höllisch kalt

Ein erster Versuch von Messner und Habeler war ein Monat zuvor gescheitert. "Wir sind in einen fürchterlichen Sturm gekommen und sind am Südsattel stecken geblieben", erinnert sich Messner. Auch am 8. Mai schien der Wettergott zunächst nicht günstig gestimmt. Trotz schlechter Bedingungen wagten Messner und Habeler jedoch um etwa 6.00 Uhr von dem auf rund 8.000 Metern Seehöhe gelegenen Lager am Everest-Südsattel aus den Angriff auf den höchsten Punkt der Erde. Sieben Stunden später waren die beiden Alpinisten am Ziel.

Es sei "höllisch kalt" gewesen, in der Schlussphase habe man sich mehr auf Knien und Händen als gehend über den Grat zum Gipfel bewegt. "In der sogenannten Todeszone beträgt der Sauerstoffdruck nur ein Drittel im Vergleich zur Ebene", schilderte Habeler einmal die Extremsituation jenseits der 8.000-Meter-Grenze. "Wir standen unter starkem psychischem Druck wegen der Angst, dass das Gehirn das nicht schaffen könnte." Die Warnungen vor Spätschäden seien immer präsent gewesen.

»Am Gipfel haben wir uns dann umarmt«

"Am Gipfel haben wir uns dann umarmt und ein paar Bilder gemacht. Dann sind wir schnell wieder abgestiegen", rekapitulierte Messner die unvergessenen, kurzen, unglaublich kräftezehrenden Momente am Gipfel aller Gipfel. Das Gehen ohne Sauerstoffgerät habe einfach auch den Vorteil gehabt, dass man einiges an Gewicht im Tal habe lassen können. Die Zweierseilschaft Messner-Habeler verzichtete auch auf viel "Infrastruktur", keine Sherpas waren nötig. Sie waren Revolutionäre. Klassische Expeditionen waren damals mit vielen Trägern, Lagern und Fixseilen unterwegs. Messner und Habeler starteten mit so wenig Ausrüstung wie möglich.

Freunde sind die Himmelstürmer von einst und mitunter unterschiedlichen Charaktere bis heute geblieben. Bereits in den 1960er-Jahren habe man angefangen, gemeinsam zu klettern, so Messner. "Die Erstbesteigung von 1978 verbindet uns bis in alle Ewigkeit", beschrieb die Bergsteigerlegende das besondere Verhältnis zu seinem Freund Habeler.

Erst kürzlich unternahmen Messner und Habeler mit den anderen Teilnehmern der Everest-Expedition 1978 wie Wolfgang Nairz eine Jubiläumsreise nach Nepal. Nairz und Co. waren am 3. Mai, wenige Tage vor Messner und Habeler, unter Zuhilfenahme von künstlichem Sauerstoff am Dach der Welt gestanden. Den Bergsteigerlegenden wurden unter anderem Urkunden überreicht - für ihre Liebe zum Himalaya-Land, für ihre Meriten um den Tourismus.

Der Besteigung von 1978 erfuhr übrigens auch eine filmische Umsetzung. ServusTV zeigt am 8. Mai Messners dritte Regiearbeit: "Mount Everest - Der letzte Schritt" (20.15 Uhr). Eingebettet in die Doku des Berg- und Abenteuerfilm-Regisseur Leo Dickinson zeigt der Film neu gedrehte Szenen vom dramatischen Weg auf das Dach der Welt, die man einst nicht filmen konnte. Auch sonst warten laut eigenen Angaben neue Filmprojekte auf den stets unternehmungsfreudigen 73-jährigen Messner, der in Südtirol auch das "Messner Mountain Museum" mit sechs Standorten betreibt.

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