"Einflussnahme auf
Jörg Haider"

In einem E-Mail zwischen Managern der Kampfjet-Firma EADS ist die Rede von einer Beeinflussung des Kärntner Landeshauptmanns: und zwar durch die Russen

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Eurofighter-Mail - "Einflussnahme auf
Jörg Haider"

Viel skurriler wird es im Eurofighter-Krimi wohl nicht mehr. News liegt exklusiv ein brisantes E-Mail aus dem Management der Kampfjet-Firma EADS vor. In dem Schreiben vom 17. September 2002 geht es um eine angebliche Beeinflussung des Kärntner Landeshauptmanns und FPÖ-Strippenziehers Jörg Haider - und zwar durch Vertreter der russischen Konkurrenz. Hatte man Angst, nach der Typenentscheidung für den Eurofighter im Juli 2002 den Auftrag doch noch zu verlieren? Im Endeffekt behielt EADS -heute Airbus Group - die Oberhand. Und Jörg Haider sollte Millionen für ein Lieblingsprojekt bekommen.

Doch der Reihe nach: "Aus unserem MAPS-Team kommt die Botschaft, dass sich die RSKler unverhohlen darüber freuen, die Situation in Österreich durch Einflussnahme auf Jörg Haider in ihrem Sinne beeinflusst zu haben." Das schrieb der damalige Leiter der EADS-Kommunikationsabteilung unter anderem an den Chef der Militärflugzeugsparte von EADS, Aloysius Rauen. Das E-Mail liegt der Staatsanwaltschaft Wien vor und wird auch in der Eurofighter-Anzeige erwähnt, die Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil im Februar gegen Airbus eingebracht hat.

MiG als Zwischenlösung?

Haider beeinflusst? Da schrillen alle Alarmglocken. Im September 2002, als das E-Mail geschickt wurde, befand sich die österreichische Politik im Ausnahmezustand. Jörg Haider hatte von Kärnten aus monatelang die Regierungsarbeit seiner - in die schwarz-blaue Koalition entsandten - Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer hintertrieben. Die Regierung platzte. Und Haider hatte plötzlich viel mitzureden - auch in Bezug auf die eigentlich schon paktierte Abfangjäger-Beschaffung. Eine Beeinflussung Haiders zu diesem Zeitpunkt wäre Gold wert gewesen.

Es bieten sich zwei Varianten an, das E-Mail mit seinen darin verwendeten Abkürzungen zu lesen. "RSK" steht in diesem Zusammenhang unzweifelhaft für den Hersteller des russischen Kampfjet-Typs MiG. Diese Firma wiederum war in einem Gemeinschaftsunternehmen namens MAPS mit EADS verbunden. Dabei ging es um die Verwertung der deutschen MiGs aus früheren DDR-Beständen. Einfluss auf Haider durch RSK nach erfolgter Grundsatzentscheidung für den Eurofighter hätte bedeuten können, dass die Russen über das Gemeinschaftsunternehmen an dem Deal partizipieren wollten. Für diese Lesart sprechen News vorliegende Präsentationsunterlagen. Diesen zufolge schlug EADS im Juli 2001 dem damaligen Finanzminister Grasser die MiGs aus dem Gemeinschaftsunternehmen als Übergangslösung vor, bis die Eurofighter geliefert werden konnten. Anfang 2002 wurde jedoch berichtet, dass Österreich dieser Zwischenlösung nicht näher treten wollte. Konnte man Haider nun doch noch davon überzeugen?

Polit-Poker

Für eine ganz andere Lesart des E-Mails spricht, dass die Russen längst begonnen hatten, ihr eigenes Spiel zu spielen. Österreich wurden bereits Monate vorher neue MiGs angeboten. Auch nach der Grundsatzentscheidung zugunsten des Eurofighter im Juli 2002 ließ Moskau nicht locker. Schließlich musste erst der endgültige Kaufvertrag ausverhandelt werden.

Da kam die Regierungskrise durch die FPÖ-Querelen gerade recht: Am 9. September 2002 fiel die Entscheidung in Richtung Neuwahlen. In einem "Profil"-Interview erklärte Haider an diesem Tag: "Prinzipiell muss man darüber reden, ob es die teuerste Neuanschaffung sein muss oder ob nicht gebrauchte oder geleaste Jets reichen. Auch die Russen haben uns MiGs mit deutscher Elektronik angeboten." Am 10. September wurde beschlossen, den Kaufvertrag für den Eurofighter zu verschieben. Am 11. September plakatierte Haider, er habe den Abfangjägerkauf gestoppt (siehe Fot0). Und eine Woche später drang zum EADS-Management durch, "die RSKler" hätte sich unverhohlen darüber gefreut, die Situation in Österreich durch Einflussnahme auf Haider in ihrem Sinne beeinflusst zu haben. Vielleicht glaubten die Russen, Österreich würde nun dem Eurofighter den Rücken kehren.

Haiders Millionen-Projekt

Die Freude dürfte nicht lange gewährt haben. EADS saß im Endeffekt doch am längeren Ast. Der Eurofighter kam zum Zug. Und Österreich borgte sich als Zwischenlösung bis zur Lieferung F5-Jets der Schweizer Luftwaffe aus.

Gelohnt hat es sich aber für Haider. Ihm lag eine Angelegenheit politisch besonders am Herzen: der "Lakeside Park", ein Ansiedlungsprojekt für Technologiefirmen am Wörthersee. Bereits vor der Typenentscheidung für den Eurofighter stand EADS mit Haiders Büro in Gesprächen über eine Unterstützung des Projekts. Letztlich wurde dann 2006 eine Stiftung gegründet, in die über mehrere Offshore-Firmen vier Millionen Euro flossen.

In einem Zwischenbericht des Bundeskriminalamts vom 21. März. 2013 steht: "Nach den derzeitigen Ermittlungen handelt es sich bei der Lakeside-Privatstiftung um eine Stiftung, die eine nicht erklärbare und nicht rückzahlbare finanzielle Unterstützung in der Höhe von 4.000.000,- Euro, durch EADS Deutschland für den Lakeside Park Klagenfurt und den wirtschaftlichen Raum um Klagenfurt erhält. Diese Zahlung vom Hersteller des Eurofighter-Kampffl ugzeuges wurde ohne jeglichen Leistungsaustausch bzw. ohne Einreichung als Gegengeschäft gemäß Gegengeschäftsvertrag über ein internationales Firmennetzwerk (...) nach Kärnten überwiesen." Ohne Gegenleistung? Das werden die Ermittlungen zeigen. Die Russen - oder andere Konkurrenten -kamen jedenfalls nicht zum Zug.

Die Lakeside-Stiftung zahlte 2008 übrigens 52.000 Euro an einen Verein namens "Lakeside Labs". Dessen Vorsitzender war Jörg Haider.

Airbus erklärt, das E-Mail vom 17. September 2002 sei dem Unternehmen nicht bekannt. Die Angelegenheit habe "mit Airbus nichts zu tun". Es habe seitens des Unternehmens keine Einflussnahme auf Jörg Haider oder andere Politiker gegeben.