Luftraumüberwachung
wird neu berechnet

Eurofighter-Ausstieg ist vorerst wieder vom Tisch

Die Überwachung des österreichischen Luftraums durch das Bundesheer muss auf neue Beine gestellt werden. Verteidigungsminister Mario Kunasek lässt daher alle möglichen Varianten von einer neuen Kommission berechnen. Bis Ende Juni sollen Ergebnisse vorliegen, auf deren Basis der Minister der Regierung einen Vorschlag unterbreiten wird.

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Bundesheer - Luftraumüberwachung
wird neu berechnet

Sechsköpfige Evaluierungskommission

Eigentlich ließ Kunaseks Vorgänger Hans Peter Doskozil (SPÖ) erst vor acht Monaten Modelle für die neue Luftraumüberwachung berechnen. Doskozil entschied sich damals für die Stilllegung der Eurofighter und den Umstieg auf ein neues System. Mit dem Regierungswechsel ist diese Entscheidung passe. Kunasek beruft nun eine "Evaluierungskommission" ein, die die Ergebnisse der Doskozil-Kommission (Soko "Aktive Luftraumüberwachung") um "neue Informationen und Optionen" erweitern soll. Sie besteht aus einem sechsköpfigen Kernteam und vier Arbeitsuntergruppen.

Vorgabe ist die hundertprozentige Abdeckung der Luftraumüberwachung durch Überschallflugzeuge, die Tag und Nacht uneingeschränkt einsatzfähig sind sowie über ein zeitgemäßes Selbstschutzsystem und Allwetterlenkwaffen verfügen. Dabei werden für jede Variante 20-, 30-, und 40-jährige Systemlebenszyklen berechnet.

15 Eurofightern überwachen derzeit Luftraum

Derzeit wird der österreichische Luftraum von 15 Eurofightern Typhoon der Tranche 1 und zwölf Saab 105 überwacht. Die Unterschallflieger von Saab sind 2020 an ihrem Lebensende und müssen ersetzt werden. Der österreichische Eurofighter der Tranche 1 wiederum wurde ohne vollständige Grundausrüstung beschafft. Von vier wesentlichen Leistungsmerkmalen, die einen modernen Abfangjäger ausmachen, ist beim österreichischen Eurofighter nur eines voll abgebildet, zwei sind unzureichend abgebildet und eines fehlt vollständig. So verfügt der österreichische Eurofighter über keinerlei Systeme zur sicheren Annäherung an und zur Sichtidentifizierung von Luftfahrzeugen bei Nacht und schlechter Sicht. Dem System fehlt eine Allwetterlenkwaffe, welche zum Beispiel den sicheren Abschuss eines terroristisch genutzten Flugzeuges ermöglicht. Ein Selbstschutzsystem fehlt. Wenn der Eurofighter weiterbetrieben werden würde, müsste er aufgerüstet werden.

Die Doskozil-Kommission empfahl eine Abfangjägerflotte mit 15 Einsitzern und 3 Doppelsitzern. Konkret nannte der Bericht zwei Möglichkeiten: Einerseits eine Nachrüstung der vorhandenen 15 einsitzigen Eurofighter und die Beschaffung von drei zusätzlichen gebrauchten Eurofighter-Doppelsitzern. Oder andererseits den Kauf einer alternativen Abfangjägerflotte mit 15 Einsitzern und 3 Doppelsitzern auf Basis eines Regierungsgeschäfts (Government to Government).

Neue Kommission soll ergebnisoffen arbeiten

Die neue Kommission soll auf die Ergebnisse der ersten aufbauen, hat aber den Auftrag, völlig ergebnisoffen zu arbeiten. Auch das Weiterbetreiben eines Zwei-Flotten-System ist eine Möglichkeit. Darüber hinaus soll genauer gerechnet werden als beim ersten Mal. Einerseits verfügt das Bundesheer nun über konkretere Kostenangaben für den Fall eines Neukaufs vonseiten der schwedischen und amerikanischen Regierung. Anderseits sollen die Berechnungen für eine Neuanschaffung um zusätzliche Kosten für Infrastrukturaufwendungen und Pilotenausbildung erweitert werden. "Neue Informationen" gibt es auch bei den Eurofightern. Hier hat es einerseits von Eurofighter ein Flatrate-Angebot für die Betriebskosten für die nächsten zehn Jahre sowie informelle Angebote von den Herstellernationen Italien und Großbritannien, die ebenfalls die Tranche 1 fliegen, zur Senkung der Wartungskosten gegeben.

Zwei mögliche Alternativen zu Eurofightern

Als mögliche günstigere Alternativen zum Eurofighter bieten sich zwei Flieger an: Die schwedischen Gripen und die amerikanischen F16. Im Falle eines Neukaufs gibt es zwei größere Probleme: Die Republik müsste viel Geld für neue Flugzeuge in die Hand nehmen und die Eurofighter müssten entsorgt werden. Im Idealfall kauft der Hersteller sie wieder zurück, tut er das nicht, müssten sie verschrottet werden.

Verteidigungsminister Kunasek, der am Donnerstag seine erste Pressekonferenz im Verteidigungsministerium abhielt, kündigte an, dass die Kommission "völlig ergebnisoffen arbeiten wird". Die Vorschläge und Empfehlungen der Kommission wird der Minister beurteilen und der Bundesregierung einen Vorschlag unterbreiten. Ziel sei eine gemeinsame Entscheidung der Regierung.

Österreich fordert von EF und Airbus Wiedergutmachung

Parallel zur Evaluierung aller Optionen für die künftige Luftraumüberwachung läuft das Strafverfahren gegen Airbus und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH weiter. Die Republik fordert von den Jet-Herstellern Wiedergutmachung (Naturalrestitution oder Schadensersatz, Anm.) für den Schaden, der der Republik aus den Vorgängen rund um die Jet-Beschaffung in den Jahren 2003 und 2007 entstanden ist.

Das Verteidigungsministerium hatte auf Grundlage des Berichts der Task Force Eurofighter vor genau einem Jahr eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht, in der unter anderem der konkrete Verdacht von betrügerischen Handlungen durch Airbus und Eurofighter ausgeführt wurde. Österreich hat den ihr bis 2016 durch die "arglistigen Täuschungshandlungen" entstanden Schaden mit jedenfalls 183,4 Mio. und bis zu 1,1 Mrd. Euro beziffert. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des schweren Betrugs eröffnet. Die Republik Österreich hat sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen.

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