Schüssel: Flagge
und Hymne für EU

Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) hat die EU-Staaten zu einer stärkeren gemeinsamen Identität aufgerufen. "Wir brauchen eine Flagge, eine Hymne, mit einem Text, den man singen kann", sagte Schüssel am Mittwoch bei einer Festveranstaltung der schwarz-blauen Bundesregierung zum Europatag in Wien.

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EU-Vorsitz - Schüssel: Flagge
und Hymne für EU

Man müsse sich mehr um die Identität Europas kümmern, "die heute zu kurz kommt". "Wir brauchen einen Europatag, an dem wirklich ganz Europa über Gegenwart und Zukunft Europas nachdenkt", betonte Schüssel. Angeführt von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) kamen zahlreiche jetzige und ehemalige Minister zu einem "Europagespräch" in die Aula der Wissenschaften in der Wiener Innenstadt, um auf die beiden österreichischen Ratspräsidentschaften 1998 und 2006 zurückzublicken und einen Ausblick auf den dritten Ratsvorsitz Österreichs zu geben, der im Juli beginnt.

»Wir brauchen einen Europatag, an dem wirklich ganz Europa über Gegenwart und Zukunft Europas nachdenkt«

Schüssel beklagte, dass der Europatag vom Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs überschattet werde und brachte den 25. März (Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge) als gemeinsamen Feiertag der EU-Staaten ins Spiel. Sowohl 1998 und 2006 sei die Situation in der Europäischen Union "extrem kritisch" und "dramatisch" gewesen, erinnerte er etwa an das Scheitern der EU-Verfassung, aber auch außenpolitische Krisen wie den Kosovo-Krieg.

Schüssel sieht Brexit als Chance

Die EU sei "durch Krisen immer in eine neue Dimension hineinkapituliert worden", sagte Schüssel in einem Podiumsgespräch mit dem jetzigen österreichischen EU-Kommissar Johannes Hahn und seinen Vorgängern Benita Ferrero-Waldner und Franz Fischler (alle ÖVP). So sei etwa auch der Brexit eine Chance, weil bisherige Blockaden durch Großbritannien wegfallen und man mit London nun eine "Alternative zur Vollmitgliedschaft" entwickeln könne, die "unter Umständen auch ein Modell für andere Länder sein (könnte), für die Türkei, Israel oder andere Länder".

»Die Briten werden uns fehlen, in vielerlei Hinsicht«

Auch Ferrero-Waldner äußerte sich zuversichtlich, dass nach dem Abschied der Briten mehr Integration möglich sein könnte. Diese hätten etwa bei der Sozial- oder Fiskalunion "immer gebremst", beklagte sie. "Die Briten werden uns fehlen, in vielerlei Hinsicht", beklagte dagegen Hahn.

Neben der Dritten Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) und VfGH-Präsidentin Brigitte Bierlein waren vor allem ÖVP-Spitzenpolitiker gekommen, darunter Europaminister Gernot Blümel, Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, Justizminister Josef Moser, Bildungsminister Heinz Faßmann und Innen-Staatssekretärin Karoline Edtstadler.

Kneissl äußert sich in Videobotschaft

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hatte sich zuvor in einer kurzen Videobotschaft zum Europatag an die Bürger gewandt. "Europa ist jener Kontinent, wo die Freiheit erstmals für das Individuum definiert wurde", sagte sie. "Europa zu leben, bedeutet für mich, genau in dieser Freiheit leben zu dürfen."

»Europa ist jener Kontinent, wo die Freiheit erstmals für das Individuum definiert wurde«

Bunter gemischt war die Riege der Ex-Regierungsmitglieder. Im Publikum saßen Ex-Vizekanzlerin Susanne Riess (FPÖ), Ex-Außenminister Peter Jankowitsch (SPÖ), Ex-Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP), Ex-Sozialministerin Lore Hostasch (SPÖ), Ex-Umweltministerin Maria Rauch-Kallat sowie die Ex-Verteidigungsminister Werner Fasslabend (ÖVP) und Friedhelm Frischenschlager (damals FPÖ, später LIF).

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