May bittet um
Brexit-Aufschub

Die britische Premierministerin Theresa May bittet die EU um eine Verschiebung des Brexit um drei Monate bis Ende Juni.

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Brexit-Aufschub © Bild: Niklas HALLE'N / AFP

May sagte, sie habe EU-Ratspräsident Donald Tusk in einem Brief darüber informiert, dass das Vereinigte Königreich eine Verlängerung der Frist nach Artikel 50 des EU-Vertrages bis zum 30. Juni anstrebe. Die Frist läuft eigentlich am 29. März ab.

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EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und May hatten haben Mittwoch zu Mittag neuerlich in Sachen Brexit beraten. May habe Juncker angerufen und ihn über die jüngsten Entwicklungen informiert. Ein Kommissionssprecher sagte, May habe den Präsidenten konsultiert, wie man am besten die Diskussionen im Europäischen Rat angehe.

Diese Diskussionen würden noch laufen. Zuvor habe der Brexit-Chefverhandler der EU, Michel Barnier, das Kommissarskollegium informiert. Dabei sei auch über die allfälligen Notfallmaßnahmen im Fall eines No Deal behandelt worden. Von diesen vorgesehenen Notfallmaßnahmen seien alle bis auf zwei angenommen worden. Noch ausständig seien die Bereiche kurzfristige Visa und der EU-Budget 2019.

Verschiebung des Brexit-Datums

Im Falle einer Verschiebung des Brexit-Datums muss nach Angaben eines EU-Diplomaten bis Mitte April Klarheit über die Teilnahme der Briten an der Europawahl herrschen. "Bis Mitte April muss eine Entscheidung gefallen sein", sagte ein EU-Diplomat am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Der Grund seien der Druck von Stimmzetteln sowie die nötige rechtliche Klarheit darüber, wie viele Sitze auf welche EU-Länder verteilt würden, fügte er hinzu.

Eine kurzzeitige Verschiebung des Brexit-Datums vom 29. März wird in der EU als unproblematisch angesehen. Es gibt jedoch Forderungen, dass Großbritannien auf jeden Fall an den Europawahlen teilnehmen müsse, wenn ein neuer Austrittstermin hinter dem Wahltermin Ende Mai liegt. Andere Juristen halten den 2. Juli als Tag des Zusammentritts des neuen Europäischen Parlaments für das entscheidende Stichdatum. "Eine Entscheidung muss aber viel früher gefällt werden", sagte der EU-Diplomat.

Kommission sieht ernsthafte Risiken

Nach Aussagen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker muss Großbritannien bei einer Brexit-Verschiebung auf die Zeit nach den EU-Wahlen an der Abstimmung teilnehmen.

Juncker habe die britische Premierministerin Theresa May in einem Telefongespräch darauf hingewiesen, dass das Vereinigte Königreich bei einer Verlängerung der EU-Mitgliedschaft über den 23. Mai hinaus an den Wahlen zum Europaparlament vom 23. bis zum 26. Mai teilnehmen müsse, sagte eine Kommissionssprecherin am Mittwoch. May ersuchte die EU zuvor um eine Verlängerung bis Ende Juni.

Juncker habe zwar erklärt, es sei eine gute Idee, wenn May ihre Gedanken den EU-Staats- und Regierungschefs am Gipfel (Donnerstag und Freitag) mitteile, so die Sprecherin. Aber "der Präsident hat die Premierministerin davor gewarnt, das Datum in den Antrag zur Ausweitung hineinzunehmen, das über das Datum der EU-Wahlen hinausgeht". Juncker habe seinen Ratschlag wiederholt, dass die Briten den "Austritt vor dem 23. Mai abgeschlossen" haben müssten. Ansonsten gebe es institutionelle Schwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten. Die "EU-Wahl muss dann (in Großbritannien, Anm.) stattfinden, wenn das Datum nach dem 23. Mai" liege. Dies sei die Position der Kommission.

»Jede andere Option würde ernste rechtliche und politische Risiken für die Europäische Union bedeuten«

Damit wendet sich die Behörde Junckers de facto gegen den Vorschlag Mays eines Aufschubs bis 30. Juni ohne Teilnahme an der Europawahl.

Aus Sicht der Kommission sind einem internen Papier zufolge nur zwei Optionen für den Aufschub des Brexits sinnvoll: eine kurze, "technische Verlängerung" bis 23. Mai ohne Teilnahme an der Europawahl; oder eine "lange Verlängerung" bis mindestens Ende 2019 mit der Option einer Verkürzung, falls vorher eine Lösung gefunden wird. In jedem Fall solle es nur eine einmalige Verlängerung geben, heißt es weiter.

"Jede andere Option (zum Beispiel eine Verlängerung bis 30. Juni 2019) würde ernste rechtliche und politische Risiken für die Europäische Union bedeuten und einige der derzeitigen Unsicherheiten im Vereinigten Königreich in die EU importieren." Jedes andere Szenario hätte auch direkte juristische und praktische Konsequenzen für die Europawahl in 14 EU-Ländern.

Schlimmstenfalls könnte die Konstituierung des neuen Parlaments rechtswidrig werden und nach der Wahl die Bestimmung der neuen EU-Kommission und des EU-Haushaltsrahmens gefährden. Zudem wäre jede Entscheidung anfechtbar, heißt es in dem Kommissionspapier weiter.

Tusk: Kein EU-Sondergipfel nächste Woche vorgesehen

EU-Ratspräsident Donald Tusk wird keinen Sondergipfel zum Brexit einberufen. Tusk sagte Mittwochabend in Brüssel, er werde nicht für nächste Woche zu einem solchen Treffen einladen. Es gebe die Möglichkeit, in einem schriftlichen Umlaufverfahren eine Verlängerung zu regeln.

Auch wenn ein Erfolg beim Brexit scheitern sollte und illusorisch sei und eine gewisse Müdigkeit eintrete, "werden wir nicht aufgeben, eine positive Lösung bis zum allerletzten Moment zu suchen". Dies sei aber nur möglich, "ohne das Austrittsabkommen wieder aufzumachen", betonte Tusk. Die EU habe mit Geduld agiert und reagiert, mit zahlreichen Gesprächen. Er sei zuversichtlich, dass auch jetzt der gute Wille und die Geduld nicht fehlten, an diesem kritischsten Punkt in dem Prozess".

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