Erste Ostermesse von Benedikt XVI.: Papst fordert "ehrenvolle Schlichtung" im Atomstreit

Heiliger Vater tritt für eigenen Palästinenser-Staat ein Benedikt XVI. feierte gleichzeitig den 79. Geburtstag<br>KLICKEN: <b>Bilder</b> der Osterfeierlichkeiten im Vatikan

Bei Sonnenschein und frühlingshafter Wärme spendete Benedikt beim ersten Osterfest nach seiner Wahl den Segen "Urbi et Orbi" (Der Stadt und dem Erdkreis). Während der Messe gab es mehrere Gebete zum 79. Geburtstag Joseph Ratzingers. Einige Gläubige hatten auf Plakate "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag" geschrieben. Allein aus Deutschland und aus seiner bayerischen Heimat waren etwa zehntausend Pilger und Touristen auf den Peterplatz gekommen. Viele schwenkten die deutsche oder die bayerische Fahne.

Osterwünsche in 62 Sprachen
Benedikt sprach in 62 Sprachen die Osterwünsche. Auf Deutsch rief er: "Euch allen ein gesegnetes und frohes Osterfest! Der Friede und die Freude des auferstandenen Herrn sei mit Euch!" Insgesamt eine halbe Millionen Touristen und Gläubige kamen Schätzungen zufolge zu diesen Ostertagen nach Rom. Die Osterbotschaft und der Segen "Urbi et orbi" wurden laut Kathpress von 104 TV-Anstalten aus 65 Ländern direkt übertragen.

Politik zentrale Rolle in Osterrede
Die politischen Forderungen nahmen breiten Raum in der Osternbotschaft ein. Ohne den Iran ausdrücklich zu nennen, sagte Benedikt mit Blick auf den Nuklearstreit: "Was die internationalen Krisen im Zusammenhang mit der Atomkraft angeht, so möge durch ernsthafte und aufrichtige Verhandlungen eine für alle ehrenvolle Schlichtung erreicht werden." Im israelisch-palästinensischen Konflikt müsse die Welt die Lage beider Seiten berücksichtigen: Die Weltgemeinschaft müsse das Recht Israels auf eine Existenz in Frieden erneut bekräftigen. Zugleich solle sie aber "dem palästinensischen Volk helfen, die prekären Umstände, unter denen es lebt, zu überwinden" und seine Zukunft" in Richtung "Bildung eines wirklichen Staates" aufzubauen. Dazu bedürfe es eines geduldigen Dialogs.

Benedikt sprach sich ferner für ein friedliches Miteinander verschiedener ethnischer, religiöser und kultureller Gruppen auf, "um die Gefahr des Terrorismus zu bannen". Er ging auch auf die Konflikte in der westsudanesischen Provinz Darfur sowie in anderen Teilen Afrikas, vor allem Zentralafrika, ein. Zum Irak sagte er: "Über die tragische Gewalt im Irak, die weiterhin erbarmungslos Opfer dahinrafft, obsiege endlich der Friede." Die Auferstehung Jesu, der die Christen an Ostern gedenken, habe das Leben der Menschen und die Geschichte der Menschheit verändert, sagte der Papst im spirituellen Teil seiner Ansprache.

Geburtstagsfeier zurückgezogen auf Sommerresidenz
Vor einem Jahr hatte noch der todkranke Johannes Paul II. Ostern gefeiert. Er konnte aber bereits nicht mehr sprechen und starb eine Woche später am 2. April nach 26-jährigem Pontifikat. Ratzinger wurde darauf am 19. April für viele überraschend zum neuen Papst gewählt. Seinen Geburtstag werde Benedikt zurückgezogen in der Sommerresidenz Castel Gandolfo vor den Toren Roms feiern, heißt es im Vatikan. Päpste verzichten in aller Regel auf größere öffentliche Geburtstagsfeiern.

In der Nacht zum Sonntag hatte das Oberhaupt der römisch- katholischen Kirche im stimmungsvoll beleuchteten Petersdom die Osternacht gefeiert. Dabei wurde in der Vorhalle das Osterlicht entzündet und in den Petersdom gebracht. Die Kerze, die die bis dahin im Halbdunkel liegende Basilika erleuchtete, symbolisiert die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

Benedikt trug am Karfreitag selbst Kreuz
Am Karfreitag leitete der Papst den traditionellen nächtlichen Kreuzweg am römischen Kolosseum. Er übernahm am Ende und am Anfang selbst das Kreuz. Die Texte zu den Kreuzweg-Stationen prangerten vor allem die Laster der modernen Welt an: "Herr Jesus, der Wohlstand lässt uns unmenschlich werden, die Vergnügung ist zur Entfremdung, zur Droge geworden; und der monotone Werbespot dieser Gesellschaft ist die Einladung, im Egoismus zu sterben", hieß es. Mit Blick auf die Gentechnologie hieß es, der Mensch wolle verändern, was Gott geschaffen hatte: "Doch sich an Gottes Stelle zu setzen, ohne Gott zu sein, ist die dümmste Arroganz, ist das gefährlichste Abenteuer."

Tausende Pilger versammelten sich am Sonntag zur Feier des Osterfests an den heiligen Stätten der Christenheit in Jerusalem. Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, zelebrierte die Messe in der Grabeskirche, in der die Gruft Jesu liegt. In der Kirche drängten sich zahlreiche Gläubige, vor dem Gotteshaus zog die Menge an zahlreichen Abbildern Jesu vorbei. In diesem Jahr reisten angesichts des Abflauens der Gewalt im Nahost-Konflikt mehr Menschen als in den Vorjahren zu den Osterfeierlichkeiten ins Heilige Land. Laut israelischem Tourismusministerium besuchten zu Ostern und dem jüdischen Passah-Fest (Pessah) 90.000 Touristen das Land, 20 Prozent mehr als 2005.
(apa)