Drei Jahre Haft für Ernst Strasser

Urteil gefallen: OGH bestätigt Schuldspruch, reduziert aber die Strafe

von
Lobbying-Affäre - Drei Jahre Haft für Ernst Strasser

Dagegen gab der Berufungssenat (Vorsitz: Eckart Ratz) der Strafberufung Folge und senkte die vom Erstgericht verhängte Strafe von dreieinhalb auf drei Jahre unbedingt. "Besondere Gründe", die einen bedingten oder teilbedingten Strafnachlass möglich gemacht hätten, habe man aus generalpräventiven Gründen nicht gefunden, hieß es in der Begründung.

Jedenfalls sechs Monate Gefängnis

Dem Obersten Gerichtshof (OGH) erschien es im Unterschied zum Erstgericht, das die Fußfessel für Ernst Strasser für die erste Hälfte der über ihn verhängten Strafe noch explizit ausgeschlossen hatte, nicht notwendig, dem mittlerweile 58-Jährigen den elektronisch überwachten Hausarrest prinzipiell zu verwehren. Strasser muss aber jedenfalls für sechs Monate ins Gefängnis.

Fußfessel möglich

Ernst nachdem er sechs Monate seiner dreijährigen Freiheitsstrafe abgesessen hat, kann er die Fußfessel beantragen. Ob diese genehmigt wird, entscheidet der Leiter jener Justizanstalt, in welcher der ehemalige Innenminister seine Strafe verbüßen wird.

Wann Strasser seine Aufforderung zum Strafantritt erhalten wird, ist unklar. Zunächst muss das endgültige Urteil des OGH schriftlich ausgefertigt werden. Nach Zustellung dieses Schriftstücks obliegt es dem Wiener Straflandesgericht, Strasser die Aufforderung zum Strafantritt zukommen zu lassen. Ab diesem Zeitpunkt muss er binnen vier Wochen ins Gefängnis "einrücken".

"Demokratiepolitisch von unglaublicher Bedeutung"

Es sei "demokratiepolitisch von unglaublicher Bedeutung", gegen "Politik für die eigene Geldtasche" vorzugehen, erläuterte OGH-Präsident Eckart Ratz in seiner Urteilsbegründung. Und weiter, mit Blickrichtung auf Ernst Strasser: "Ein EU-Abgeordneter, der korrupt ist, ist ein Übel, der das ganze Funktionieren der Europäischen Union in Unruhe bringt, infrage stellt."

Dennoch hielt es der Oberste Gerichtshof (OGH) trotz der in diesem Fall besonders gewichtigen generapräventiven Erwägungen für angebracht, die Strafe für Strasser auf ein "noch maßvolleres Maß" herabzusetzen, wie sich Ratz in seiner Funktion als Vorsitzender des Berufungssenats ausdrückte. Man müsse nicht alles auf einen Sündenbock abladen "und diesen Bock hinausjagen". Es liege "auf der Hand, dass der Angeklagte unglaubliche persönliche Nachteile erlitten hat", kam Ratz auf die Folgen der Lobbying-Affäre für den einstmaligen ÖVP-Spitzenpolitiker zu sprechen. Wenn eine "public figure" derart falle, "kann das einem auch leidtun", sagte Ratz.

Lob für Schöffensenat

Voll des Lobes war der OGH-Präsident für den Schöffensenat, der im zweiten Rechtsgang Strasser neuerlich wegen Bestechlichkeit schuldig erkannt hatte. Dieser Senat habe die Vorgaben des OGH, der das im ersten Rechtsgang ergangene Urteil - vier Jahre Haft im Sinne der Anklage - wegen mangelhafter Begründung aufgehoben hatte, "punktgenau umgesetzt". Das Gericht habe Tatsachen festgestellt und diese "einwandfrei" beurteilt. Es sei demnach erwiesen, dass Strasser für 100.000 Euro den vermeintlichen Lobbyisten angeboten habe, auf EU-Gesetzgebungsakte Einfluss zu nehmen: "Dass das Amtsgeschäft pflichtwidrig war, hat das Erstgericht in jeder Hinsicht sauber und klar und in rechtsstaatlicher Hinsicht einwandfrei festgestellt."

Strasser ohne Kommentar

Nach seiner damit endgültigen Verurteilung, gegen die kein Rechtsmittel mehr zulässig ist, verließ Ernst Strasser ohne Kommentar eiligen Schrittes den Justizpalast. Sein Verteidiger Thomas Kralik gab den zahlreichen Fernsehteams diverser TV-Anstalten Interviews.

Die Aufforderung zum Strafantritt dürfte der gefallene Ex-Innenminister noch heuer erhalten. Wie OGH-Sprecher Kurt Kirchbacher gegenüber der APA erklärte, wird die schriftliche Urteilsausfertigung bereits in "wenigen Wochen" vorliegen. Das OGH-Urteil wird dann dem Erstgericht - dem Wiener Straflandesgericht - zugestellt, das zeitnahe die entsprechenden Verfügungen veranlassen wird. In welchem Gefängnis Ernst Strasser seine Strafe abzusitzen hat, entscheidet die Vollzugsdirektion.

Verteidiger: Strasser "gesellschaftlich tot"

Verteidiger Thomas Kralik hatte um eine "deutliche Strafreduktion" für Ex-Innenminister Ernst Strasser gebeten. Die vermeintlichen Lobbyisten - in Wahrheit britische Journalisten - hätten sich als Lockspitzel betätigt: "Wenn ihm die nicht die Karotte vor die Nase gehalten hätten, hätte er die Tat nicht begangen." Strasser sei jetzt "beruflich und gesellschaftlich tot."

Insofern erschien es dem Anwalt unverständlich, weshalb das Erstgericht nichts von einer Fußfessel für den ehemaligen Innenminister wissen wollte: "Er ist jetzt 58 Jahre alt. Wenn's jemanden gibt, der für die Öffentlichkeit keine Gefahr mehr darstellt, ist das der Doktor Strasser."

Grundsätzlich hielt Kralik den neuerlichen erstinstanzlichen Schuldspruch, den der OGH zu beurteilen hatte, für verfehlt. Das Erstgericht habe "im Wesentlichen die Gründe für einen Schuldspruch herausgepickt" und "Dinge, die für ihn (Strasser, Anm.) sprechen, einfach unerörtert gelassen". Entlastendes Beweismaterial sei "nicht ausreichend" berücksichtigt worden, bemängelte Kralik, der überdies auch Feststellungsmängel ortete. Mit diesem Vorbringen drang er beim OGH diesmal aber nicht durch. Der im zweiten Rechtsgang ergangene Schuldspruch wurde vollinhaltlich bestätigt.

Kommentare

Dietburg melden

Ein völlig überzogenes unangemessen hohes Urteil. Politjustiz pur.
Noch dazu ist Anstiftung menschenrechtswidrig wenn die Straftat ohne Anstiftung eines Agent Provokateure nicht begangen worden wäre.
Als Jurist bin ich schwer enttäuscht vom OGH.

giuseppeverdi melden

Ja genau! Wahrscheinlich haben Sie schon das eine oder andere rechtliche Geschäft mit ihm gemacht und nun, da das Urteil rechtskräftig ist, ist nichts mehr an ihm zu verdienen (es gilt natürlich die Unschuldsvermutung für Sie)

Fleischfrei

Er war immer ein arroganter Ungustl und nun hat er die Rechnung präsentiert bekommen. Dabei ist er eh noch gut weggekommen man hätte ihm noch mehr aufbrummen müssen.

Seite 1 von 1