Erika Pluhar sieht schmerzliches "Zurückgleiten ins Faschistoide"

Am 28. Februar feiert die Schauspielerin, Sängerin und Autorin Erika Pluhar ihren 80. Geburtstag. Drei Tage vorher gibt sie ein Geburtstagskonzert im Wiener Stadtsaal. Die APA besuchte die Jubilarin in ihrem Grinzinger Haus.

von
Interview - Erika Pluhar sieht schmerzliches "Zurückgleiten ins Faschistoide"

Frau Pluhar, ihren 80. Geburtstag zu feiern - ist das für Sie schön oder schrecklich?
Es ist für mich nicht schrecklich, weil ich mich an diese Zahl schon seit langem gewöhnt habe. Ich habe zum Beispiel die Protagonistin in meinem letzten großen Roman "Gegenüber" 80 Jahre sein lassen, wollte aber natürlich auch meine eigenen Überlegungen zum Älterwerden einflechten. Jetzt bin ich wirklich 80. Ich habe mich schon sehr früh mit dem Älterwerden befasst. Ich war knapp über 40, da habe ich einen Liedtext geschrieben, das Lied heißt "Mehr denn je". (Singt) "Was heißt das nur, ich werde alt, was heißt das nur, wie soll ich das empfinden?" Genau. Das singe ich jetzt noch. Ich war also meinem Alter immer voraus. Insofern schreckt mich dieser Geburtstag überhaupt nicht. Aber natürlich rückt man der Vergänglichkeit immer näher. Ich blende das nicht aus. Natürlich kann man früher sterben, meine Tochter ist sehr jung gestorben. Aber jetzt wird das absehbar und man weiß, die Lebenszeit ist nun einmal begrenzt. Unser Leben ist eigentlich eine Zumutung, denn wirklich sicher wissen wir nur, dass wir sterben werden. Nun steckt aber in diesem Wort Zumutung noch ein anderes Wort: Mut! Das ist so ein bisschen meine Lebensparabel. Das und der Begriff "trotzdem".

Trotzdem - das klingt nach einem Widerstand, den man überwinden muss. Gegen was zielt dieses Trotzdem?
Diesen Begriff kann man nach vielen Richtungen gebrauchen. Wenn man weitergeht, muss man immer wieder Widerstände überwinden - Trauer oder Angst etwa, oder sich zu einer persönlichen Haltung zu bekennen ohne Rücksicht auf Verluste. Ich bin ja in ein Öffentlich-Sein geraten, weil ich mich entschlossen habe, Schauspielerin zu werden, und dann ging das weiter ins Musizieren und weiter in die Schriftstellerei ... All das hat mit Menschen und Öffentlichkeit zu tun. Irgendwann in der Mitte meiner Jahre war mir ganz klar, dass ich versuchen werde, diese Öffentlichkeit als Verantwortung zu sehen.

Ist Ihnen ihre Rolle als "Die öffentliche Frau", wie eines Ihrer jetzt neu aufgelegten Bücher heißt, nicht gelegentlich auch zuwider geworden? Haben Sie nie das Gefühl gehabt, zu viel von sich preisgegeben zu haben?
Immer wieder werde ich nach der Preisgabe gefragt, und immer wieder antworte ich: Würde ich mich in meinen Büchern preisgeben, würde ich sie nicht schreiben. Ich hab schon auch mein Geheimnis. Es gibt genug, das es weder zu lesen noch zu erfahren gibt von meinem Leben. Ich möchte Leser erreichen mit Geschichten, mit Büchern, bei denen sie für ihr eigenes Leben mitdenken können.

Sie haben 2016 einen "Brief an Österreich" geschrieben und darin auf ihre eigenen Kriegserfahrungen verwiesen.
Ich bin ein Kriegskind. Ich bin 1939 geboren, das heißt, als ich so alt war, das Leben wahrzunehmen, habe ich den Krieg wahrgenommen. Das ist wahrlich für ein Kind etwas Schreckliches. Ich habe den Krieg sehr traumatisierend erlebt. Diesen Brief habe ich in dem Wunsch geschrieben, den Menschen bewusst zu machen, wie gut es ihnen geht in diesem Land. Dass sie in diesem Land seit drei Generationen in Frieden leben und dass wir darauf aufpassen müssen. Wenn ich noch so einen Brief schreiben würde, wäre ich jetzt schon ein bisschen strenger und auch trauriger. Dass wir jetzt wieder zurückgleiten ins Faschistoide ist für mich wirklich schmerzlich. Im Alter muss ich erleben, wie Tendenzen aufkommen, von denen man nicht mehr gedacht hatte, dass sie möglich wären. Wir sehen den Kalten Krieg wieder auf uns zurollen. Plötzlich geht das Wettrüsten wieder los. Es werden weltweit die schauerlichsten Menschen gewählt, ob es der Herr Trampel ist, den ich nur so nenne, weil mir das sein Name wirklich aufoktroyiert, oder dieser schreckliche Kerl in Brasilien oder Orban in Ungarn ...

Und in Österreich?
Von unserem Bundeskanzler werden wir in diese Visegrad-Ecke gedrängt. Das Traurige ist, dass die Menschen nur bei der Angst zu packen sind, und dass sich die Menschen in unserem Land so ins Bockshorn jagen lassen. Plötzlich tut man so, als ob die Frauenmorde alle nur von Afghanen oder Syrern begangen werden. Dabei werden so viele Frauen von Inländern ermordet, und es flüchten so viele Frauen in Frauenhäuser, weil sie vergewaltigt und geprügelt werden. Diese Fülle an Unwahrheiten, das Aufhetzen und das alles verbunden mit unserer digitalen Revolution, dank der jeder das, was er früher am Wirtshaustisch rausgebrüllt hat, nun ungefiltert überall verbreiten kann, ist ein Phänomen, mit dem man fertig werden muss. Dazu gibt ja auch die wahnsinnig dringliche ökologische Frage. Ich glaube, der Mensch ist zu einem gewaltigen Umdenken aufgerufen. Mir ist das nicht egal, auch wenn ich dann schon tot sein werde. Mir liegt an der Welt. Mir liegt am Menschen. Der Mensch ist eine schreckliche Spezies - mit wunderbaren Ausnahmen.

Als "öffentliche Frau" werden Sie wenige Tage vor Ihrem Geburtstag auch öffentlich feiern.
Ich habe mir gedacht, ich mache mir mein Geburtstagsfest. Wir hatten am 25. Februar bereits einen Termin im Stadtsaal, in dem ich immer wieder auftrete, und da ich habe zu Klaus Trabitsch gesagt: Ich wünsche mir, dass alle auf der Bühne sein werden, mit denen ich musiziere. Das ist eine sehr unterschiedliche Schar. Da kommt der Antonio D'Almeida aus Portugal, da sind drei Musiker aus Zimbawe von MoZuluArt, da ist meine Band, da ist Monika Stadler an der Harfe, da singt Adi Hirschal ein Lied, da singt Werner Schneyder ein Lied. Ich kann zwar kein Instrument spielen und nicht Noten lesen, aber ich musiziere nach wie vor sehr gerne. Ich hoffe wirklich, das wird ein Fest.

Wir haben über Sie als Sängerin und Autorin gesprochen, aber noch gar nicht über die Schauspielerin Erika Pluhar.
Die 40 Jahre Schauspielerei, die ich am Burgtheater hinter mich gebracht habe, bewohnen mich wie das Atmen. Was mich abrücken hat lassen vom Theaterspielen, ist, dass ich den Menschen ins Gesicht schauen möchte. Wenn ich jetzt mit meinen eigenen Inhalten vor ein Publikum trete, ist das viel mehr ein Miteinander. Das offiziöse Theaterspielen hat dagegen immer mit einer vierten Wand zu tun. Ich bin am Burgtheater an meinem 60. Geburtstag mit einer sehr schönen Vorstellung in Pension gegangen - wie ich meine zur genau richtigen Zeit. Die Theaterlandschaft ist immer ein Spiegel der jeweiligen Zeit, es ist schriller, offensichtlicher, eben anders geworden. Das Theaterleben habe ich hinter mich gebracht.

Was am Burgtheater so passiert ...
... geht völlig an mir vorbei. Ich gehe auch nur mehr selten ins Theater. Viel lieber gehe ich ins Kino.

Bedauern Sie ein wenig, dass es keine große internationale Filmkarriere wurde?
Nein, es geht mir nicht um die Filmkarriere, aber ich bedaure, dass ich nicht Filme machen konnte. Ich wäre gerne so etwas geworden wie der Woody Allen. Der macht's richtig. Der macht einmal einen lustigen Film, einmal einen ernsten, einmal spielt er mit, einmal führt er Regie, einmal schreibt er nur das Buch. Das wäre schön gewesen. War halt nicht. Es gibt im Älterwerden immer ein "Nie mehr". Deswegen plädiere ich so dafür, dass man vollkommen im Jetzt lebt.

Kommentare

Liebe Fr. Pluhar Es sind nicht nur die die Ausländer ( Syrer, Afghanen, ....) sondern Männer aus Ländern in denen eine Frau weniger zählt als ein Nutztier. Hätten sie Töchter im jugendlichen Alter würden sie die Ängste und Nöte der Bevölkerung verstehen. Gott sei Dank vertuschen NICHT ALLE ZEITUNGEN die Wahrheit.

Auch wieder ein scheinheiliger Gutmensch! Als Kriegskind müßte sie auch wissen, wie schön,ruhig und wenig Kriminalität man in den 50-70iger Jahren leben konnte, bevor diese verantwortungslosen Politiker die Grenzen öffneten und diese EU Diktatur mit lauter unfähigen Abkassierern gründeten!!

Seite 1 von 1