Erich Foglar neuer Chef der Metaller: Wahl zum Nachfolger Nürnbergers mit über 98 %

Bisheriger Vorsitzender nimmt unter Tränen Abschied Metaller und Agrar-Nahrung Genuss fusionierten

Mit Ausnahme von Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel, der ja selbst in Sachen BAWAG wegen seiner früheren Aufsichtsratstätigkeit unter koalitionärem Beschuss steht, verabsäumte es keiner der im Austria Center aufgetauchten Redner, nochmals die Affäre aufzunehmen, die Verantwortlichen zu geißeln und einen Neuanfang zu beschwören.

Foglar hält Doppelspitze für diskussionwürdig
Foglar hält eine Doppellösung an der ÖGB-Spitze für "diskussionswürdig". Auf die Frage, ob er ausschließen könne, als Gewerkschaftspräsident zu kandidieren, sagte Foglar in der Fernsehsendung "Report" des ORF, zum heutigen Zeitpunkt sei dies kein Thema, aber "ich kann in Wahrheit in bewegten Zeiten nicht sagen, was morgen oder übermorgen ist".

Was die Finanzen des ÖGB betrifft, sei es zu früh, über den Abgang 2005 konkrete Auskunft zu geben. "Wir warten auf die BAWAG-Bilanz". Jedenfalls würden künftig Dividenden der BAWAG fehlen. Sparmaßnahmen müssten im Personalbereich, bei Sach- und Raumaufwand gesetzt worden. Dabei betonte Foglar, dass im Personalbereich die Maßnahmen mit dem natürlichen Abgang ausreichen dürften. Zu Einnahmen aus dem BAWAG-Verkauf merkte er an, er "hoffe zumindest" darauf, dass unter dem Strich etwas übrig bleibe.

Berührender Nürnberger-Abschied
Nürnberger appellierte in seiner letzten großen Rede, die er mit tränenerstickter Stimme beendete, Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Die Zeiten, wo sich die Diskussionen nur im Kreise gedreht hätten, müssten vorbei sein: "Das können wir uns nicht mehr leisten." Auch sei Tempo vonnöten: "Wir haben keine Sekunde Zeit, den Kopf in den Sand zu stecken oder uns zu verstecken." Jetzt gelte es rund um die Uhr nachzudenken und zu diskutieren, "wie wir einen neuen ÖGB bauen".

Neustrukturierung des ÖGB ab 23. Mai
Präsident Rudolf Hundstorfer war in der Sache durchaus bei Nürnberger, lehnte jedoch explizit ständige öffentliche Denkanstöße ab. Denn so etwas freue in erster Linie die politischen Gegner. Im Gegenzug versprach Hundstorfer, alle über noch zu schaffende Plattformen in den Reformprozess einzubinden. Der Startschuss zur Neustrukturierung ist für den 23. Mai geplant, wo sich unter der Führung der Chefs der verbliebenen zwölf Gewerkschaften eine neue Arbeitsgruppe etabliert.

Indirekt nahm sich Hundstorfer mit seinen mahnenden Worten wohl auch Eisenbahner-Chef Wilhelm Haberzettl zur Brust, der in einem "Falter"-Interview das Ja der ÖGB-Spitze zur Offenlegung des Streikfonds kritisiert hatte. Hundstorfer verteidigte eben diese Entscheidung explizit: "Hätten wir rechtsverbindlich die weitere Haftung für 900 Millionen unterschreiben können, wären wir nicht ins Bundeskanzleramt gegangen. Wir können es nicht, wir haben es nicht. Das ist nicht Vergnügen, das ist nicht Spaß, das ist Realität." Haberzettl hörte all das nicht, er war im Gegensatz zu den meisten Spitzengewerkschaftern nicht beim Metaller-Tag erschienen - ebenso wenig übrigens wie Vertreter der Bundesregierung.

Fusion einstimmig abgesegnet
Ohne Schmerzen verlief jedenfalls am Dienstag die Fusion der Metaller mit der Gewerkschaft Agrar-Nahrung-Genuss, die einstimmig abgesegnet wurde. Damit verfügen Foglar und sein Team nunmehr über rund 235.000 Mitglieder, womit die Metaller die Beamten überholen und nach der Privatangestellten-Gewerkschaft zweit größte Teilorganisation des ÖGB sind.
(apa/red)