Er war das Theater: Kommentar von
Heinz Sichrovsky über Peter Zadeks Tod

Er war weder alt noch neu. Er war der Inbegriff

Er war das Theater: Kommentar von
Heinz Sichrovsky über Peter Zadeks Tod © Bild: NEWS/ Ricardo Hergott

Stückezertrümmerer“, so sagte er mir einmal, als der heute auf sinkendem Niveau dogmatisierte Umgang mit Theatertexten wenigstens noch einen Namen hatte, „waren wir doch alle. Nur sind die einen ordentliche Regisseure geworden, und von den anderen hat man nichts mehr gehört.“ Gab es da wirklich vor kurzem eine Debatte über das Regietheater? Peter Zadek ist tot, und er war weder alt noch neu, weder konservativ noch Dekonstruktivist. Er war das Theater, und je schmerzlicher mir der Verlust bewusst wird, desto sicherer bin ich mir, dass ich nichts seinem „Kaufmann von Venedig“, seiner „Lulu“ oder seinem „Ivanov“ Vergleichbares auf Bühnen gesehen habe. Gleich erregend und erhellend habe ich nur noch die bedeutendsten Arbeiten Peter Brooks empfunden. Da wollte doch vor nicht langer Zeit ein tendenziell leserbefreites deutsches Branchenkäseblatt 4.000 Jahre Theatergeschichte in die Rente schicken. Regisseure wie Peter Stein, Luc Bondy oder Claus Peymann wären erledigt, las man da. Keiner wolle mehr zusehen, wie Menschen täten, als wären sie andere Menschen. Peter Zadek wurde unter den Entsorgungsfällen an erster Stelle genannt. Dass es mich einmal im Zusammenhang mit einem Medium nach der regulierenden Kraft des Marktes verlangen würde, hätte ich nicht mehr vermutet.