Kopf oder Bauch?

Richtig entscheiden: Experten erklären, wie man an die großen Fragen herangeht

Hunderte Entscheidungen am Tag treffen wir pragmatisch oder unbewusst. Ganz schnell, einfach so nebenher. Aufstehen oder liegen bleiben? Kaffee oder Tee? Noch Wintermantel oder schon Frühlingsjacke? Pizza oder gesunder Snack? So geht es unentwegt. Dann aber gibt es die größeren Entscheidungen, die uns schon etwas mehr Nachdenken abverlangen. Neu-oder Gebrauchtwagen? Fernreise oder Urlaub daheim? Haare abschneiden oder wachsen lassen? Dabei werden wir beeinflusst, sei es durch unsere Umgebung oder durch gefinkelte Werbung. Aber keine dieser Entscheidungen wird unser Leben verändern, weshalb es unmöglich ist, dabei schwerwiegende Fehlentscheidungen zu treffen.

von Eine Frau hält einen Zettel mit einem Fragezeichen vor ihr Gesicht © Bild: iStockphoto.com

Die Angst vor diesen begleitet uns allerdings bei den ganz großen Fragen, den Lebensentscheidungen. Kind oder Karriere? Aussteigen oder im Beruf weiterwursteln? Auswandern oder dableiben? Dem Partner noch eine Chance geben oder einen Schlussstrich ziehen? Da kommen sie dann, die schlaflosen Nächte, in denen man mit sich und dem Polster ausmacht, was denn nun besser wäre. In der Früh ist man so klug wie zuvor - und noch dazu unausgeschlafen.

Will man sich nicht gänzlich von den Zufällen des Lebens treiben lassen, muss man solche Entscheidungen bewusst treffen. Dabei kann es helfen, wenn man ein paar Grundsätze kennt. Es ist nämlich falsch zu glauben, dass man Entscheidungen immer streng rational mit dem Kopf trifft. Die Psychologin Theresia Kosicek erklärt: "80 Prozent der Entscheidungen sind Bauchentscheidungen, die wir im Nachhinein rationalisieren. Es ist daher wichtig, das Bauchgefühl ernst zu nehmen." Dieses Gefühl ist ein Sammelsurium aus konzentriertem Wissen und Lebenserfahrung, aus dem das Unterbewusstsein seine Informationen fischt; dazu kommt noch der Einfluss von Hormonen. Etwa Dopamin, das uns ein Gefühl der Belohnung gibt, wenn wir Vertrautes wiedererkennen - weswegen wir uns oft für vertraute Dinge entscheiden, auch wenn das Hirn vielleicht "Stopp!" rufen würde. Das Sexualhormon Testosteron wiederum, das auch an der Entscheidungsfindung beteiligt ist, kann zu mehr Risikofreude verleiten.

»80 Prozent sind Bauchentscheidungen, die wir im Nachhinein rationalisieren.«

Auf der anderen Seite stehen die "Kopfentscheidungen". Dabei wiegt man Argumente gegeneinander ab, schreibt vielleicht Pro-und-Kontra-Listen und meint, nach logischen Gesichtspunkten zu entscheiden. Doch so streng kann man Bauch und Verstand nicht immer auseinanderhalten. Der Neurobiologe und Mentaltrainer Marcus Täuber sagt: "Bei komplexen Entscheidungen ist oft das Bauchgefühl besser, bei einfachen Entscheidungen der Kopf." Der bewusste Verstand ist nämlich für rationallogische Überlegungen zuständig, kann aber nur wenig Informationen verarbeiten.

Etwa: Die Blumen sehen trocken aus, man sollte sie jetzt und nicht erst später gießen, sonst sind sie ganz hinüber.

Täuber sieht die Menschen allerdings in ihrer Fähigkeit geschwächt, mit dem Bauch zu entscheiden. "Die Leute nehmen sich heute zu wenig wahr. Sie verdrängen Emotionen und Gefühle. Aber gerade diese sind für Entscheidungen wichtig. Man muss wieder lernen, die eigenen Empfindungen zu schärfen. Früher hat man gedacht, man muss seine Vernunft schulen, jetzt weiß man: Auch die Emotionen gehören trainiert." Aus medizinischen Studien ist bekannt, dass Menschen, die durch eine Krankheit das Fühlen verlernt haben, plötzlich schon bei den einfachsten Entscheidungen überfordert sind.

Listen können täuschen

Steht eine Entscheidung bevor, sollte man diese keinesfalls unter Zeitdruck treffen, sagt Theresia Kosicek: "Versuchen Sie niemals, in einer Stresssituation oder einer Krise eine Entscheidung zu treffen. Denn in diesen Momenten kann man nicht klar denken. Aber gerade bei Entscheidungen sollte man einen Überblick über die Konsequenzen und Alternativen haben."

Ein Schild mit der Aufschrift "Pros" und "Cons"
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Um sich diesen Überblick zu verschaffen, empfehlen viele Experten, eine Liste mit den Vor- und Nachteilen aller Optionen anzulegen. Dann gewichtet man die Argumente und sieht, für welche Möglichkeit mehr spricht. Dass diese Methode aber auch anders wirken kann als ursprünglich angenommen, zeigt folgende Anekdote: Der US-Politiker Benjamin Franklin empfahl einem jungen Mann, der sich zwischen zwei Frauen nicht entscheiden konnte, genau diesen Listentrick. Der schrieb alle Argumente auf, fast alles sprach für die eine Frau - doch da wurde ihm bewusst, dass er nur die andere liebte. Das ist 250 Jahre her, könnte aber heute auch so passieren.

Mit den Listen sei das so eine Sache, meint Psychotherapeutin Christine Bauer-Jelinek: "Man kann jede Liste auf ein bewusst oder unbewusst gewünschtes Ergebnis hintrimmen, wenn man sie nur intelligent genug füllt." Auf die Plus-Seite der Argumente werden allzu oft Illusionen geschrieben, sagt sie. "Alles, was anders ist, scheint für den Moment besser zu sein." Es gebe aber positive Effekte solcher Listen: "Man sollte alle Sehnsüchte, Erwartungen und Befürchtungen vor einer schwierigen Entscheidung aufschreiben, weil man sonst immer weiter grübelt. Und Grübeln ist schlecht, weil man dabei nur immer wieder dasselbe im Kopf herumwälzt." Danach, empfiehlt sie, sollte man sich nach dem "Preis" einer Entscheidung fragen. "Was kostet es an Kraft oder finanziellen Mitteln, wenn ich mich in eine neue Situation begebe? Wenn man sich das durchdenkt, wird das Szenario gleich realistischer."

Man entscheidet für sich

Vor großen Entscheidungen wie Berufswahl oder Familiengründung muss man mit sich selbst ins Reine kommen. "Man muss eine Vorstellung davon haben, wie man sein Leben führen möchte", sagt Psychologin Kosicek. "Was ist für mich ein erfüllender Job? Was ist mir an einer Beziehung wichtig? Bei der Entscheidung geht es nicht um richtig oder falsch, sondern darum, herauszufinden, was in dieser Lebensphase am besten zu mir passt."

»Man muss wieder lernen, die eigenen Empfindungen zu schärfen.«

Gesellschaftliche Konventionen, die Erwartungen der Familie oder der Freunde sollte man in diesem Moment einfach ignorieren. Denn oft sind diese ein Korsett, das einem Entscheidungen förmlich aufzwingt. Kosicek: "Man muss sich immer bewusst machen: Die Entscheidung trifft man selbst und nicht jemand anderer. Man muss sich immer überlegen: Ist es mir wichtig, zu 'entsprechen', oder will ich ein Mensch sein, der unabhängig davon lebt, was andere sagen?" Christine Bauer-Jelinek ergänzt: "Wie man auf soziale Erwartungen reagiert, hängt vom Charakter ab. Es gibt Menschen, die sich anpassen, andere machen bewusst das Gegenteil und bleiben bis ins Erwachsenenalter in der Protesthaltung: etwa nicht zu studieren, obwohl sie aus einer Akademikerfamilie sind."

So unangepasst seien heute mehr Menschen als früher, weil man es sich eher leisten könne. "Die Angepassten sind mit ihren Entscheidungen öfter unglücklich", sagt Bauer-Jelinek, "und unternehmen dann Ausbruchsversuche, um später wieder bei der Anpassung zu landen." Das Glücklichsein nach Entscheidungen werde überbewertet, sagt sie: "Zufriedenheit mit sich und dem Leben ist solider als Glück."

Gibt es ein Zurück?

Ist man nicht so glücklich wie erhofft, führt man das oft auf eine Fehlentscheidung zurück. Um aber mit allen seinen Entscheidungen klarzukommen, empfiehlt Neurobiologe Täuber, schon im Vorfeld genau zu überlegen, was im schlimmsten Fall passieren könnte. "So kann man den Druck aus der Entscheidung nehmen."

Eine Frau steht vor einer Tafel, auf der Fragezeichen aufgemalt sind
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Glaubt man, die falsche Entscheidung getroffen zu haben, macht man diese beim Grübeln oft noch schlimmer. Theresia Kosicek sagt: "Das, was wir nach einer Entscheidung nicht mehr haben, glänzt und glitzert umso mehr, wenn es nicht mehr erreichbar ist. Hat man sich zum Beispiel von seinem Partner getrennt, hatte das damals sicher gute Gründe. Wenn dieser jetzt eine neue Partnerin hat, sind wir eifersüchtig, und er erscheint plötzlich wieder erstrebenswert." Ein typischer Fall von Glorifizierung des Vergangenen und von Dingen, auf die wir keinen Einfluss mehr haben. Manche Entscheidungen bereut man lange und bringt sich so um Lebensqualität. Laut Studien kostet allzu viel Reue sogar Lebenszeit, sie löst Stress aus und schwächt so auch das Immunsystem. Forscher der Harvard- Universität haben jedoch herausgefunden, dass man mit "falschen" Bauchentscheidungen besser fertigwird, als wenn man etwas tagelang durchgegrübelt hat.

Nur eine Entscheidung ist fix

Man könnte die meisten Lebensentscheidungen auch etwas leichter nehmen. "Was früher eine große Entscheidung war, bestimmt unser Leben heute nur noch für einige Jahre. Die lebenslange Ehe ist von der Lebensabschnittspartnerschaft abgelöst worden. Auch bei der Berufswahl oder Auslandsaufenthalten ist es heute oft so, dass man nicht dabei bleibt", sagt Christine Bauer- Jelinek. "Die einzige Entscheidung, die wirklich noch immer für das ganze Leben gilt, ist jene für Kinder. Die sind immer da. Alles andere muss man nicht so dramatisch sehen, aber natürlich gut überlegen."

»Versuchen Sie niemals, in einer Stresssituation oder einer Krise eine Entscheidung zu treffen.«

Gerade bei der Kinderentscheidung ist der gesellschaftliche Druck enorm. Frauen, die sich bewusst für Kinderlosigkeit entscheiden, verspüren oft einen Rechtfertigungsdruck. Sind sie selbstsüchtig, weil sie keinen kleinen Erhalter des Pensionssystems in die Welt gesetzt haben? Zumindest der Entscheidung Kind oder Karriere könnte man Druck nehmen, sagt Psychotherapeutin Bauer-Jelinek: "Kinder und Karriere gleichzeitig haben zu wollen, ist fast immer mit schlechtem Gewissen verbunden, weil es auf beiden Seiten nicht reicht. Dabei ist es ja nicht wahr, dass man weg vom Fenster ist, weil man wegen der Kinder zwei Jahre zu Hause bleibt. Die sind ja nur einmal klein. Und man muss ja nicht unbedingt im selben Job wieder einsteigen, sondern kann die Auszeit für Weiterbildung nützen. Das funktioniert."

Entscheiden ist jedenfalls besser, als sich treiben zu lassen, selbst wenn man manchmal danebentappt. Denn nichts bereut man mehr als eine nicht genutzte Chance.

Kommentare

Schnadahuepfl melden

Ja natürlich, alles, aber auch wirklich alles hängt vom "richtig" wählen ab! Wenn erst die blauen Wunderwuzzis werken, dann wird dies das Land wohl stärken! Am Stracheschen Wesen wird die Welt genesen... xD

christian95 melden

So kann es nicht mehr weiter gehen!
Rot und Schwarz fahren auf allen Ebenen diesen Staat an die Wand.
Unsere Sozialleistungen gehören nur mehr den moslemischen Asylanten, Frauen und Mädchen werden vergewaltigt, die Arbeitslosigkeit steigt, die Wirtschaft liegt danieder, die Staatsschulden explodieren in wenigen Jahren wir Wien eine moslemische Stadt.....

christian95 melden

Kein Staatsbürger bekommt € 4.000 ja sogar bis knapp € 6.000,- Mindestsicherung. Als "Asylwerber" - ich sage dazu Wirtschaftsflüchtling, ist im Rot-Grünen Wien alles möglich. Diesen Luxus müssen sämtliche Österreicher finanzieren!

Schnadahuepfl melden

Faszinierend, wie Du stets den Bogen zum absoluten Lieblingsthema spannst, Hauptsach, die Flüchtlinge sind an allem schuld. Deine Lügen sind leicht zu entkräften: http://www.vol.at/von-grundversorgung-bis-taschengeld-das-bekommen-asylwerber-wirklich/4356584

Wir brauchen weder Kopf noch Bauch oder Tipps von Experten.
Wer im Staat etwas verändern will, muss nur so wählen damit sich etwas ändert.

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