Martin Sellner klebte
Hakenkreuze an Synagoge

Aus einem Polizeiprotokoll von 2006, welches der "Kleinen Zeitung" vorliegt, geht hervor, dass der "Identitären"-Chef Martin Sellner Neonazi-Aktivitäten verstrickt war.

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Enthüllung - Martin Sellner klebte
Hakenkreuze an Synagoge

Was ist damals vorgefallen?

Wie die "Kleine Zeitung" berichtet, soll Sellner mit einem gleichaltrigen Gesinnungsgenossen Plakate mit einem Hakenkreuz und der Aufschrift "Legalisiert es" an der Außenmauer der Synagoge in Baden bei Wien angebracht.


Die Sicherheitsbehörden erstatteten Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Zwei Tatverdächtige konnten ermittelt werden, einer der beiden war Martin Sellner.

Auszug aus dem Protokoll

Der zweite Verdächtige gab anschließend laut Protokoll an: "Als Martin Sellner und ich in den Medien Berichte über die Verurteilung von Irving (Anm.: David Irving, bekannter britischer Holocaust-Leugner) hörten, beschlossen wir irgendetwas zu machen." Anschließend hätten sich die beiden am Josefsplatz in Baden getroffen. Sellner zeigte ihm anschließend einen Aufkleber mit einem Hakenkreuz darauf.

Sellner zeigte sich reuig

Und auch die "Legalisiert es"-Sticker habe Sellner mitgebracht. Beide zeigten sich im Zuge der Befragungen geständig. Aufgrund des Geständnisses und der gezeigten Reue, kam es außergerichtlich zu einer Einigung. Sellner musste anschließend 100 Stunden am jüdischen Friedhof in Baden Hilfsarbeiten verrichten.

Bereits im Grazer Identitären-Prozess 2018 war Sellners einschlägige Vergangenheit Thema gewesen. Der Richter sprach ihn auf seinen Kontakt zu rechtsradikalen Personen wie etwa Gottfried Küssel an, mit dem er auf einem Foto zu sehen ist. "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich in meiner Jugend in diesen Kreisen war, aber ich habe mich davon gelöst", beteuerte Sellner. "Aber das Foto stammt aus 2010 oder 2011. Das ist knapp vor der Gründung der IBÖ", warf der Richter ein. Sellner blieb dabei, dass er nun nichts mehr damit zu tun habe.

Sellner erhielt Spende von Christchurch-Attentäter

Der Identitären-Chef gelangte in den letzten Wochen erneut ins Visier der Justiz, nachdem der Attentäter des rechtsextremen Terroranschlags von Christchurch nur wenige Tage zuvor Sellner eine Spende in der Höhe von 1.500 Euro überwiesen hatte.


Immer wieder betonte er mit dem Attentäter keinen Kontakt gehabt zu haben und jegliche Gewalt zu verurteilen. Er sah sich in dieser Causa selbst als Opfer. Die neu aufgeflammte Debatte um die Identitären sorgt auch in der Regierung für einen Krach.

Sebastian Kurz reagiert auf "widerliche Enthüllungen"

Kurz reagierte bereits und erklärte: "Als österreichischer Bundeskanzler werde ich keine neonazistischen Umtriebe dulden."

Vizekanzler Strache beruhigt

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache betonte am Mittwoch (vor den Enthüllungen rund um Sellner und die Hakenkrueze an der Synagoge), dass er die Aufregung nicht verstehe – Identitäre hätten ein Funktionsverbot in der FPÖ – und die Berichtspflicht sei bereits vor über einem Jahr ausverhandelt worden.

Sellner: "Wollte provozieren"

Martin Sellner hat sich am Freitag in einem über zehnminütigen Online-Videomonolog für sein Hakenkreuz-Kleben im Jahr 2006 gerechtfertigt. Er habe provozieren wollen und sei damals "tatsächlich rassistisch, xenophob und antisemitisch" unterwegs gewesen. Mit dieser Ideologie habe er gebrochen, nicht aber mit seinem Patriotismus.

Er ortete eine Kampagne gegen sich. Diese "mediale Nazi-Trommelfeuer" werde weitergehen, "bis die FPÖ Wachs geworden ist in den Händen von Sebastian Kurz".

Sobotka: Kein Platz für Identitäre im Parlament

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) spricht sich ganz klar gegen identitäre Parlamentarier und auch Parlamentsmitarbeiter aus. "Es wird so was nicht geben können. Da muss man sich entscheiden", sagte Sobotka in einem Pressegespräch am Freitag in Wien. Jede Partei müsse hier "ganz klar einen Trennungsstrich machen", sagte Sobotka.

Einen solchen erkennt er auch bei der FPÖ. Parteiobmann Heinz-Christian Strache habe sich "sehr klar ausgedrückt, dass eine Mitgliedschaft bei den Identären und bei der FPÖ nicht kompatibel ist. Für mich geht's darum: Ist das, was gesagt wurde, auch umgesetzt?" Auf die Frage eines Journalisten, was passiere, wenn dem nicht so sei, antwortete der Nationalratspräsident: "Wir werden das mit Sicherheit aufzeigen. Das wird für mich nicht möglich sein, das zu tolerieren."

Beim Thema Radikalismus sei "jede Partei gefordert. Ich kenne genüg andere Sachen, wo zweifelhafte Kontakte auch von anderen Parteien schon aufgetreten sind", sagte Sobotka. "Radikalismus hat meiner Meinung nach in unseren derzeit demokratisch gewählten Parteien keinen Platz."