Einigung nach jahrelangem Streit: Neu-erungen im ÖBB-Dienstrecht im Überblick

Kündigungsschutz in Altverträgen bleibt unberührt

Fast auf den Tag genau drei Jahre lang haben Regierung, Gewerkschaft und Eisenbahner-Management über ein neues ÖBB-Dienstrecht gestritten. Jetzt dürfte das Thema endgültig erledigt sein.

Die Bilanz: Der mit 66 Stunden größte Eisenbahnerstreik der österreichischen Geschichte im Jahr 2003, der zumindest nach Regierungsangaben die ÖBB selbst 12 Mio. Euro und die heimische Volkswirtschaft fast 450 Mio. Euro gekostet hat, eine danach vereinbarte erste Reform 2004, die der ÖBB nach damaliger Rechnung längerfristig pro Jahr rund 100 Mio. Euro Einsparungen bringen sollte, und eine zweite Reform mit einem Einsparungseffekt von 17 bis 20 Mio. Euro, über die sich Vorstand und Gewerkschaft jetzt geeinigt haben.

Neuerliche Änderungen gibt es nun vor allem bei der Arbeitszeit und bei der Versetzung von Mitarbeitern. Der Kündigungsschutz für Eisenbahner mit alten Dienstverträgen, gegen dessen gesetzliche Lockerung die Gewerkschaft bis zuletzt mit neuerlichen Streiks gedroht hat, bleibt aber erhalten. Die Änderungen im Überblick:

Bei einer VERSCHIEBUNG DER DIENSTSCHICHTEN gegenüber dem ursprünglichen Dienstplan fallen derzeit einerseits Änderungszuschläge (Überstundenzuschlag) an, andererseits müssen Stunden, die geplant, aber in Folge der Veränderung nicht geleistet werden, bezahlt werden. In Zukunft können entfallende Stunden in einem Zeitraum von 72 Stunden nachgeholt werden. Einsparungspotenzial 12 bis 14 Mio. Euro.

Außerdem musste der konkrete DIENSTPLAN bisher spätestens 14 Tage vorher dem Mitarbeiter bekannt gegeben werden. Per Betriebsvereinbarung sollen diese Fristen jetzt auf bis zu einem Tag verkürzt werden. Das soll noch einmal 2 bis 3 Mio. Euro einsparen. Die MINDESTSCHICHTLÄNGE kann im Falle von Ausbildungsveranstaltungen und Arztbesuchen künftig auf unter 5 Stunden verkürzt werden. (Einsparungseffekt 1 bis 1,5 Mio. Euro).

RUHEZEITEN können künftig zwei Mal statt bisher ein Mal pro Woche auf sechs Stunden verkürzt werden. Durch Betriebsvereinbarung soll künftig bei besonders langen RUHEPAUSEN auf Nebenstrecken ein Teil als unbezahlt definiert werden.

Für ÜBERZÄHLIGE MITARBEITER wird ein neues WORKFORCE MANAGEMENT eingerichtet. Die ÖBB-Teilgesellschaften können Mitarbeiter künftig an diesen Bereich abgeben. Dort werden die Mitarbeiter weiter vermittelt, umgeschult oder auch "temporär zum Einsatz gebracht". Die DIENSTVERTRÄGE (Allgemeine Vertragsbestimmungen) werden dahingehend geändert, dass für die Eisenbahner, die dem Workforce Management zugeordnet sind, das "Beschäftigt-werden" künftig zu den Dienstpflichten zählt - heißt im Umkehrschluss, wer sich gegen eine ihm im Rahmen der Neuvermittlung zugeteilte Arbeit weigert, kann trotz Kündigungsschutz entlassen werden.

Bisher war eine "vorübergehende Verwendung" für den Zeitraum von maximal 13 Wochen zulässig, eine Versetzung auf "niedrigerwertige" Arbeitsplätze nur schwer und eine Vermittlung an einen Arbeitgeber außerhalb der Organisation gar nicht möglich. Auch in Zukunft kann eine Versetzung aber nur mit Zustimmung des Betriebsrates erfolgen.

Hintergrund der Dienstrechtsänderung ist der laufende Restrukturierungsprozesses innerhalb des ÖBB-Konzerns. Bis 2010 soll der Personalstand von zuletzt 46.000 auf unter 40.000 Mitarbeiter sinken. Gleichzeitig wollen die ÖBB die KRANKENSTÄNDE reduzieren. Durch ein Maßnahmenpaket soll die Krankenstandshäufigkeit auf ein "normales" Ausmaß reduziert werden. Im Vorjahr waren die ÖBB-Mitarbeiter im Durchschnitt 22 Tage im Krankenstand. (apa)