Eberharter-Linie hat Didier Cuche inspiriert:
Dank Videostudium zum Kitzbühel-Triumph

Genaue Linie Eberharters von '04 nicht mehr möglich Cuche mag Druck: "Lieber der Gejagte als der Jäger"

Die Hermann-Maier-Gondel hat ihn zum Start gebracht. Das intensive Studium der - heutzutage nicht mehr fahrbaren - Stephan-Eberharter-Linie von 2004 zum Abfahrtssieg geführt und damit dem Double auf der Streif. Der 35-jährige Schweizer Didier Cuche reist als großer Gejagter zu den Olympischen Spielen nach Kanada und fühlt sich wohl in dieser Rolle. Trotz Slalom-Einsatz am Sonntag wird Cuche in Kitzbühel am Samstagabend "ein bisserl" feiern, denn, das garantierte er, ein drittes Mal könne er heuer nicht gewinnen.

Eberharter-Linie hat Didier Cuche inspiriert:
Dank Videostudium zum Kitzbühel-Triumph

Am 24. Jänner 2004, bei strahlend schönem Winterwetter und damit identischen Verhältnissen wie am 23. Jänner 2010, raste Stephan Eberharter mit Startnummer 30 in 1:55,48 Minuten zu seinem zweiten Abfahrtssieg auf der Streif. Dem zweitplatzierten US-Amerikaner Daron Rahlves hatte der Tiroler 1,21 Sekunden abgenommen und nachher erzählt, dass er so richtig "on fire" gewesen sei. Eberharter hatte dem Hausberg eine Linie aufgezwungen, die für unmöglich zu fahren galt und niemand vor oder nach ihm je wieder riskiert hat.

Erfolgsrezept: Internetvideo
Auch Cuche am Samstag nicht, und das lag nicht daran, dass er es nicht hätte versuchen wollen. "Ich habe Steff nach dem Super-G gesehen und mit ihm gescherzt und gesagt, dass ich gerne seine Linie fahren würde. Aber das ist nicht mehr möglich, weil das Tor anders gesetzt ist, viel weiter außen, er ist ja extrem links gesprungen, ist die Kurve so eng gefahren. Ich habe im Training probiert, ein bisschen enger zu fahren, aber heute bei der Besichtigung entschieden, dass ich von hinten Schwung nach vorne nehme", erzählte Cuche.

Und dann verriet er, was er vergangenen Sommer gemacht hat. "Im Internet habe ich ein Video gefunden, das zeigt die Fahrt von Steff von der Zwischenzeit vor dem Hausberg bis zur Mitte der Traverse. Ich habe mir das sicher ungefähr 20 Mal angesehen, und dadurch ist wohl mein Engagement für diese Passage stärker geworden." Ein Engagement, das ihm den 13. Sieg seiner Karriere einbrachte, den vierten in Kitzbühel nach einer Sprintabfahrt (1998, zwei Durchgänge), einer leicht verkürzten Abfahrt (2008) und dem Super-G am Samstag. "Alle Siege hier sind speziell, aber der erste besonders, denn er gelang mir ein Jahr nach meinem Schien- und Wadenbeinbruch."

Lieber der Gejagte als der Jäger
Der Sturz von Michael Walchhofer hat Cuche nicht aus der Ruhe gebracht, überhaupt nicht nervös gewesen sei er am Start, sagte der gelernte Fleischhauer. "Ich habe einen guten Druck gespürt, und ich habe mich auch selbst unter Druck gesetzt", erklärte der Super-G-Weltmeister von Val d'Isere 2009. Die Erwartungshaltungen werden in Hinblick auf die Winterspiele noch größer werden, doch das macht ihm nichts aus. "Ich bin lieber der Gejagte als der Jäger, denn der Jäger ist immer unter Druck und eigentlich ist das unnötig. Ich bin lieber in der jetzigen Position, als dass ich um einen 20. Platz fahre und auf ein Wunder hoffen muss."

Locker und entspannt parlierte Cuche bei der internationalen Pressekonferenz und übernahm das Kommando beim Zurechtrücken der Mikrofone vor dem jeweils gefragten Läufer. Das brachte ihn auf eine lohnende Idee. "Das wird teuer, wenn man bedenkt, dass ich heute für 1:53,74 Minuten 70.000 Euro bekommen habe." Und einen Ratschlag für die Hahnenkamm-Bergbahnen hatte der Schweizer zum Abschluss auch noch parat. "Auf der Tafel in der Gondel von Hermann Maier fehlen viele Siege, das muss einmal aktualisiert werden."

(apa/red)