Dutzende Tote bei Kämpfen
in Ost-Ghouta und Afrin

Kranke und Verletzte verlassen Rebellenhochburg bei Damaskus

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Bei Luftangriffen der türkischen Armee nahe der Kurdenstadt Afrin im Norden wurden am Mittwoch zehn regierungstreue Kämpfer getötet, wie die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Die türkischen Bombardements hätten sich gegen einen Kontrollpunkt auf der einzigen Straße zwischen Afrin und Gebieten unter der Kontrolle von Syriens Machthaber Bashar al-Assad mit den Ortschaften Nubul und Sahraa gerichtet, erklärte die Beobachtungsstelle. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, bei einer "türkischen Aggression" auf den Ort Badina in der Kurdenregion Afrin seien mindestens neun Zivilisten getötet worden.

Zugleich rückte die türkische Armee weiter auf Afrin vor. Die Stadt mit ihren 350.000 Menschen werde "bis zum Ende des Tages" vollständig eingekreist sein, hieß es am Mittwoch aus dem Umfeld von Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Wenige Stunden zuvor hatte Erdogan in einer Rede vor Anhängern in Ankara noch einen militärischen Sieg im Laufe des Tages angekündigt. Die kurdische Seite hatte diese Äußerung als "Träumerei" zurückgewiesen. "Wir werden den Widerstand fortsetzen, was immer es kosten wird", sagte der Sprecher der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Afrin, Brosik Hassakah.

Die türkische Armee führt seit dem 20. Jänner eine Offensive gegen die YPG in Afrin. Ankara sieht in der YPG wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) eine Bedrohung. Assad schickte Truppen zur Unterstützung der YPG nach Afrin.

In der seit knapp einem Monat von syrischen Regierungstruppen belagerten Rebellenhochburg Ost-Ghouta verloren am Mittwoch bei Luftangriffen mindestens 25 Zivilisten ihr Leben, darunter drei Kinder, wie die Beobachtungsstelle mitteilte. Die Angriffe hätten syrische Streitkräfte und die mit diesen verbündete russische Armee ausgeführt. Zudem seien bei den Angriffen russischer Kampfflugzeuge zwölf Rebellen der Islamistengruppe Fajlak al-Rahman getötet worden. Moskau bestreitet eine Beteiligung an Luftangriffen in Ost-Ghouta. Bewaffnete Islamisten und Jihadisten beschießen von dort aus Wohnviertel in Damaskus.

Unterdessen haben Kranke, Verletzte und ihre Begleiter am Mittwoch den zweiten Tag in Folge die Rebellenenklave verlassen. Das gab ein Verantwortlicher des syrischen Roten Halbmonds bekannt. Die Hilfsorganisation koordiniert die am Dienstag gestartete humanitäre Evakuierung aus dem von der syrischen Armee bombardierten Gebiet. Bilder des syrischen Staatsfernsehens zeigten vor allem Alte, Frauen und Kinder, die einen sehr erschöpften Eindruck machten.

In der Stadt Duma versammelten sich am Morgen dutzende Menschen in einem Büro des Roten Halbmonds, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. In Krankenwagen wurden sie in einen von der Regierung kontrollierten Abschnitt gebracht. Jasser Delwan, der Chef des politischen Büros der islamistischen Rebellengruppe Jaish al-Islam, sagte der AFP, am Mittwoch würden "35 Patienten und ihre Begleiter" aus dem Kampfgebiet gebracht.

Am Dienstag hatten im Zuge "humanitärer Evakuierungen" bereits rund 150 Zivilisten Duma über den Kontrollpunkt Al-Wafidin verlassen. Tags zuvor hatte das UNO-Büro für die Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) gefordert, mehr als tausend Menschen müssten "aus medizinischen Gründen" dringend die Rebellenenklave verlassen.

Die humanitäre Lage ist katastrophal, es fehlt an Medikamenten und Lebensmitteln. Hilfslieferungen gelangen nur schwer in das umkämpfte Gebiet.

Seit dem Beginn der Offensive syrischer Regierungstruppen auf Ost-Ghouta vor rund drei Wochen sind laut der Beobachtungsstelle mehr als 1.200 Zivilisten getötet worden. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle bezieht ihre kaum nachprüfbaren Informationen nach eigenen Angaben von Aktivisten vor Ort.

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