Dubai: Einmal um die halbe Welt

Noch bis Ende März können Besucher in Dubai auf Weltreise gehen. 192 Pavillons laden auf der Weltausstellung Expo zum Staunen, Lernen und (Ver-)Wundern ein.

von Dubai: Einmal um die halbe Welt © Bild: Kathrin Gulnerits

Die Niederlande liegen direkt neben Singapur. Österreich und Afghanistan trennen nur ein paar Schritte und nach Japan geht es mit dem Golf- Caddy. Natürlich nicht im echten Leben, aber auf der Weltausstellung in Dubai rückt die Welt zumindest für ein halbes Jahr ein bisschen näher zusammen. Noch bis zum 31. März 2022 empfängt die Stadt am Persischen Golf Besucherinnen und Besucher bei der Expo 2020, die coronabedingt ein Jahr verspätet seit Oktober 2021 ihre Tore geöffnet hat. Sieben Milliarden US-Dollar wurden in die Ausstellung, die sich ausgerechnet in der Metropole der Superlative mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt, investiert. Doch die Pandemie scheint den Plänen in Hinblick auf die Besucherzahlen ein weiteres Mal einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die Zwischenbilanz zur Halbzeit fällt ernüchternd aus. Rund 25 Millionen Besucher sollte die erste Expo in einem arabischen Land anlocken. Tatsächlich kamen in den ersten drei Monaten gerade einmal acht Millionen Gäste.

© Kathrin Gulnerits 80.000 Pflanzen verwandeln den Pavillon von Singapur in eine Tropenoase

Großes Gedränge ist also auf dem 4,4 Quadratkilometer großen Messegelände, das bis vor ein paar Jahren noch eine karge Wüstenlandschaft war, nicht zu erwarten. Wer nur auf der Durchreise in Dubai ist, fährt vom Flughafen mit der Metro in rund 70 Minuten direkt auf das Ausstellungsgelände. Die Anreise von den Hotels in Downtown liegt bei rund 40 Minuten. Zutritt gibt es mit Impfung oder PCR-Test. Obendrein gilt eine Maskenpflicht auch im Freien.

Viel Show, wenig Inhalt

Einmal angekommen, hat man die Qual der Wahl: Saudi-Arabien oder USA? Australien oder Austria? Polen oder Frankreich? 192 Nationen präsentieren ihre Ideen zum Expo-Motto "Connecting Minds, Creating the Future". Doch der Blick hinter die vielen Ausstellungstüren zeigt: Diese Expo ist vor allem ein Schaulaufen und eine große Werbeshow. Die Mehrheit der Länder stellt sich mithilfe vieler bunter Filme und noch mehr Multimedia, Kunstnebel und Regenduschen, kulinarischen Köstlichkeiten und kitschigen Souvenirs vor allem in die touristische Auslage. "Wer bietet mehr?" lautet wohl das inoffizielle Motto dieser Weltausstellung.

Pavillons, die sich ernsthaft mit den Themen Nachhaltigkeit, Innovation und Mobilität auseinandersetzen, muss man suchen. Fündig wird der bildungshungrige Tourist bei den Deutschen. "Ich bin mir vorgekommen wie auf einem Parteitag der Grünen", stöhnt ein Besucher, der gerade den Pavillon verlassen hat. 58 Millionen Euro hat sich Deutschland seinen Auftritt in Dubai kosten lassen. Am Eingang des Pavillons, Pardon, "Campus Germany" schreiben sich die Besucher wie für ein Studium ein. In weiterer Folge wird nicht nur "geguckt", sondern vor allem gelernt. Es geht um das zukünftige Leben in Städten, Biodiversität und Lieferketten. Es gibt Labore, eine "Graduation Hall" und ein Bällebad. Und nach zwei Stunden locken Sauerbraten und deutsches Bier.

Sachertorte und Lederhose

© Kathrin Gulnerits Russland überrascht mit einem menschlichen Hirn als Multimediainstallation

Mit Kaiserschmarren, Sachertorte, Meinl- Kaffee und einem Kellner aus Kenia, aber natürlich in Lederhose lockt Österreich in sein aus 38 Betonkegeln bestehendes Ausstellungsareal. Im Inneren überraschen lehmverputze Wände und zwei Tonnen Zirbenholz. Berge und Seen sind nicht zu sehen, dafür hieroglyphenartige, in die Lehmwände eingeritzte Piktogramme, die Österreich in wenigen Strichzeichnungen charakterisieren sollen. "Wir spielen mit Österreich-Klischees. Wir wollen aber auch erstaunen", sagt Projektleiter Philipp Schramel. Ob die Rechnung aufgeht? Die Antworten der Besucher fallen durchwachsen aus. Schramel ist das bewusst. "Die Expo ist natürlich auch ein Kampf um die Aufmerksamkeit der Besucher. Wer eine Almhütte erwartet, wird wohl eher enttäuscht sein. Kurz reinkommen und Stempel holen ist auch okay." Gestempelt wird in einen gelben Expo-Reisepass, in dem alle besuchten Pavillons zur Erinnerung dokumentiert werden können.

Anstehen lohnt sich (nicht)

Von außen betrachtet sind fast alle Pavillons auf dem riesigen Gelände ein Hingucker. Was ihr Innenleben betrifft, ist die Weltausstellung aber vor allem eines: eine große Wundertüte. Nicht immer lohnt sich das (oft lange) Anstehen. In die Kategorie "langweilig" fällt etwa Australien. Mit einem landestypischen Handdesinfizierer, nämlich Weihrauch, wartet der Oman auf. Eine besonders heiße Angelegenheit ist die Warterei vor der Schweizer Niederlassung. Hier steht man in der prallen Sonne und obendrein vor einer überdimensionalen Spiegelfassade. Für Linderung sorgen Schirme, die während der (lohnenden) Wartezeit verteilt werden.

Mit einem witzigen Pavillon, in dem ebenfalls Regenschirme eine gewichtige Rolle spielen, tragen sich die Niederlande in die Expo-Geschichte ein. Kinder kommen am ehesten in Thailand auf ihre Kosten: Es stürmt, es riecht und es gibt viel Action. Wer keine Lust zum Gehen hat, sollte den USA einen Besuch abstatten. Hier führt ein Laufband durch die Ausstellung. Das meiste Grün in Form eines Tropenwaldes (und Nebelanlagen made in Austria) bietet Singapur. Durchaus ratlos lässt den Besucher Russland zurück. Mittelpunkt der Ausstellung ist nämlich ein überdimensionales Hirn.

© Kathrin Gulnerits Nachhaltig und luxuriös: das Sonara Camp vor den Toren der Glitzermetropole Dubai

Das Herz der Expo schlägt nur ein paar Gehminuten entfernt im Al-Wasl-Dom. Spätestens hier kann man sich nach seiner Weltreise (die Autorin dieser Zeilen hat an einem Tag knapp neun Kilometer zurückgelegt) vergewissern, dass man immer noch in Dubai, der Stadt der Superlative, ist. Die Kuppel in 70 Meter Höhe ist das architektonische Aushängeschild der Expo und zugleich eine 360-Grad-Projektionsfläche. Die Größte der Welt. Was sonst? Wo sonst?

FLUGVERBINDUNG
Expo-Ticket inklusive
Emirates bedient die Strecke Wien-Dubai/Dubai-Wien mit täglichen Nonstop-Flügen. Für Fluggäste, die nach oder via Dubai fliegen, ist in allen Buchungsklassen ein Expo-Tagespass im Flugpreis inkludiert. www.emirates.com

Der Beitrag erschien ursprünglich im News 05/2022.