Koalition der SPÖ
mit der FPÖ möglich?

Kanzleramtsminister Drozda: Position wird wohl im Juni festgelegt

Die SPÖ wird sich definitiv noch vor der Wahl festlegen, ob die FPÖ ein potenzieller Koalitionspartner sein kann oder nicht. Das betonte SP-Kanzleramtsminister Thomas Drozda am Dienstag in der ORF-"ZiB2". Es bleibe "selbstverständlich" dabei, dass die SPÖ noch vor der Wahl sagen werde, ob eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen bleibt oder nicht, so Drozda, der die Entscheidung im Juni erwartet.

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Neuwahlen - Koalition der SPÖ
mit der FPÖ möglich?

Drozda verwies darauf, dass SPÖ-Chef Christian Kern ja am Dienstag erneut betont hatte, dass die SPÖ ihre Bedingungen für Koalitionen anhand des noch zu beschließenden Kriterienkatalogs "zeitgerecht" formulieren und die Öffentlichkeit darüber informieren werde. "Wir werden das im Parteivorstand und im Präsidium besprechen und auf Basis des Kriterienkatalogs ganz klar machen - nämlich vor der Wahl klarmachen - ob wir eine derartige Koalition ausschließen oder nicht", sagte Drozda.

Bekannt gegeben werden dürfte die Entscheidung vermutlich bereits im kommenden Monat, meinte der rote Regierungskoordinator: "Nachdem der Parteivorstand jetzt Mitte Juni tagt, sich mit dem Kriterienkatalog beschäftigt, gehe ich davon aus, dass wir eher im Juni sein werden."

Debatte um Mitgliederbefragung

Zur SPÖ-internen Debatte um eine Mitgliederbefragung zu Koalitionen gab sich Drozda zurückhaltend: "Ich bin der Meinung, dass ein Parteivorsitzender, der mit 97 Prozent demokratisch legitimiert ist, auch das Pouvoir haben sollte, ein Koalitionsübereinkommen zu verhandeln. Und letztlich ist es ohnehin eine Sache, die der Parteivorstand zu beschließen hat." Gleichzeitig betonte er, er verschließe sich der Idee einer Abstimmung nicht. Letztlich sei das eine Frage, die im Parteipräsidium und im SP-Vorstand zu entscheiden sei.

Scharfe Kritik am Noch-Koalitionspartner

Scharfe Kritik übte Drozda an der ÖVP und sprach erneut die Differenzen an, die am Dienstag - etwa in Sachen Beschäftigungsbonus - wieder deutlich sichtbar wurden. Vor allem die seitens der ÖVP geäußerten Bedenken zur - für die Umsetzung der Bonus notwendigen - Förderrichtlinie missfiel dem Minister, der auf unterschiedliche Signale aus der ÖVP zu diesem Thema verwies. Der Ärger seiner Partei sei berechtigt, denn man habe es seitens der ÖVP "mit einer fortgesetzten Sache des Tarnens und Täuschens, der Scharaden und der Wolken zu tun", so Drozda.

Rot-Blaue Koalitionen bisher spärlich gesät

Die derzeit diskutierte mögliche Zusammenarbeit zwischen SPÖ und FPÖ nach der Nationalratswahl wäre zwar kein Novum, aber doch die klare Ausnahme. Auf Bundesebene kam es bisher erst einmal zu einer rot-blauen Koalition, nämlich 1983 unter SP-Chef Fred Sinowatz. Auf Landesebene arbeiteten FPÖ und SPÖ in Kärnten zwei Jahre lang zusammen und im Burgenland besteht seit 2015 eine SPÖ-FPÖ-Regierung.

Die einzige Koalition im Bund gab es noch vor der Zeit der deutlichen Abgrenzung der SPÖ gegenüber der FPÖ, die sich später auch in Parteitags-Beschlüssen äußerten, welche eine Koalition mit der FPÖ klar ausschlossen. Nach den Jahren der Alleinregierung der SPÖ (1971 bis 1983) verlor diese 1983 die Absolute. Der damalige SPÖ-Chef Bruno Kreisky übergab den Parteivorsitz an Sinowatz, und dieser ging die noch von Kreisky in die Wege geleitete rot-blaue Koalition mit Norbert Steger als FPÖ-Vizekanzler ein. Nach dem Sturz Stegers durch Jörg Haider 1986 beendete der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky die Zusammenarbeit mit den Blauen; seitdem lebte die SPÖ auf Bundesebene die Vranitzky-Doktrin der Abgrenzung zur FPÖ.

Zuvor hatte es auch schon eine Kooperation auf Bundesebene, wenn auch keine Koalition gegeben: 1970 unterstützte die FPÖ unter Friedrich Peter die SPÖ-Minderheitsregierung, die eineinhalb Jahre (bis zur Wahl 1971) hielt. Die Freiheitlichen bekamen im Gegenzug ein für sie günstigeres Wahlrecht.

Von Vranitzky eingeleitete Abgrenzung

Auf Landesebene kam es aber auch nach der von Vranitzky eingeleiteten Abgrenzung zur Zusammenarbeit. Kärntens SP-Landesparteichef Peter Ambrozy ging 2004 als Juniorpartner eine Zusammenarbeit mit Jörg Haiders FPÖ ein; der Pakt wurde in den frühen Morgenstunden des 13. März in einem Klagenfurter Traditionshotel mit italienischem Rotwein begossen, was ihr den Spitznamen "Chianti-Koalition" eintrug.

Dieser parteiintern höchst umstrittene Schritt stieß auf heftigen Widerstand. Beim 38. Ordentlichen SP-Parteitag am 30. November 2004 wurde ein Antrag der Sozialistischen Jugend (SJ), in dem von einem "Sündenfall Kärnten" die Rede war, beschlossen. Darin hieß es: "Keine Koalition mit einer rechtspopulistischen FPÖ". Die Koalition in Kärnten hielt bis 2006. Nach wiederholten Differenzen brach die Koalition zwischen SPÖ und den mittlerweile zum BZÖ mutierten Freiheitlichen, nachdem Gaby Schaunig ihren Vorgänger Ambrozy als Kärntner SPÖ-Vorsitzenden abgelöst hatte.

Rot-blaue Koalition im Burgenland

Aktuell besteht seit 2015 wieder eine - vor allem anfangs parteiintern heftig kritisierte - rot-blaue Koalition auf Landesebene. Nach dem Absturz der SPÖ bei der burgenländischen Landtagswahl von 48,3 auf 41,9 Prozent suchte Landesparteichef Hans Niessl die Zusammenarbeit mit der von Hans Tschürtz geführten Landes-FPÖ. Nach nur zwei Tagen Verhandlungen einigte man sich auf eine Koalition, die von roten Befürwortern einer Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen seitdem gerne als funktionierendes Musterbeispiel gepriesen wird.

Die Zusammenarbeit mit den Blauen steht freilich nicht nur im Widerspruch zum Parteitagsbeschluss von 2004, sondern auch zu jenem vom November 2014: In diesem jüngeren Antrag - eingebracht von der Jungen Generation am 43. Ordentlichen Bundesparteitag - wird die FPÖ als "rechtsextreme Partei" bezeichnet. Sie schaffe "durch irrationale Schuldzuweisungen fiktive Zusammenhänge und Feindbilder, die Menschen diskriminieren, verhetzen und so einen tiefen Keil in die Gesellschaft und die soziale Struktur treiben". Verwiesen wird auch auf die Vernetzung mit der "radikalen Rechten" in Europa. "Als Sozialdemokratische Partei ist es unsere antifaschistische Aufgabe, klar gegen diese Entwicklung und FPÖ-Verhetzung Stellung zu beziehen, uns in keinem Fall auf eine Kooperation einzulassen und die Fehlerhaftigkeit und Kurzschlüssigkeit in der FPÖ-Argumentation aufzuzeigen." Der entsprechende Beschluss lautete daher: "Die SPÖ spricht sich klar gegen eine Koalition mit der FPÖ auf allen politischen Ebenen aus."

Für deutlich weniger aufgewirbelten Staub sorgten und sorgen die rot-blauen Kooperationen auf kommunaler Ebene. So bestand etwa in der Klagenfurter Stadtregierung von 2009 bis 2012 eine zunächst orange-rote, später eine blau-rote Koalition. Und in Stockerau in Niederösterreich wurde im Februar 2015 nach den Gemeinderatswahlen eine rot-blaue "Kooperation" ins Leben gerufen. Die SPÖ sieht dies allerdings als "Arbeitsübereinkommen" mit der FPÖ und nicht als Koalition. Ein solches besteht auch in der Oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz. Man habe sich aber "nicht in einer Koalition aneinandergekettet", betonte SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger anlässlich der Präsentation des Übereinkommens im November 2015.

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