Die Millionen hinter
der Imam-Schule

Die Islamische Föderation hat in den vergangenen Jahren ein großes Immobilienvermögen zentral gebündelt - unter Mitwirkung der umstrittenen Millî-Görüş-Bewegung aus Deutschland.

von
Investigativ - Die Millionen hinter
der Imam-Schule

Hinter der vor einigen Tagen von der Schulbehörde angezeigten Imam-Schule in Wien steckt möglicherweise weit mehr, als es zunächst den Anschein hatte. News-Recherchen zeigen, dass es in den vergangenen Jahren eine enge wirtschaftliche Verbindung zwischen der Islamischen Föderation in Österreich, die hinter der Schule steht, und der umstrittenen türkisch-nationalistischen Millî-Görüş-Bewegung in Deutschland gab. In Zeiten, in denen über Auslandsfinanzierung von muslimischen Vereinen gemunkelt wird, wirft das heikle Fragen auf.

Es geht um ein Immobilienvermögen in Millionenhöhe, das seit 2014 im Verein IGMÖ - Immobiliengemeinschaft der Muslime in Österreich gebündelt wurde. Dem Verein gehören direkt zumindest zehn Liegenschaften in Salzburg, Oberösterreich und Wien. In der Bundeshauptstadt besitzt die IGMÖ das Grundstück, auf dem die Imam-Schule steht. Außerdem ist der Verein an einer Firma beteiligt, der wiederum ein Haus im zehnten Wiener Gemeindebezirk gehört. Zu fünf Immobilien in den Bundesländern liegen News Wertgutachten vor. Diese ergeben zusammen rund 1,9 Millionen Euro. Das Grundstück der Imam-Schule kaufte der Verein im Mai 2016 um 2,75 Millionen Euro. Und die erwähnte Firma, an der der Verein 99 Prozent der Anteile hält, wies Ende 2015 ein Anlagevermögen von 1,4 Millionen Euro aus. Das summiert sich auf rund sechs Millionen Euro - und es handelt sich dabei noch gar nicht um alle Immobilien.

"Transparente Verwaltung"

Laut Vereinsregister lenken vier Funktionäre diverser föderationsnaher Vereine die Geschicke der IGMÖ. Der Millionenkauf des Grundstücks für die Imam-Schule musste aber vom "Aufsichtsrat" abgesegnet werden. Und in diesem saß -neben Vertretern der Föderation aus Österreich - die oberste Führungsriege von Millî Görüş in Deutschland: deren Vorsitzender Kemal Ergün, deren Generalsekretär Bekir Altaş und deren Vizevorsitzender Hakkı Çiftçi (siehe Faksimile). In Vereinsregisterauszügen, die einige Wochen vorher bzw. nachher erstellt wurden, findet man freilich nur den Vorstand und nicht den brisanten Aufsichtsrat. Die IGMÖ wurde Ende 2013 gemeinsam von Vertretern der Föderation und der deutschen Millî-Görüş-Spitze gegründet. Die Föderation gilt als Österreich-Version von Millî Görüş. In der Folge erhielt die IGMÖ Grundstücke von lokalen Föderationsvereinen geschenkt. Manche davon sind mehrere hunderttausend Euro wert. Hat es dafür gar keine Gegenleistung gegeben? Hat vielleicht Millî Görüş aus Deutschland finanzielle Beiträge nach Österreich geleistet?

IGMÖ-Präsident Fatih Vural erklärt allgemein, die IGMÖ sei gegründet worden, um die jeweiligen Islamische-Föderation-Gemeinden von der Verwaltung der Liegenschaften zu entlasten. Den Gemeinden sei ein Nutzungsrecht eingeräumt worden. Viele Liegenschaften seien zuvor treuhänderisch von Privatpersonen -oft Obmännern -erworben worden, was auf Dauer zu rechtlichen Problemen führen hätte können. Die IGMÖ stehe als einheitlicher Rechtsträger für eine "fachlich qualifizierte, überschaubare und transparente Verwaltung der Liegenschaften". Fragen zu Millî Görüş ließ Vural unbeantwortet.

Bei Millî Görüş hieß es auf Anfrage, dass jene Vorstandsmitglieder, die die Fragen beantworten könnten, gerade auf Pilgerreise in Saudi-Arabien seien.