Die Krake Facebook

Immer vernetzt sein, alles teilen, was einen aufregt: Das Netzwerk Facebook wird von uns gefüttert -und nutzt das für sich aus

von Leitartikel - Die Krake Facebook © Bild: Matt Observe

Waren Sie heute schon online? Haben Sie sich schon vernetzt? Nutzen Sie Facebook wie Millionen andere Menschen auch? Stellen Sie Ihre Urlaubsfotos online und überhaupt vieles, was Ihr Herz bewegt? Dann sind Sie nicht allein. Mark Zuckerberg hat 2004 das soziale Netzwerk gegründet und seitdem mit Unmengen von Daten, die wir ihm zur Verfügung stellen, Milliarden gescheffelt. Mit dem bisherigen Höhepunkt im Jänner 2018, als Facebook an der Börse ein sogenanntes Allzeithoch erreichte. Seitdem befindet sich die Aktie des Netzwerkriesen allerdings im Sinkflug. Zu Recht. Weil vielen Facebook-Usern bewusst wurde, dass das Netzwerk keine Philanthropenveranstaltung ist, sondern eine knallharte Geldmaschine.

Die ganze Welt wollte Zuckerberg vernetzen. Aber gleichzeitig übernimmt er keine Verantwortung, auch wenn das in Inseraten in deutschen Zeitungen auf den ersten Blick gut klingen mag: "Es ist unsere Verantwortung, deine Informationen zu schützen. Wenn wir das nicht können, haben wir diese Verantwortung nicht verdient", sagt Mark Zuckerberg im Namen von Facebook.

Dass eine Quiz-App eines Wissenschaftlers 2014 die Daten von Millionen von Menschen weitergegeben hat, dafür entschuldigt sich der 33-Jährige und verspricht, "dass wir unsere Arbeit in Zukunft besser machen".


Facebook erinnert an Goethes Zauberlehrling. "Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los", sagt der Zauberlehrling zum Meister. Das berühmte Zitat zeigt auf, was uns von Seiten der künstlichen Intelligenz bevorsteht: Irgendwann werden die Maschinen uns in jeder Form ersetzen. Blöd genug stellen wir uns an, indem wir alles teilen: unsere Gefühle, unsere Freunde, unsere Meinungen. Hauptsache, wir sind wer. Sind wir wirklich wer, nur weil wir so großartig durch die Netze surfen? Ist das Individuum nicht mehr imstande, ein analoges Leben zu führen?

Plötzlich scheint es keinen Unterschied zwischen Wirklichkeit und Fiktion oder Fake News mehr zu geben. Das kommt auch daher, dass immer mehr Leute nur noch die Nachrichten zu lesen bekommen, die ihnen genehm sind. Das nennt man Manipulation. Und wir lassen sie zu und spielen mit. Dahinter steht der viel beschworene Algorithmus, der misst, was geteilt und gelesen wird. Und den Usern ähnliche Inhalte zuteilt. Dadurch entstehen sogenannte Echokammern, und wir lesen nur noch Dinge, die unsere Meinung untermauern. Wir haben also immer recht. Der Algorithmus kennt keine Moral. Er kann nicht zwischen wahren und falschen Nachrichten unterscheiden. Das ist gefährlich. Für die Demokratie. Für die Gesellschaft. Für uns alle.

Nicht zuletzt die -mit zu Unrecht verwendeten Daten von Millionen Facebook-Usern -erstellten Wählerprofile der britischen Beratungsfirma Cambridge Analytica sollen den US-amerikanischen Wahlkampf massiv beeinflusst haben und letztlich zum Sieg von Präsident Donald Trump geführt haben.

Darf es sein, dass ein Unternehmen die Welt derart beeinflusst? Kann es sein, dass große Konzerne wie Facebook weniger Steuern zahlen als viele kleinere Unternehmen? Wir brauchen nicht zu jammern, wir sind Teil des Systems. Aber jeder von uns kann etwas tun: den Riesen keine Chance mehr geben. Auch das nennt man Marktmacht.

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