Die lange Geschichte der Großen Koalition:
Dominanteste Regierungsform seit 1945

ÖVP stellte über 19 Jahre großkoalitionäre Kanzler Minderheitsregierung blieb bisher Ausnahmemodell

Die lange Geschichte der Großen Koalition:
Dominanteste Regierungsform seit 1945

Die fast 34 Jahre Große Koalition teilen sich in drei Abschnitten: Die erste Ära von 1947 bis 1966, in der die ÖVP durchgehend die Bundeskanzler stellte, die zweite von 1987 bis 2000, in der die SPÖ Kanzlerpartei war und jene seit 2007. Die ÖVP stellte damit 19,3 Jahre großkoalitionäre Kanzler, die SPÖ mit zuletzt Alfred Gusenbauer bisher 15 Jahre.

Konzentrationsregierung
Neben Allein- und Minderheitsregierung sowie großer und kleiner Koalition gab es in der Zweiten Republik auch eine kurze Zeit eine Konzentrationsregierung: Nach der ersten Wahl im November 1945 schlossen sich alle drei Parlamentsparteien ÖVP, SPÖ und KPÖ zur Regierung zusammen. Das hielt allerdings nur bis zum Jänner 1947.

Danach begann die lange Periode der ÖVP-geführten großen Koalitionen. Alle sechs nachfolgenden Nationalratswahlen brachten keiner der beiden Großparteien genug Stimmen, um allein zu regieren. Erst die Wahl am 6. März 1966 beendete die - damals schon recht zähe - Zusammenarbeit zwischen den beiden Großparteien. Zunächst dominierte die ÖVP: Die bisher einzige ÖVP-Alleinregierung wurde am 19. April 1966 angelobt.

Ära Bruno Kreisky
Sie konnte sich allerdings nur vier Jahre halten. Dann begann die Ära Bruno Kreiskys. Noch ohne absolute Mehrheit für die SPÖ riskierte er nach der Wahl 1970 zunächst eine Alleinregierung, mit Unterstützung der FPÖ. Nach nicht einmal zwei Jahren wurde im Oktober 1971 wieder gewählt. Die SPÖ bekam erstmals die absolute Mehrheit - und damit begann am 4. November 1971 die Phase der SPÖ-Alleinregierungen.

Sie hielt über zwei weitere Wahlen, 1975 und 1979. Erst die Wahl am 24. April 1983 zwang die SPÖ, eine Koalition einzugehen. Kreisky zog sich aus der Politik zurück und sein Nachfolger Fred Sinowatz entschied sich zunächst für die FPÖ. Deren Übernahme durch Jörg Haider im Oktober 1986 bewog den damaligen Kanzler Franz Vranitzky aber, in Neuwahlen zu gehen.

Nach dieser Wahl vom 23. November 1986 fanden sich SPÖ und ÖVP wieder zur Großen Koalition zusammen, die - diesmal unter den SPÖ-Kanzlern Vranitzky und Viktor Klima - bis 2000 hielt. Zusammengeschweißt wurde sie zunächst von einer strikten Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der Haider-FPÖ in beiden Parteien. Die schwand in der ÖVP unter dem 1995 gekürten neuen Parteichef Wolfgang Schüssel zusehends.

Dünne Mehrheit
Die Neuwahl 1995 brachte allerdings nur eine sehr dünne schwarz-blaue Mehrheit - und so wurde die Große Koalition noch einmal fortgesetzt. Erst nach der Wahl im Oktober 1999 konnte Schüssel aus der Zusammenarbeit mit der SPÖ ausbrechen. Es gelang ihm, Kanzler einer Koalition der nur mehr drittstärksten ÖVP mit der zweistärksten FPÖ zu werden. Diese Koalition scheiterte zwar - wegen schwerer Turbulenzen in der FPÖ - im Jahr 2002.

Dennoch fanden sich ÖVP und FPÖ am 28. Februar 2003 wieder zur zweiten schwarz-blauen Koalition zusammen. Die hielt dann die gesamte vierjährige Legislaturperiode durch, trotz der Spaltung der FPÖ im Jahr 2005. Da änderte sich nur die Farbe der Regierung: Sie wurde schwarz-orange. Die Spaltung der FPÖ führte aber dazu, dass nach der Wahl vom 1. Oktober 2006 keine rechts-konservative Mehrheit mehr zustande kam und die Große Koalition unter Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer wieder belebt wurde.

Die neue Große Koalition hielt allerdings nicht die vorgesehenen vier Jahre, sondern lediglich knappe zwei. Am 28. September wurde wieder gewählt - mit deutlichen Schlappen für die beiden Großkoalitionäre. Trotzdem wagte man erneut eine soclhe Regierungsform, für die erstmals fünf Jahre vorgesehen sind.
(apa/red)