Die Bier-Weltmeister mit Bezug zu Austria: Zahlreiche Tschechen spielten in Österreich

Eishockeynation, Atheisten und Schwejk-Bewunderer EU-Mitgliedschaft nach 40 Jahren Eisernem Vorhang

Obwohl die tschechische Nationalmannschaft bei der EURO 2008 in der Schweiz spielt, logiert sie in Österreich. Zwischen Österreich und Tschechien gibt es viele enge - auch sportliche - Verbindungen. Das zeigt sich allein an den Namensdurchmischungen. Namen wie Prohaska (zu deutsch: "Spaziergang"), Zeman ("Edelmann"), Cerny ("Schwarzer") oder Swoboda ("Freiheit") lassen auf tschechische Vorfahren schließen.

Die Bier-Weltmeister mit Bezug zu Austria: Zahlreiche Tschechen spielten in Österreich

Zahlreiche tschechische Fußballer haben in Österreich gespielt. So etwa der Star der CSSR-Europameister-Mannschaft von 1976, Antonin Panenka ("Püppchen") oder der Kapitän des legendären Wunderteams. Matthias Sindelar wurde als Matej im mährischen Kozlov (Kozlau bei Iglau) geboren. Der einzige Österreicher, der von sich behaupten kann, je in einem Fußball-WM-Finale gestanden zu sein, ist ebenfalls tschechischer Herkunft: Jozef Kadraba wurde mit dem tschechoslowakischen Nationalteam 1962 Vizeweltmeister, bevor er die österreichische Staatsbürgerschaft bekam.

Viele Tschechen kamen während der Habsburger Monarchie, "als Böhmen noch bei Öst'reich war". Ihre Zahl in der Reichshauptstadt zu Anfang des 20. Jahrhunderts wird auf etwa 250.000 bis 300.000 geschätzt. Damit war Wien damals die zweitgrößte tschechische Stadt Europas. Das tschechische Herz (Ceske srdce) begann 1925 in Wien zu schlagen. Ceske srdce - so nannten die Tschechen ihr neu gegründetes Stadion, das heutige Franz-Horr-Stadion der Austria.

Eine weitere große Einwanderungswelle nach dem Zweiten Weltkrieg war unfreiwillig und schmerzhaft. Die dritte folgte nach der Niederschlagung des "Prager Frühlings" Ende der 1960er. Zur Vertreibung der deutschsprachigen Mitbewohner sagen die Tschechen "Abschiebung". Die Zeit der Habsburger nennen sie "Finsternis". Und die Bezeichnung "Tschechei" hören sie noch heute nicht gern. Sie verbinden mit diesem Begriff aus den 1930ern die verhasste Nazi-Diktatur.

Gegenseitig auf den Wecker gehen
Die bilateralen Beziehungen waren trotz bzw. gerade wegen dieses Nahverhältnisses nie ganz ungetrübt. Historisch bedingte Vorurteile sind die Ursache dafür, dass Tschechen und Österreicher einander nicht die liebsten Nachbarn sind. Sie sind wohl auch nicht ganz unschuldig daran, dass es in der Politik mitunter zu Spannungen kommt. Siehe Temelin. "Wir sind einander so ähnlich, so verwandt, so benachbart, dass wir uns gegenseitig auf den Wecker gehen", sagt der tschechische Außenminister Karl Schwarzenberg.

Beide Nachbarländer sind mittlerweile wieder Mitglied eines gemeinsamen Raums ohne Grenzen. Für Tschechien bedeutet der Schengen-Beitritt, dass der Eiserne Vorhang endgültig gefallen ist. Jetzt hat das Land aufgeholt, die Fesseln von 40 Jahren Kommunismus abgeworfen. Tschechien, das am 1. Mai 2004 der EU beitrat und im ersten Halbjahr 2009 den EU-Vorsitz übernehmen wird, darf nun endlich die Grundfreiheiten der EU genießen. Das meint Premier Mirek Topolanek, für dessen konservative Partei sich im Wahlkampf übrigens ein Fußballer engagiert hat: Milan Baros.

Bier über alles
Wenn die tschechischen Fans während der Fußball-EM Milan Baros, Tomas Rosicky oder Petr Cech in "Rakousko" besuchen und mit dem typischen "Cesi, do toho!" ("Tschechen, los!") anfeuern wollen, dann müssen sie zwar die vorübergehend für die EURO 2008 wieder eingeführten Grenzkontrollen in Kauf nehmen. Ansonsten wird es ihnen in Österreich wohl kaum an etwas fehlen.

Eine Voraussetzung für das Wohlbefinden vieler Tschechen ist Bier. Das Getränk ist nicht nur Namensgeber für die Fußball-Nationalliga ("Gambrinus liga") oder die "Partei der Bierfreunde". Sondern die Tschechen sind auch "Weltmeister", was den Konsum des Hopfengebräus betrifft. An die 160 Liter trinkt jeder im Jahr davon. Der Österreich-Schnitt liegt bei 108. Dank steigender Exportzahlen gibt es Budweiser, Starobrno oder Kozel vermehrt auch in Österreich. Die Fans werden damit ebenso hierzulande "auf die Gesundheit" ("na zdravi") anstoßen können. Auch "typisch tschechische" Gerichte wie Schnitzel, Schweinsbraten oder Palatschinken werden sie in Österreich vorfinden.

"Strc prst srkz krk"
Die Tschechen sind außer beim Bier noch in anderen Bereichen führend. Ein Beispiel: Sie können einen Satz, der keinen einzigen Vokal enthält, problemlos aussprechen: "Strc prst srkz krk" (Steck den Finger durch den Hals). Oder: 60 Prozent der 10,2 Millionen Einwohner sind konfessionslos. Sie zählen damit zu den größten Atheisten Europas. Die Tschechen glauben eher an die Menschenrechte und bewundern mit der Romanfigur "Der brave Soldat Schwejk" einen gewitzten Anti-Helden. Und: Prag ist mit seinen vielen Türmen und Brücken eine der schönsten Hauptstädte der Welt. In der "goldenen" Metropole an der Moldau befindet sich außerdem Mitteleuropas älteste Universität, die Karls-Universität von 1348, - sowie das weltweit größte Stadion. Das Strahov-Stadion fasst 250.000 Menschen.

Sportlich gesehen gehören die Tschechen im Eishockey zu den Top-Nationen. Auch im Fußball sind sie Österreich überlegen. Das Freundschaftsspiel im August 2007 ging trotzdem unentschieden aus. Je ein Tor schossen damals Martin Harnik und Jan Koller. Harnik für Österreich, Koller für Tschechien: und wieder eine Namensdurchmischung.
(apa/red)