Dichand-Duftnote in Funke-Keynote

Der Gesellschafterstreit zwischen Funke-Gruppe und Familie Dichand behindert die "Kronen Zeitung" seit Jahrzehnten. Wie die Deutschen nun in Wien empfangen wurden, sichert noch keinen Westfälischen Frieden, signalisiert aber Veränderung.

von Medien & Menschen - Dichand-Duftnote in Funke-Keynote © Bild: Gleissfoto

Nach zwei Jahren Pandemie-Pause war der European Publishing Congress wieder in Wien, aber es kamen nur wenige Medien-Österreicher hin. Die Abwesenden haben eines der ungewöhnlichsten öffentlichen Zusammentreffen in der deutschsprachigen Branche versäumt. Denn die Keynote der Veranstaltung könnte den Schlüssel für mehr bedeuten: Verlegerin Julia Becker sprach über "Medien im Meinungskrieg". Und dabei lauschte ihr Herausgeber und Chefredakteur Christoph Dichand.

Sie ist Chefin der Funke-Gruppe, die über eine Tochterfirma die Hälfte an der "Krone" und 49,44 Prozent am "Kurier" hält. Diese Tageszeitungen bilden samt ihrem Rundherum von Kronehit über Schau TV bis "profil" die Mediaprint, Österreichs größtes Medienhaus hinter dem ORF. Der nach Bertelsmann und Springer drittgrößte deutsche private Medienkonzern sollte darin letztlich also am meisten zu sagen haben. Doch er befindet sich im Dauerrechtsstreit mit dem anderen "Krone"-Gesellschafter, der Familie Dichand (die Mehrheit des "Kurier" gehört Raiffeisen) und ihrem Sprecher Christoph.

Der auch per Gruppenfotos dokumentierte freundliche Kontakt zwischen den beiden Großverlagserben gilt allein wegen der jahrzehntelangen Auseinandersetzungen vor einem Schweizer Schiedsgericht als Sensation. Dabei hatten die Deutschen bisher meistens das Nachsehen gegenüber den Österreichern, die in ihrem Kleinformat nicht nur weit mehr als bloß die Hälfte zu sagen haben, sondern auch über eine millionenschwere jährliche Gewinngarantie verfügen -für die Dichands zu Lasten der Funkes.

Die Gruppe sorgt in ihrer Heimat aktuell vor allem wegen ihrer Rolle im dortigen Verlegerverband für Schlagzeilen. Sie forderte erst vergeblich den Rücktritt seines langjährigen Präsidenten, Springer-Chef Mathias Döpfner, um dann ihren Austritt aus dem BDZV anzukündigen. Erst danach entschloss sich Döpfner, im Herbst zu gehen. Seitdem herrscht Funkstille aus der Funke-Gruppe. Sie antwortet nicht auf Fragen, ob sie nun doch im Verband bleibt und ob Julia Becker als Nachfolgerin an seine Spitze will. Ihr Österreich-Auftritt könnte ein Signal sein: Frontbegradigung vor einem neuen Feldzug.

Sie versprühte in der Keynote eine entsprechende Duftnote: "Die Ausdünnung der Lokalredaktionen war ein Fehler". Das Eingeständnis ist einerseits auffallend, weil die "Krone" ihre journalistischen Personalstände in den Bundesländern immer stabil gehalten hat. Es ist andererseits bemerkenswert, weil die an Regionalzeitungen glaubenden Funke-Eigner den Digital-Vorreitern von Springer 2013 zahlreiche Blätter um fast eine Milliarde Euro abgenommen hatten. "Niemand wird gerne als Alt-Geschäft verkauft. Schon gar nicht an die Funke-Gruppe, die den Ruf hat, ihren Laden kaputt zu sparen", analysierte damals das "Handelsblatt". Michael Grabner, der Aufsichtsratschef von dessen Eigentümer DvH Medien (Holtzbrinck), saß nun während Beckers Rede in der ersten Reihe. Er hatte Ende der 1980er-Jahre noch als "Kurier"-Geschäftsführer die Mediaprint mitkonstruiert und geführt.

All dies geschah, während die Austro-Medienszene ein Tweet von "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser zur wirtschaftlichen Situation der Mediengruppe rund um "Österreich" und Wolfgang Fellner beschäftigte (der auch in den 1980ern ein Jahr in der "Kurier"-Geschäftsführung war). Was diese prompt mit der Ankündigung einer Klage wegen Kreditschädigung beantwortete. Die zeitliche Parallele zum Becker-Auftritt ist ein Zufall, obwohl "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand die Ehefrau von Christoph ist. Ebenso zufällig hat ein weiterer Mitspieler bei der Kongress-Kontaktanbahnung gefehlt: Der Tiroler Investor René Benko, zu dessen Firmenreich die wie Funke in Essen ansässige Karstadt/Kaufhof-Gruppe gehört, hält 49 Prozent an jener WAZ Auslands Holding GmbH, in der die Deutschen ihre österreichischen Beteiligungen verwalten. Seit diesem Einstieg 2018 war er noch mehr Dichand- Feindbild als die Ruhrpott-Verleger selbst. Die Zeiten ändern sich. Schneller denn je.