Cannabis in der
Medizin diskutiert

Entsprechende Produkte sollen für Schwerkranke von Krankenhassen bezahlt werden

In Deutschland sollen in Zukunft bestimmte Produkte auf Cannabisbasis (Blüten und Extrakte) für Schwerkranke verschreibbar und von den Krankenkassen bezahlt werden. Wie die Ärztezeitschrift "Medical Tribune" in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, plant das österreichische Gesundheitsministerium die Einrichtung eines Expertengremiums, um Situation und Entwicklung auf diesem Gebiet zu diskutieren.

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"Das Gremium soll im Frühjahr eingerichtet werden", bestätigte ein Sprecher des Ressorts. Die Zusammensetzung sei aber noch nicht fix. Es gehe darum, die bestehende Situation in Österreich zu diskutieren. Bisher gibt es ausschließlich Produkte aus pharmazeutischer Herstellung. Die allfällige Übernahme der Kosten dieser Arzneimittel erfolgt via chefärztlicher Bewilligung. In dem Gremium sollen dann aber auch die Erfahrungen in Deutschland erörtert werden. Nach Inkrafttreten der neuen Regelungen wird es eine wissenschaftliche Begleitstudie zur Cannabis-Verwendung geben.

Ob Cannabis oder Marihuana für medizinische Zwecke erhältlich sein sollen, ist international umstritten. "Cannabinoide haben einen in wissenschaftlichen Studien belegten schmerzlindernden Effekt bei Menschen, die an Krebserkrankungen leiden. Doch wissenschaftlich belegt ist das nur mit pharmazeutisch hergestellten Cannabinoid-Medikamenten", stellte dazu Hans-Georg Kress, Leiter der Abteilung für spezielle Anästhesie und Schmerztherapie (AKH/MedUni Wien), Vorstandsmitglied der Österreichischen Schmerzgesellschaft und Past President der Europäischen Schmerzförderation (EFIC), vor kurzem fest.

"Es macht deshalb keinen Sinn, Cannabis oder Marihuana für medizinische Zwecke einfach freizugeben. Hier fehlt der Nachweis der Überlegenheit gegenüber den in Studien getesteten Cannabinoiden", erklärte Kress. Ein hauptsächliches Anwendungsgebiet für Cannabinoide wie Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) ist die Behandlung von Krebspatienten, die trotz starker Opioide noch an Schmerzuständen leiden. Davon getrennt zu betrachten ist allerdings die Frage der Kostenübernahme für Präparate, die THC und/oder den zweiten Hauptinhaltsstoff von Cannabis, Cannabidiol (CBD), enthalten durch die Krankenkassen.

Die wichtigsten Fragen zur Cannabis-Freigabe

1. Wer bekommt Cannabis verschrieben?

Eine exakte Definition der Krankheitsbilder gibt es im neuen Gesetz nicht. Cannabis kann helfen gegen Spastiken bei Multipler Sklerose, chronischen Schmerzen bei Neuropathie, Rheuma oder Krebs. Es wirkt auch bei Appetitlosigkeit wegen Aids, Krebs oder Alzheimer oder bei Übelkeit nach Chemotherapien. Ein Arzt kann es auf Kosten der Krankenkassen verschreiben, wenn eine - laut Gesetz - "nicht ganz entfernt liegende Aussicht" auf eine positive Wirkung besteht. Die Patienten müssen - anonym - ihre Therapiedaten zur weiteren Erforschung der Cannabiswirkung zur Verfügung stellen.

Bisher haben bereits 1.020 Patienten eine Sondergenehmigung für Cannabis vom deutschen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erhalten. In der Regel müssen sie die Kosten aber selbst tragen. Zwei Patienten wurde zudem die Erlaubnis für den Eigenanbau von Cannabis erteilt. Mediziner schätzen, dass die Patientenzahlen zwar nach oben gehen werden, aber es im Ganzen doch Einzelfälle bleiben.

2. Wo wird medizinisches Cannabis angebaut?

Den Anbau soll eine beim BfArM angesiedelte Cannabisagentur regeln, sie soll das Cannabis dann kaufen und an Hersteller und Apotheken abgeben. Ein BfArM-Sprecher sagte, die Einrichtung der Agentur werde schon vorbereitet. "Ziel ist es, dass die Cannabisagentur ohne Verzögerung ihre Arbeit aufnehmen kann, wenn das Gesetz in Kraft tritt." Das soll im März sein.

Bis dies gewährleistet ist, soll die Versorgung mit Medizinalhanf durch Importe gewährleistet werden. Selbst anbauen dürfen Patienten Cannabis im Normalfall weiterhin nicht. Der Gesetzgeber begründet dies mit der "Gefahr von mangelnden Qualitäts-und Sicherheitskontrollmöglichkeiten". Eine Begleitstudie soll weitere Erkenntnisse über die Wirkung von Cannabis gewinnen. Dazu übermitteln die Ärzte künftig Daten etwa zu Diagnose, Therapie, Dosis und Nebenwirkungen anonymisiert an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.

3. Wie nehmen Patienten Cannabis zu sich?

Patienten bekommen das Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder als Extrakt. Öl aus Hanfpflanzen kann über eine Vorrichtung inhaliert werden. Mediziner berichten, dass manche Patienten angeben, Cannabis helfe ihnen am besten, wenn sie es rauchen.

4. Welche Nebenwirkungen hat Cannabis?

Cannabis kann abhängig machen, in seltenen Fällen in eine Psychose führen, außerdem können trockener Mund, Übelkeit, Schwindel und Müdigkeit auftreten. Vieles über medizinische Wirkungen ist noch nicht erforscht.

5. Wieso ist Cannabis in Österreich noch nicht freigegeben?

Ob Cannabis für medizinische Zwecke erhältlich sein soll, ist international umstritten. "Cannabinoide haben einen in wissenschaftlichen Studien belegten schmerzlindernden Effekt bei Menschen, die an Krebserkrankungen leiden. Doch wissenschaftlich belegt ist das nur mit pharmazeutisch hergestellten Cannabinoid-Medikamenten", stellte dazu Hans-Georg Kress, Leiter der Abteilung für spezielle Anästhesie und Schmerztherapie (AKH/MedUni Wien), Vorstandsmitglied der Österreichischen Schmerzgesellschaft und Past President der Europäischen Schmerzförderation (EFIC), fest. "Es macht deshalb keinen Sinn, Cannabis oder Marihuana für medizinische Zwecke einfach freizugeben. Hier fehlt der Nachweis der Überlegenheit gegenüber den in Studien getesteten Cannabinoiden. Und wir sollten in unserem Gesundheitswesen, das ja sonst auch auf die Kosten schaut, nur Medikamente verwenden und zahlen, für die eine Wirksamkeit gegeben ist", erklärte Kress.

© Video: News.at

In Österreich sei Cannabis immer noch als Suchtmittel stigmatisiert und für Patienten nur in synthetischer Form als teures Medikament erhältlich, das nur sehr eingeschränkt von der Krankenkasse bezahlt wird, kritisiert Gesundheitssprecherin Eva Mückstein. "Derzeit werden etwa beim Cannabismedikament Dronabinol nur 20 bis 30 Prozent der Kosten von der Krankenkasse ersetzt", erklärt sie. Das Medikament sei daher für viele Patienten unerschwinglich. "Ich fordere die Gesundheitspolitik auf, Cannabis nicht länger als Suchtmittel zu stigmatisieren und schwerkranken Menschen wie in Deutschland in natürlicher Form als Medizin zur Verfügung zu stellen", sagt Mückstein.

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