Deutschklassen: Kurz und
Strache verteidigten Pläne

Faßmann auch für zweites verpflichtendes Kindergartenjahr

Mit Kinderchorgesang sind am Dienstag Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) in der Grazer Volksschule Murfeld empfangen worden. Die Regierung will ihre Pläne zu neuen Deutschförderklassen unters Volk bringen. Die steirische Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner sowie Schuldirektorin Regina Hermann bestärkten sie.

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Schule - Deutschklassen: Kurz und
Strache verteidigten Pläne

Während Faßmann bei der Pressekonferenz das Vorhaben nochmals darlegte, unterstrichen Kurz und Strache die Sinnhaftigkeit der Klassen. Eine "Ghettoisierung" - wie sie Kritiker befürchten - wiesen sie entschieden von sich: "Diese Klassen helfen, unterstützen, fördern und verhindern eine spätere Ghettoisierung", verteidigte der Kanzler die Pläne. Das Modell stelle sicher, dass Kinder gefördert werden, um für den Regelunterricht "fit zu sein".

»Diese Klassen helfen, unterstützen, fördern und verhindern eine spätere Ghettoisierung«

Strache nannte Finnland als Vorbild und kritisierte, dass die Vorschläge der FPÖ in diese Richtung in den vergangenen Jahren nie umgesetzt worden seien. Außerdem merkte er an, dass die FPÖ nie "ganz getrennte Klassen" gefordert habe, sondern genügend Deutschkenntnisse vor Schuleintritt. Dem sei nun Rechnung getragen.

Noch keine Details zur Klassengröße

Faßmann zeigte sich überzeugt, dass die neuen Klassen einen finanziellen Mehraufwand mit sich bringen, doch der werde sich auszahlen. In punkto Klassengröße wollte er sich nach wie vor nicht festlegen: "Es werden keine Riesenklassen sein." Wie viele Kinder genau in den Klassen sein werden, wolle er nicht vor Ende der Verhandlungen sagen.

Wer überhaupt in diese Fördergruppen muss, soll in österreichweit einheitlichen Tests ermittelt werden. Diese sollen all jene Kinder absolvieren, bei denen die Lehrerschaft Zweifel an der Sprachbeherrschung hat. Laut Kurz könne es daher durchaus sein, dass auch Kinder mit deutscher Muttersprache gefördert werden müssen - wenngleich der Anteil wohl eher klein ausfallen werde.

45 Prozent der Schüler mit nicht deutscher Muttersprache

Ehe die Regierung sich den Fragen der Journalisten stellten, stellten sie sich den Autogrammwünschen der Kinder. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) führte die drei Regierungsmitglieder in die Schule und schilderte, dass der Anteil der Schüler mit nicht deutscher Muttersprache in Graz bei 45 Prozent liegt. "Wir verlangen aber, dass die, die zu uns kommen, die deutsche Sprache lernen", so der LH. Auch er erkenne keine Gefahr der "Ghettoisierung", denn gute Integration funktioniere über die Sprache.

»Wir verlangen, dass die, die zu uns kommen, die deutsche Sprache lernen«

Schuldirektorin Hermann erklärte, dass an ihrer Schule der Anteil der Kinder mit nicht deutscher Muttersprache genau den Grazer Schnitt von 45 Prozent treffe: Von ihren 180 Schülern haben 79 zu Hause eine andere Sprache gelernt. 36 von ihnen werden als außerordentliche Schüler geführt und werden bereits jetzt in Sprachstartgruppen gefördert: "Viele können sich zwar verständigen, sind aber mit dem Unterrichtsdeutsch heillos überfordert" so Hermann. Sie stehe den Plänen der Regierung positiv gegenüber, betonte aber auch, dass vor allem in der dritten und vierten Schulstufe derzeit noch wenig Stunden zur Verfügung stehen würden.

Faßmann brachte das zweite verpflichtende Kindergartenjahr ins Spiel, das er für "sinnvoll" erachte. Durch dieses sollen in der Schule noch weniger Kinder in die Deutschförderklassen müssen. Als Bildungsminister würden ihm somit die nächsten Projekte nicht ausgehen, merkte er an.

Meixner: Umsetzung der Deutschklassen realistisch

Bildungsdirektorin Meixner schätzte die Umsetzung der Deutschklassen als realistisch ein: "Wir haben die nötigen Kräfte in Form von Lehrern und Bewerbern dafür." Man wolle sich konkrete Anforderungen von Region zu Region und von Standort zu Standort genau anschauen. In punkto ausreichend Räumlichkeiten sehe sie in ländlichen Regionen keine Schwierigkeiten. Im urbanen Raum werde es aber sicher schwieriger, meinte sie. Es gehe aber vorrangig um die Frage der Umorganisation, denn es würden ja nicht mehr Schüler - deren Anzahl bleibe ja gleich.

»Wir haben die nötigen Kräfte in Form von Lehrern und Bewerbern dafür«

Meixner rechnet - bricht man die 300 Lehrer auf ganz Österreich herunter - mit 30 zusätzlichen Pädagogen für die Steiermark. Die könnten mit einer Mischung aus Volksschullehrern, Uni-Absolventen sowie Sondervertragslehrern (AHS-Professoren ohne Anstellung auf einer höheren Schule und Germanisten ohne Lehramt) bereitgestellt werden. Zurzeit stünden sechs in Deutsch geprüfte Absolventen einer Pädagogischen Hochschule für die Neue Mittelschule sowie 37 Sondervertragslehrer auf der Warteliste im Landesschulrat. Diese werden jedoch voraussichtlich für die Pensionierungen unter dem Jahr verwendet werden.

Vor den sichtlich aufgeregten Kindern der Schule bewegten sich die Minister auf eher gewohntem Terrain, denn sie gaben eifrig Autogramme. Strache hatte sogar seine eigenen Autogrammkarten mitgebracht und fleißig an die jauchzenden Schüler verteilt. Schützenhöfer dagegen wirkte angesichts der Autogrammwünsche der Kleinen entzückt. Während es bei der Sprache vielleicht bei manchen noch Defizite gibt, haben zumindest alle die Namen von Kanzler und Vizekanzler brav gelernt und konnten sie auf Anhieb nennen. Schwerer taten sie sich beim Bildungsminister und beim Landeshauptmann.

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