"Der Stürmer": "Ganz, ganz übles Hetzblatt"
und auch für NS-Zeit schon ein "Grenzfall"

Wochenzeitung erschien von 1923 bis ins Jahr 1945

Selbst für die damalige Zeit sei die von Julius Streicher im April 1923 gegründete Wochenzeitung ein "Grenzfall" gewesen, so Jagschitz. Ein Vergleich aus heutiger Zeit mit diesem Blatt zeige entweder von "außergewöhnlicher Ahnungslosigkeit" oder von "Geschmacklosigkeit", sagte der Historiker gegenüber der APA.

"Der Stürmer" erschien ab 1923 im "Völkischen Verlag Wohlem Härdel", damals noch mit einer Auflage von 2.000 bis 3.000 Stück. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten stieg auch die Stückzahl, 1933 betrug sie bereits mehr als 20.000 und stieg bis ins Jahr 1944 auf knapp 400.000 an. Die letzte Ausgabe des "Stürmers" erschien am 1. Februar 1945.

Das Blatt betrieb mit Karikaturen, Zeichnungen und Artikeln einen wüsten Antisemitismus. Berichte über pornografische Gräuelgeschichten, "Rassenschande" jüdischer Männer an arischen Frauen, Ritualmorde sowie Texte über das Schächten von Tieren waren an der Tagesordnung.

Auf der Titelseite wartete das Blatt mit bösartigen Karikaturen von Philipp Rupprecht auf. Der "Fips" genannte Karikaturist hatte den Typus des bekannten "Stürmerjuden" mit verzerrtem Gesicht und schiefer Nase geschaffen. Seit 1927 stand darüber hinaus im Fuße jeder Titelseite das Zitat des deutschnationalen Historikers Heinrich von Treitschke: "Die Juden sind unser Unglück!". In eigenen Rubriken wurden die Leser zu Denunziation von jüdischen Mitbürgern aufgerufen.

Der 1885 geborene "Stürmer"-Herausgeber Streicher gilt als einer der radikalsten Antisemiten der NSDAP. Er war Mitbegründer der Deutschsozialistischen Partei, die später mit der NSDAP verschmolz. 1923 nahm er am so genannten Hitler-Luddendorf-Putsch teil. 1928 wurde er Gauleiter der NSDAP in Franken, fünf Jahre später war er dann Mitglied des Reichstags. Streicher war maßgeblich am Zustandekommen der Nürnberger Rassengesetze beteiligt.

Nach internen Machtstreitigkeiten wurde er 1940 der Parteiämter enthoben. Adolf Hitler bestimmte jedoch, dass er den "Stürmer" weiter herausgeben durfte, auch den Gauleitertitel führte er weiter. 1946 wurde Streicher in Nürnberg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehenkt. (apa)