Der Papst im Kampf gegen Kommunismus: Er brachte den Eisernen Vorhang zu Fall

Polnischer Papst engagierte sich für Religionsfreiheit

Johannes Paul II. geht als Papst in die Geschichte ein, der den Eisernen Vorhang zu Fall gebracht hat. Der Pole Karol Wojtyla sei sich schon zu Beginn seines Pontifikates im Jahr 1978 seiner Rolle bewusst gewesen, die kommunistische Welt aus dem Gleichgewicht zu bringen, sagt Vatikan-Beobachter Sergio Trasatti. Bei seiner ersten Wallfahrt als katholisches Kirchenoberhaupt in den italienischen Pilgerort Assisi am 4. November 1978 fragte ein Gläubiger den neuen Papst: "Was wird aus der Kirche des Schweigens?" Nach kurzem Zögern antwortete der Papst, der als Priester die Untergrundkirche im kommunistischen Polen erlebt hatte: "Die Kirche des Schweigens gibt es heute nicht mehr. Sie spricht mit der Stimme des Papstes."

Diese spontane Antwort machte Johannes Paul II. zum Programm seiner Ostpolitik. Koste, was es wolle, versuchte er, der Ostkirche und den Katholiken in der damaligen Sowjetunion eine Stimme zu geben. Einige Kirchenmänner meinen, es sei Wojtylas Bestimmung gewesen, am Fall der Berliner Mauer und am Zusammenbruch der Sowjetunion beteiligt gewesen zu sein. Bei der ersten Papst-Audienz des letzten sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow am 1. Dezember 1989 soll der damalige Außenminister der UdSSR, Eduard Schewardnadse, eingeräumt haben, dass Johannes Paul II. möglicherweise die Hauptrolle beim Umbruch im Ostblock gepielt habe. Dies flüsterte Schewardnadse dem damaligen Staatssekretär Kardinal Agostino Casaroli bei einem Privatgespräch zu. Casaroli wiederum steckte es - ebenfalls bei "einer privaten Unterredung" - den Journalisten.

Das Engagement Johannes Pauls II. für die Religionsfreiheit im kommunistischen Ostblock hatte seine Wurzeln in seiner polnischen Heimat, wo 1981 in Danzig die freie Gewerkschaft Solidarnosc von Lech Walesa gegründet worden war. Der Papst übernahm die Schirmherrschaft für Solidarnosc und empfing Walesa im Vatikan, der zehn Jahre später Präsident Polens wurde. Immer wenn die Solidarnosc und die Ortskirche Polens bedroht wurden, trat Johannes Paul II. sonntags auf den Balkon des Petersdoms und verurteilte vor der Weltöffentlichkeit die Menschenrechtsverletzungen durch das kommunistische Regime.

Sogar in seiner Enzyklika "Centesimus annus" zum hundertsten Jahrestag der ersten großen Sozialenzyklika "Rerum novarum" ("Die neue Sache") von Papst Leo XIII. erinnert Johannes Paul II. daran, dass die tiefe Krise der Systeme, die sich als Herrschaft der Arbeiterklasse verstünden, mit der polnischen Bewegung im Namen der Solidarität angefangen habe.

Trotz seines Ensatzes für die Grundfreiheiten im ehemaligen Ostblock war Johannes Paul II. eigenen Angaben zufolge dann doch erstaunt, wie schnell der Eiserne Vorhang fiel. Ebenso wenig habe er erwartet, dass nach der Auflösung des Ostblocks lange Zeit unterdrückte Nationalismen erwachten. Noch weniger rechnete der Papst mit "Verteidigungsmaßnahmen" der orthodoxen Kirche, die der römischen Amtskirche "aggressiven Bekehrungseifer" vorwirft.

Nachdem sich der Osten geöffnet hatte, führte Johannes Paul II. schnell Bistümer und kirchliche Strukturen in den früheren kommunistischen Ländern ein. In der Ukraine forderte er von der orthodoxen Kirche die Rückgabe katholischer Besitztümer, die zu stalinistischer Herrschaft enteignet worden waren. Darauf reagierte die orthodoxe Kirche verärgert. Sie fror kurzerhand den ökumenischen Dialog ein und warf dem Papst sogar vor, die Situation im damaligen Bürgerkriegsland Jugoslawien noch verschlimmert zu haben: Vor der ganzen Welt erkannte das Kirchenoberhaupt die Unabhängigkeit früherer jugoslawischer Teilrepubliken an, allen voran die des katholischen Kroatien.

(apa/red)