Nach der Erstversorgung fährt der Schwimmstar schließlich wieder mit dem Taxi ins rund 26 Kilometer entfernte Rom ins Hotel Parco Tirreno in der Via Aurelia, das Quartier der österreichischen Schwimmnationalmannschaft, die seit einer Woche in der italienischen Hauptstadt um WM-Medaillen und Rekorde kämpft.
Der geprügelte Schwimmstar
Um elf Uhr Vormittag bittet Sponsor Ströck die Athleten und Funktionäre zu einem kleinen Abschiedsempfang. Alle sind erschienen an der Spitze Mirna Jukic, die einzige rot-weiß-rote Medaillengewinnerin (Bronze über 200 Meter Brust). Nur einer fehlt: Markus Rogan. Keiner in der Runde ahnt, welches Drama sich in der vergangenen Nacht rund um Österreichs erfolgreichsten Schwimmer aller Zeiten abgespielt hat. Zu diesem Zeitpunkt hat sich Rogan nur einem befreundeten Journalisten der Kronen Zeitung anvertraut, mit einer fast unglaublichen Geschichte: Er sei in der Nacht von vier Türstehern der Diskothek Shilling verprügelt worden, habe noch immer Schmerzen am ganzen Körper, fürchte, dass sein Knöchel ärger lädiert sei, und wolle sich deshalb in einer Klinik in Rom noch einmal durchchecken lassen.
Am frühen Nachmittag macht die Story über die angebliche Disco-Prügelei Rogans schön langsam die Runde. Verbandspräsident Paul Schauer verlässt überstürzt die WM-Abschiedsfeier im Foro Italico und fährt mit dem Taxi in die Villa Stuart, eine noble Privatklinik im Herzen der Stadt. Den Tipp habe er von italienischen Funktionärskollegen bekommen, sagt Schauer zu NEWS. Rogan selbst und dessen Privattrainer Paul Eder sind für den Präsidenten nämlich telefonisch unerreichbar.
Selbstfaller oder Randalierer?
Ab Montag früh überschlagen sich die Ereignisse. Während die österreichischen Zeitungen ihre Berichte über die angebliche Prügelorgie auf die Titelseiten rücken, meldet sich erstmals ein Sprecher der Diskothek via Il Messagero, eine römische Tageszeitung, zu Wort: Rogan sei in besagter Nacht vom Sicherheitspersonal höflich, aber bestimmt des Lokals verwiesen worden weil er mit einer Bierflasche in der Hand auf der Tanzfläche auffällig geworden sei und dadurch eine Gefährdung für die Sicherheit der Gäste dargestellt habe. Kurz darauf habe der Schwimmstar noch einmal versucht, in die Diskothek zurückzukehren, sei wiederum abgewiesen worden. Die Verletzungen habe er sich möglicherweise hinterher bei einem Sturz zugezogen.
Vermöbelt, wie Rogan behauptet, hätten ihn die Türsteher jedenfalls nicht, schon gar nicht zu viert und in einem abgesonderten Raum, wie der Österreicher das behaupte. Einen solchen Raum gebe es in der ganzen Anlage gar nicht. Außerdem sei Rogan in La Rotonda kein Unbekannter. Während der zwei Jahre, in denen er vor den Olympischen Spielen 2008 in Rom trainiert habe, sei er fast wie ein Stammgast gewesen.
Rogan-Bashing
In den österreichischen Internetforen setzt daraufhin ein regelrechtes Rogan-Bashing ein: Recht geschieht ihm, dem arroganten Kerl oder Endlich hat der Typ eines in die Goschen kriegt zählen noch zu den harmloseren Beiträgen über den Sportstar. Während sich Rogans Wiener Anwalt Mario Schiavon auf den Weg nach Rom macht und Schadenersatzforderungen gegen die Disco-Betreiber ankündigt, beginnt Berater Ronnie Leitgeb daheim in Wien mit den Aufräumarbeiten für den drohenden Image-Super-GAU. Leitgeb liegt seit Mittwoch vergangener Woche nach einem Bandscheibenvorfall selbst schwer bedient im Spital und kann mit dem nach wie vor unter Schock stehenden Schwimmstar nur per Mobiltelefon kommunizieren.
Keine Interviews
Erste Maßnahme: Vorerst gibts keine Rogan-Interviews mehr, stattdessen eine Persönliche Erklärung auf der Homepage (www.markus-rogan.at). Tenor: Auch wenn es aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen sei, nach dem ersten Rauswurf in die Diskothek zurückzukehren, rechtfertige dies noch lange nicht jene Selbstjustiz der Türsteher, deren Opfer er geworden sei. Aber auch die Gegenseite bleibt vorerst bei einem NEWS-Lokalaugenschein in Ostia und Rom bei ihrer Version und legt sogar noch eins drauf. Shilling-Sprecher Fabio Balini: Markus war an diesem Abend offensichtlich stark betrunken und ist in diesem Zustand offensichtlich dreieinhalb Meter in die Tiefe gesprungen. Dabei hat er sich wahrscheinlich diese Verletzungen zugezogen.
Für Rogans Fehlverhalten gebe es genug Zeugen, der Polizei habe man auch das Video einer Überwachungskamera übergeben, das das korrekte Verhalten der Sicherheitsleute beweisen könne.
Fehlende Zeugen
Markus Rogan hingegen kann wie es momentan aussieht keine Zeugen aufbieten, die seine Prügelversion stützen. In dem Raum, in dem er angeblich misshandelt wurde, waren nach seinen Angaben nur er und seine vier Peiniger. Und Videokameras habe er dort auch keine wahrgenommen. Die drei Teamkollegen und sein Trainer Paul Eder, die mit ihm in der Disco waren, habe er zu diesem Zeitpunkt längst aus den Augen verloren. Rückblende: Rogan, Eder und die Schwimmer Sebastian Stoss, Erwin Dokter und Martin Spitzer waren am Samstagnachmittag mit einem Mietauto von Rom aus in Richtung Ostia aufgebrochen, hatten zunächst am Privatstrand von La Rotonda entspannt und sich gegen 21 Uhr in eines der Restaurants zum Abendessen begeben. Gegen 23 Uhr sei man dann gemeinsam in die angrenzendeDiskothek hinübergewechselt, wo man sich aber bald in der tanzenden Menge verloren habe.
Sandra Kartik, Rom;
Tino Teller
Was die Discobetreiber zu den Vorwürfen sagen und wie sich die Prügelaffäre auf Rogans Karriere auswirkt, lesen Sie im NEWS 32/09!