Denn die Rabatte, die sich Käufer vom Erwerb einer Karte versprechen, werden manchmal lediglich durch höhere Preise erkauft, erst durch den Kartennachlass geht der Preis wieder auf das marktübliche Niveau zurück.
Auch die Strategie, dass die Kunden durch die Karte veranlasst werden sollen, häufiger und mehr bei ihren Kartenunternehmen einzukaufen, scheint voll aufzugehen. Laut einer Befragung des Marktforschungsunternehmens Nielsen im vergangenen Jahr kauft ein Viertel der Befragten seit Besitz der Kundenkarte häufiger beim jeweiligen Unternehmen ein. Und sogar bei der Menge spielen die Konsumenten brav mit: Wenn als spezielle Mitgliederaktion 3 zum Preis von 2 angeboten werden, wird zugegriffen, auch wenn man platz- und esstechnisch nicht weiß, wohin mit so viel.
Mickrige Rabatte für viel Treue
Weiters schön für den Handel ist: Es wird weniger verglichen. Offenbar greift die aus Werbesicht erfolgreiche Suggestion, dass man mit Kundenkarte prinzipiell günstiger dran sei. Dem ist nicht so. So waren zum Beispiel bei einem Preisvergleich der Arbeiterkammer im November vergangenen Jahres 11 Prozent der Billa-Vorteilsclub-Angebote teurer als die gleichen Produkte bei anderen Drogerie- und Supermärkten.
Wie durchschaubar wollen Sie sein?
Viele Konsumenten geben im Geschäft bei der Aussicht auf ein paar Euro Ersparnis bereitwillig ihre Daten weiter. Selbst was man den Nachbarn oder der Verwandtschaft nie auf die Nase binden würde, wird gegenüber Unbekannten freizügig bekannt gegeben: angefangen von Name, Adresse und Geburtsdatum über Beruf, Einkommen und Familienstand bis hin zu persönlichen Vorlieben, Hobbys und der Körbchengröße.
Zu den teils viel zu umfangreichen Anmeldedaten kommen schließlich die detaillierten Informationen über die Kaufgewohnheiten des Karteninhabers. Über die Jahre ergibt das ein rundum stichhaltiges Interessenprofil: von den Büchern und Zeitschriften, die jemand liest, über häufig konsumierte Nahrungs- und Genussmittel bis hin zu Körperpflege und Unterwäsche.
Sag niemals nie!
Na und, lautet eine oft gehörte Reaktion, wo liegt das Problem, wenn jemand weiß, dass ich am 2. Juni um 17:30 Uhr bei BIPA Zahnseide gekauft habe? Stimmt. Richtig spannend und wertvoll werden die Tausenden gesammelten Informationen über einen Menschen erst im Gesamtpaket, wenn es darum geht, maßgeschneiderte Marketingmaßnahmen zu entwickeln und so den Zugangscode zum einzelnen Kunden zu knacken. Richtig Geld machen lässt sich mit den privaten Daten auch durch den Weiterverkauf an vielerlei Interessierte wie Marketing- und Direktmail-Firmen, Werbeunternehmen oder Sag niemals nie!, wie es schon bei James Bond heißt an Behörden und Regierungen. Dann geht es nicht mehr nur um die mehr oder weniger erwünschte Werbeflut, sondern um mögliche massive Eingriffe in die Privatsphäre jedes Einzelnen; zum Beispiel wenn ein Unternehmen Jobs zu vergeben hat und wissen will, wie gesund und leistungsfähig die Bewerber sind; wenn ein Versicherer überprüft, wie viel Alkohol potenzielle Kunden regelmäßig erwerben, und so fort.
Es geht auch anders
Zusammengefasst könnte man aus Sicht der Kunden also sagen: Kundenkarten = oft wenig Bonus für viel Info. Dabei ist Kundenbindung auch auf andere Weise möglich, zum Beispiel mit Gutscheinheften oder Treuemarken. Hier werden Stammkunden anonym und ohne ihre Daten preisgeben zu müssen mit Gratisprodukten oder vergünstigten Warenangeboten belohnt.
Wahrscheinlicher ist aber in naher Zukunft noch mehr Intransparenz für den Kunden: Die klassischen Firmenkundenkarten sind ausgereizt, im Trend liegen Kundenkarten mit Zahlungsfunktion oder Karten mit komplizierten Bedingungen, die gleich in mehreren Unternehmen einsetzbar sind (etwa Lyoness). Das Problem daran ist, dass sich kaum noch durchschauen lässt, wer hier der Vertragspartner ist. Und wie die Erfahrung zeigt, bleiben Konsumenten bei solchen Konstrukten mit Reklamationen regelmäßig auf der Strecke.