Das ‚Gegackere & Gekrähe‘ eines Volksanwalts

Ewald Stadler ist für die FPÖ unersetzbar. Ideologisch sowieso, denn nur wenige Altfreiheitliche verkünden noch die reine Rechts-Lehre in so unverfälschter Manier wie er. Stadlers Glaubensfundament ist ultramontan – weit jenseitig aller konziliaren Weiterentwicklungen. Und sein Politverständnis ist das von vorgestern – ultranational und grenzwertig. Mit dem erzwungenen Abgang von Bischof Kurt Krenn hat Stadler zwar einen wichtigen Mitstreiter in kirchlichen Belangen verloren, mit der Wahl von Heinz-Christian Strache ist ihm aber ein Mächtiger als Zwangsverbündeter zugefallen. Zwar ist Stadler sogar dem Rechten Strache zu radikal – im Vorfeld einer (fürs rechte Lager) dramatischen Nationalratswahl sind weitere Zersplitterungen aber kontraproduktiv. Also machte Strache aus der Not eine Tugend und den auch ihm unheimlichen Stadler zu einem der FPÖ-Spitzenkandidaten.

Mit der Aufsplittung in drei Parteien – FPÖ, BZÖ und H.-P. Martin – gehen den einzelnen Gruppen des rechten Lagers die Mandatsstimmen verloren. Da die Summe der einschlägigen WählerInnen angesichts des relativ stabilen Zustandes der Republik wohl nicht übertrieben wachsen wird, findet zwangsläufig eine Umverteilung, nämlich hauptsächlich unter Derengleichen, statt. Bestenfalls kann noch zusätzlich im Reservoir frustrierter Bawag-ÖGB-SPÖ-Enttäuschter gefischt werden – dass dieses Potenzial aber ausreichen wird, die Strache-Westenthaler-Martin-Kandidaten ins Parlament zu bringen, muss ernsthaft bezweifelt werden. Verständlich also, dass um jede einzelne Stimme mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln gekämpft wird. Die Nominierung des militant rechten Ideologen Ewald Stadler an prominenter Stelle der FPÖ-Liste ist der Beweis dafür, dass Strache die allerletzten Reserven zu mobilisieren bereit ist. Was übrigens fatal an die FPÖ des Jahres 1986 erinnert – auch Haider holte sich diese Stimmen.

Indessen ist Ewald Stadler aber nicht ein x-beliebiger Parteikandidat, sondern gleichzeitig auch noch ein überparteilicher Volksanwalt. Als solchem stehen ihm der Apparat seines Amtes wie auch die Auftrittsmöglichkeit im ORF zur Verfügung.

Und gezahlt wird die Wahlkampfzeit vom Steuerzahler. – Alles ist für die FPÖ ein unbezahlbares Asset: Einem engagierten Kämpfer gegen das Unrecht, dessen mediale Auftritte bisher nachhaltigen Eindruck hinterließen, gibt möglicherweise gar mancher Protestwillige in der Wahlzelle seine Stimme. Zumal der Durchschnittsbürger im Detail zwischen FPÖ und BZÖ, zwischen Amt und Funktion ja ohnehin nicht mehr unterscheiden kann.

In mehreren Interviews verwies Stadler darauf, dass die Verfassung keinem Volksanwalt verbietet, für den Nationalrat zu kandidieren. Schließlich habe seine Exkollegin Ingrid Korosec 2001 auch als aktive Ombudsfrau für die Wiener ÖVP wahlgekämpft und ihr überparteiliches Amt erst dann zurückgelegt, als sie in den Wiener Gemeinderat-Landtag einzog. Er, Stadler, schere sich also keinen Deut um „dieses Gegackere und Gekrähe, mit dem anderes behauptet wird“.

Bedauerlicherweise ist Stadler völlig im Recht. Es gibt tatsächlich keine verfassungsrechtlichen Einschränkungen. Dennoch ist die Durchführung eines Wahlkampfes in eigener Sache für einen aktiven Volksanwalt inkompatibel mit jedem politischen Anstand. Weil den Mitbewerbern die Bühne der Volksanwaltschaft eben nicht zur Verfügung steht. Das nächste Parlament sollte also schleunigst die Verfassung ändern – und die Überparteilichkeit der Volksanwaltschaft festigen.