Ganz in Blau

Wie könnte eine blau eingefärbte Stadt tatsächlich aussehen? Eine Analyse

von Strache und Gudenus © Bild: News/Michael Appelt

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Soziales: Ein echter Wiener geht nicht betteln

Schöner, lebenswerter, sicherer und gerechter" soll Wien werden, wenn die Blauen mitregieren. Das sagt jedenfalls Anton Mahdalik, Landesparteisekretär und Pressechef der Wiener FPÖ. Gelingen soll das etwa über Änderungen bei der Sozialpolitik.

"400.000 Menschen leben in Wien in Armut oder an der Armutsgrenze, 100.000 Kinder sind davon betroffen", ließ Klubchef Johann Gudenus erst vor einem Monat aussenden. Die freiheitliche Antwort darauf: Änderungen bei der Mindestsicherung.

Wer in Wien weniger als 827 Euro im Monat verdient, bekommt die Differenz als Mindestsicherung ausbezahlt. Bei Paaren sind es 620 Euro pro Person. Wer gar nichts verdient und auch sonst nachweislich kein Vermögen besitzt, bekommt den vollen Betrag. Anspruch darauf haben nicht nur Österreicher, sondern auch Nichtösterreicher, sofern sie seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig hier leben. Und genau das ist der FPÖ ein Dorn im Auge. In Wien haben ein Drittel der Mindestsicherungsbezieher keinen österreichischen Pass. Etwa 80 Prozent von ihnen bekommen allerdings nicht den gesamten Betrag, sondern stocken ihr Einkommen durch die Mindestsicherung auf das Existenzminimum auf.

Geht es nach der FPÖ, sollen Zuwanderer in Zukunft gar keine Mindestsicherung mehr bekommen. Ob das verfassungskonform ist, müssten die Gerichte klären. Wie sich die Stadt dadurch verändern würde, lässt sich aber schon heute abschätzen. "Arme Nichtösterreicher könnten sich nur mehr in wenigen Stadtteilen eine Wohnung leisten", sagt Armutsexperte Martin Schenk von der Diakonie. "In diesen Stadtteilen würde sich Armut dann konzentrieren. Ghettos würden entstehen, wie sie Wien derzeit nicht kennt." Eine Spirale nach unten würde in Gang gesetzt: "In armen Gegenden sind die Schulen schlechter, die Leute werden öfter krank, und die Kriminalität ist höher", sagt Schenk.

Auch andere FPÖ-Pläne könnten eine Ghettobildung begünstigen. In bestimmten Regionen -in der Innenstadt, vor dem Rathaus, beim Schottentor, am Karlsplatz und auf der Mariahilfer Straße -soll Betteln illegal werden, falls die Blauen regieren dürfen. "Für Touristen ist das kein schöner Anblick, für Wiener belästigend", sagt Anton Mahdalik.

Auch Obdachlose oder Drogenkranke will die FPÖ nicht "mitten in der Stadt in unmittelbarer Nähe zahlreicher Schulen und Kindergärten" sehen. Letzten November mobilisierte der blaue Stadtrat David Lasar mit diesem Argument gegen ein Drogenberatungszentrum am Alsergrund, heuer im Juli die Nationalratsabgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein gegen eine Notschlafstelle in Ottakring.

Martin Schenk kritisiert, dass man damit soziale Probleme nicht löse. Die Mindestsicherung auf Staatsbürger zu beschränken, erinnere ihn an das rassistische Apartheidsystem Südafrikas. "Menschen ohne österreichischen Pass hätten nach wie vor alle Pflichten. Sie dürften hier wohnen, arbeiten und müssten Steuern zahlen, aber sie wären vom Sozialsystem ausgeschlossen."

Dem hält die FPÖ entgegen, dass sie ein eigenes Sozialsystem für Nichtösterreicher einführen würde. Diese sollten dann nur das bekommen, was sie auch einzahlen. Paradoxerweise könnten ausgerechnet Zuwanderer davon profitieren. Denn laut einer Studie des Sozialministeriums zahlt gerade diese Gruppe mehr in das Sozialsystem ein, als sie herausbekommt. Ein eigener Topf für Nichtstaatsbürger könnte daher auf Kosten derjenigen Menschen gehen, die der FPÖ besonders wichtig sind: der Österreicher.

Wohnen: Der Gemeindebau-Schmäh

Wien wächst und wird das in den nächsten Jahren weiterhin tun. Um 20.000 bis 25.000 Menschen wird die Bevölkerung künftig jedes Jahr steigen. Heinz-Christian Strache verspricht daher, sollte er Bürgermeister werden, jedes Jahr 5.000 neue Gemeindewohnungen und 5.000 weitere geförderte Wohnungen bauen zu lassen. Wie diese Bauoffensive finanziert werden soll, ist unklar. Mit dieser Ansage macht Strache dem Roten Wien der Zwischenkriegszeit Konkurrenz. Damals wurden in den elf Jahren zwischen 1923 und 1934 insgesamt 64.000 kommunale Wohnungen gebaut. In den 60er-Jahren entstanden im Schnitt 9.000 neue Gemeindewohnungen pro Jahr.

Im Jahr 2004 wurde der bis dato letzte Gemeindebau errichtet. Weil Gemeindebauten speziellen Vergabemodalitäten unterliegen und sehr kostenintensiv sind, verlagerte die Stadt ihr Wohnbaubudget in Richtung gemeinnützige Genossenschaften. Neue Gemeindewohnungen gab es zwar keine mehr, stattdessen aber geförderte Mietwohnungen. Für Mieter macht das oft keinen großen Unterschied. Die Mieten sind im geförderten Wohnbau zwar geringfügig höher, der Wohnstandard ist es allerdings auch. Für die Stadt sind Gemeindewohnungen aber langfristig sinnvoll: "Die Investitionskosten sind zwar höher, aber Gemeindebauten bleiben im Eigentum der Stadt", sagt Michael Klein vom Institut für Architektur der TU Wien.

Weniger gebaut wurde durch die Verlagerung auf gemeinnützige Bauträger übrigens nicht. 2014 wurden 7.273 neue geförderte Wohnungen bezogen. Heuer sollen es ähnlich viele werden. Die 10.000 versprochenen Wohnungen einer blauen Stadtregierung würden also - falls sie sich finanzieren lassen -einen gewissen Unterschied machen. Dazu wünscht sich die FPÖ noch: "Gemeindewohnungen soll es nur für Österreicher geben", sagt Mahdalik. Das war in der Vergangenheit so, bis 2006 eine EU-Richtlinie in Kraft trat, die diese Praxis für rechtswidrig erklärte. Darüber könnte sich selbst ein Bürgermeister Strache nicht hinwegsetzen.

Filz: Unser Geld für unsre Leut'

Ein Strategiepapier der Wiener FPÖ vom November kritisiert die gängige Wiener Praxis, kommunale Aufgaben in Tochterunternehmen auszulagern, scharf: "Die Wiener SPÖ missbraucht diese privatisierten Betriebe als Vehikel, um Finanzströme und Schulden zu verschleiern und gleichzeitig Günstlinge mit Top-Jobs zu versorgen." Postenschacherei wirft Strache im selben Papier auch den Grünen vor. Posteninteressierte aus den eigenen Reihen werden hingegen als Zeichen der Verjüngung präsentiert.

Vergangenen Sommer wollte die Wiener FPÖ den damals 21-jährigen Jusstudenten und schlagenden Burschenschafter Maximilian Krauss zum stellvertretenden Stadtschulratspräsidenten nominieren - ein mit 4.400 Euro monatlich hochbezahlter Ehrentitel. Denn der Vize darf nur Akten einsehen und beraten. Bürgermeister Michael Häupl verweigerte Krauss' Bestellung. Damit wollte sich dieser aber nicht abfinden und klagte 12.459 Euro Verdienstentgang ein. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Beschwerde ab.

Sicherheit: Her mit der Kieberei!

Zusätzlich zu rund 1.700 neuen Polizisten soll in der blauen Politutopie eine Einheit von 5.000 Beamten als Sicherheitswacht die Wiener Polizei unterstützen, auf der Straße und bei Schreibarbeiten gleichermaßen. Unterstellt wäre sie dem neuen Sicherheitsstadtrat: Heinz-Christian Strache. Der große Haken an dem blauen Sicherheitskonzept ist, dass die Polizei nicht der Stadtregierung, sondern dem Innenministerium unterstellt ist. Und woher das nötige Geld dafür kommen soll, weiß man auch nicht so genau. Auch die versprochene "Soko gegen Islamismus" wäre Sache der Innenministerin und nicht des Wiener Bürgermeisters. Worin der Unterschied zwischen dieser Soko und dem bereits existierenden Verfassungsschutz bestünde, kann Landesparteisekretär Anton Mahdalik nicht erklären. Tatsächlich arbeiten bei der Wiener Polizei bereits mehr Polizisten als noch vor sechs Jahren. 2009 waren 5.400 Bedienstete im Außendienst tätig, ab Oktober dieses Jahres werden es 6.400 sein.

Dass sich das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung mit erhöhter Polizeipräsenz aber nicht zwingend verbessert, erklärt der Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl: "Menschen fühlen sich sicher, wenn sie nicht darüber nachdenken. Wenn sie aber viele Polizisten sehen, sind sie verunsichert: Wieso sind die da bei mir?" Statt einer Aufrüstung der Exekutive würde den Wienern ein Abrüsten der Rhetorik von Politik und Medien deutlich mehr helfen. Fragt man die Menschen übrigens nach ihren Assoziationen zu Sicherheit, lauten die Antworten: ein fester Job, eine Beziehung oder soziale Sicherheit. Kriminalität wird kaum genannt.

Kultur: Nur keine Spompanadeln

Mit 227,5 Millionen Euro hat Wien im Vorjahr kulturelle Einrichtungen und Initiativen gefördert. Damit liegt die Stadt im Europavergleich weit vorne. Unter einem blauen Bürgermeister dürfte sich das ändern. "Bei Kulturund sonstigen Förderungen sind pro Jahr locker 100 Millionen Euro Sparpotenzial drinnen", sagt Anton Mahdalik. Sparen wolle man nicht nur bei den großen "Tankern" wie den Vereinigten Bühnen. Auch Kleinförderungen, die in die Kategorie "Alltagskultur" fallen, sollen durchforstet werden. "Bei Bauchtanzgruppen und Ähnlichem aus dem roten Einflussbereich gibt es viel Verschwendung", sagt Mahdalik. Klaus Werner-Lobo, scheidender Kultursprecher der Grünen, spürt schon Nervosität in Wiens Kulturszene. Er räumt aber ein: "Die alte, sozialdemokratisch gesteuerte Kulturförderung bietet in der Tat viel Angriffsfläche." Als "kulturfeindlich", wie Werner-Lobo meint, will die FPÖ aber nicht gelten. Die Brigittenauer Parteipostille gibt sogar Konzertempfehlungen: "Raritäten von Robert Stolz" und Operettenmelodien.

Zuwanderung: Baba und fall ned!

Ausländer sind bekanntermaßen das Lieblingsthema der Freiheitlichen. Nirgends sind die Erwartungen ihrer Wählerschaft größer. Die Ausländer sollen weniger werden und weniger bekommen. Stattdessen soll mehr für die Inländer bleiben. Es gibt eine Menge an konkreten Forderungen, um dieses Kernanliegen umzusetzen. Aber bei Weitem nicht alle könnten auch von einem blauen Bürgermeister entschieden werden.

So verlangt die Wiener FPÖ etwa, dass kriminelle Asylwerber abgeschoben werden. "Es darf nie wieder geduldet werden, dass sich angebliche Flüchtlinge aus anderen Bundesländern mit unverschämten Forderungen wie etwa nach Gratis-WLAN, Gratis-Öffis oder Gratis-Sat-TV in unsere Stadt absetzen und hier bei uns Kirchen besetzen und weitere strafbare Handlungen begehen", heißt es dazu in einem Positionspapier. Asylwerber abzuschieben ist in der Praxis aber nicht einfach. Wenn beispielsweise ein syrischer Flüchtling in Österreich kriminell wird, kann man ihn trotzdem kaum zurück in sein Heimatland schicken. Dort wütet schließlich immer noch ein Bürgerkrieg. Ihn dennoch dorthin zu schicken, verbieten die Menschenrechte. Daran könnte auch ein blauer Bürgermeister nichts ändern. Es ist also egal, wer regiert: Kriminelle Asylwerber werden weiterhin ins Gefängnis kommen, aber in Österreich bleiben.

Außerdem sollen Flüchtlinge, sobald ihr Asylgrund wegfällt, in ihr Heimatland zurückgebracht werden. Die Freiheitlichen setzen sich für eine Art "Asyl auf Zeit" ein. Theoretisch wäre das möglich. Schon während des Jugoslawienkrieges gab es diese Praktik, sie hieß "De-facto-Aktion". Damals wurden Flüchtlinge pauschal aufgenommen, ohne ihren individuellen Fall zu prüfen. Nach dem Ende der De-facto-Aktion gingen aber nicht automatisch alle Flüchtlinge wieder zurück, weil sie in der Zwischenzeit das Recht auf einen anderen Aufenthaltstitel erworben hatten. Auch bei solchen Maßnahmen hat ein Wiener Bürgermeister praktisch nicht viel mitzureden. Die notwendigen Gesetze beschließt das Parlament, die Verordnungen erlässt das Innenministerium.

Eine alte Forderung der Wiener FPÖ ist die Einführung von Grenzkontrollen. Allerdings nicht zwischen Wien und Niederösterreich, sondern zum Beispiel an der Grenze zu Ungarn. Diese sollen die Kriminalität aus Osteuropa eindämmen. Besonders die offenen Grenzen für die EU-Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien stören die Freiheitlichen. Inwieweit diese Grenzen offen bleiben, ob und wie sie kontrolliert werden, entscheidet aber nicht der Wiener Bürgermeister. Nichtsdestotrotz hält Landesparteisekretär Anton Mahdalik an diesem Wunsch fest: "Als Bürgermeister kann man ganz anders Druck auf die Bundesregierung ausüben als in der Opposition."

Generell will die FPÖ, dass in Wien weniger Flüchtlinge untergebracht werden. Konkret heißt das: 2020 sollen nur mehr halb so viele Asylwerber in Wien leben wie heute. Aktuell sind es etwa 9.300 Menschen. Das ist weniger als ein Prozent der Bevölkerung. Trotzdem ist Wien das einzige Bundesland, das seine Asylwerberquote immer übererfüllt, also mehr Flüchtlinge aufnimmt, als in der Vereinbarung mit dem Innenministerium vorgesehen ist. Eine blaue Stadtregierung könnte das ändern und die Asylquartiere schrittweise abbauen. Aber auch dem FPÖ-Bürgermeister wären Grenzen gesetzt. "In Wien mieten sehr viele Asylwerber private Quartiere an und bilden Wohngemeinschaften. Dagegen könnte auch die FPÖ nichts machen", sagt Herbert Langthaler von der Asylkoordination.

Verkehr: Mei Rad is ned deppat

Auf dem FPÖ-Landesparteitag im vergangenen November war der Ton rau. Von brutalen Schikanen der Stadtregierung und "Autofahrer-Hass" war die Rede. Die FPÖ wolle hingegen 5.000 neue Stellplätze schaffen und dafür Fahrradständer und Radwege beseitigen. Heute, knapp zwei Monate vor der Wahl, ist der Ton sanfter. Nein, es würden keine Parkplätze auf Kosten von Fahrradständern oder Radwegen entstehen. Im Gegenteil, die FPÖ unterstütze sogar den Radverkehr, sagt Landesparteisekretär Anton Mahdalik. Er selbst fahre oft mit dem Rad aus der Donaustadt, wo er wohnt, ins Rathaus. Statt eigener Radwege sollen künftig aber Mehrzweckstreifen gebaut werden, die Autound Radfahrer gleichermaßen nutzen. Außerdem will die FPÖ ein Nummerntaferl für Radfahrer: So müsse bei Fahrerflucht "niemand mehr Angst haben", sagt Mahdalik.

Für Wiener Autofahrer soll es ein neues Parkpickerl geben: 25 Euro soll es einmalig kosten und in allen Bezirken außer der Inneren Stadt gültig sein. Die 300.000 Pendler aus dem Umland bekommen es nicht. Für sie plant die FPÖ 25.000 neue Stellplätze in Park-and-Ride-Anlagen am Stadtrand. Die sollen für Zeitkartenbesitzer der Wiener Linien sogar gratis sein. Dieser Vorschlag gefällt auch dem ÖAMTC, der der Verkehrspolitik der FPÖ sonst skeptisch gegenübersteht. Verkehrsexperte Harald Frey von der TU Wien kann dem 25-Euro- Pickerl jedoch nichts abgewinnen. In großen Bezirken wie Floridsdorf oder Donaustadt würden viele ihr Auto nur im Bezirk benutzen. Sie bräuchten das Pickerl also nicht. Stattdessen müssten Parkpickerlzonen rund um die U-Bahn-Linien geschaffen werden.

Finanzen: Die Rechnung, bitte!

Wie schlecht es um die Stadtfinanzen steht, betont die FPÖ gerne. 16 Milliarden Euro Schulden hat Wien laut blauen Hochrechnungen. Die SPÖ spricht von knapp fünf Milliarden Euro, der Rechnungshof wiederum machte bereits 2013 einen Schuldenstand von knapp sechs Milliarden Euro aus.

Die Wunschliste der FPÖ ist jedenfalls lang: Bei einer Regierungsbeteiligung soll es neue Gemeindebauten geben. Die U-Bahnen sollen von Stammersdorf nach Mödling und von Auhof nach Klosterneuburg fahren. Dazu ein Schulsanierungsprogramm und eine Investitionsoffensive in den Wiener Spitälern. Die Wirtschaftsförderung soll verdoppelt, für Klein-und Mittelbetriebe soll ein Haftungsbudget geschnürt werden. Die Budgets der Bezirke sollen um 250 Millionen Euro erhöht werden. Zugleich verspricht die FPÖ, die Gebühren und die Mieten in den Gemeindebauten zu senken.

700 Millionen Euro ließen sich laut FPÖ-Wirtschaftssprecher Eduard Schock jährlich einsparen. Ein genaues Berechnungsmodell gibt es nicht, Hoffnungen allerdings schon: "Bei kulturellen und anderen Förderungen werden Gelder verschwendet, da ist etwas zu holen", sagt Parteisekretär Anton Mahdalik. Infrastrukturprojekte wie der U-Bahn-Ausbau sollen durch eine andere Vergabepraxis billiger werden: "Man braucht nicht überall das Beste und Teuerste." Eine umfassende Reform der Organisationsstruktur im Wiener Magistrat, die der FPÖ-Rechnungsabschluss vorsieht, dürfte aber von einem anderen Versprechen zunichtegemacht werden: Heinz-Christian Strache ließ eine persönliche "Garantieerklärung" ausgeben, dass alle Mitarbeiter der Stadt Wien und ihrer Betriebe auch mit ihm als Bürgermeister ihren Job behalten würden.

Simmering: Blauer Machatschek im Elften

Was ich in meinem Bezirk großartig ändern würde? Eigentlich gar nichts. Simmering ist schön, auf unserer Postleitzahl stehen nicht umsonst drei Einser." Paul Stadler spricht gerne gut über seinen Heimatbezirk, er fühlt sich hier wohl. Der 58-Jährige ist seit 1985 Bezirksrat für die FPÖ, seit 19 Jahren auch stellvertretender Bezirksvorsteher. Nach dem Wahltag am 11. Oktober hat er realistische Chancen, der erste freiheitliche Bezirkschef Wiens zu werden. Wie würde sein blaues Simmering also aussehen? "Ehrlicherweise hat ein Bezirksvorsteher nur begrenzte Möglichkeiten", sagt er. Ein paar Ideen habe er aber schon. Zum Beispiel die Simmeringer Haide. In dem Gebiet müsse man den Wohnbau stoppen, weil sonst der Platz für die kleinen Gemüsebauern verschwindet. Oder das neue Industriegebiet hinter dem Zentralfriedhof. Da wünscht sich Stadler eine Busverbindung, damit der Standort für Firmen attraktiver wird.

Paul Stadler
© News/Ricardo Herrgott Paul Stadler ist ein alter Hase in Simmering. Jetzt will er Chef werden

Große Visionen sind das nicht, das weiß er selbst. Trotzdem wird seine FPÖ im Oktober wahrscheinlich der Wahlgewinner sein. Nach dem letzten Urnengang 2010 kam die SPÖ noch auf 49 Prozent, die FPÖ auf 34. Die Sozialdemokraten müssten heuer also 7,5 Prozentpunkte verlieren und die Freiheitlichen ebenso viel dazugewinnen, dann wäre Stadler Bezirksvorsteher. Aber wenn es nicht an den Visionen für den Bezirk liegt, warum gewinnt die FPÖ in Simmering dann dazu? "Ich brauche in Wahrheit kaum etwas tun, das Versagen der anderen Parteien reicht", sagt er. Zu Stadler kommen Pensionisten, die 1.000 Euro im Monat bekommen, 700 Euro Miete zahlen und ihn fragen, wie sich das alles ausgehen soll. Oder auch junge Leute, die fragen, wie lange Österreich sein Sozialsystem noch aufrechterhalten könne. Kurzum: "Die Menschen haben Angst um ihre Zukunft. Die FPÖ verkörpert für sie Hoffnung", sagt Stadler.

Die Ängste sind zwar real, aber was die Politik -insbesondere auf Bezirksebene - dagegen tun kann, ist beschränkt. Stadler weiß, dass der blaue Höhenflug auch schnell wieder vorbei sein kann, sollten sie an die Macht kommen und die Erwartungen nicht erfüllen. "Man wird uns daran messen, was wir im Endeffekt zusammenbringen werden", sagt er.

Und dann sei da natürlich noch das Zuwandererthema. In manchen Gegenden des Bezirks sei der Migrantenanteil schnell gewachsen, sagt Stadler. Das habe viele verunsichert. Man sei es schließlich nicht gewohnt, dass plötzlich ein türkisches Geschäft neben dem anderen aufsperrt. Dazu die Streitereien mit Nachbarn, die aus einer anderen Kultur kommen. Das sei für viele Simmeringer eben schwierig, sagt er. In Zeiten wie diesen, in denen täglich hunderte Flüchtlinge nach Österreich kommen, erhalte die FPÖ daher besonders viel Zulauf. In Simmering selbst gibt es allerdings keine Quartiere für Asylwerber - der Zuwandereranteil würde also auch unter einem Bezirksvorsteher Stadler nicht geringer. Ein großes Anliegen scheint ihm das ohnehin nicht zu sein: "Ich bin froh über jeden, der hier ordentlich arbeitet oder ein Geschäft betreibt."

Vier SPÖ-Bezirksvorsteher hat Stadler in seiner Karriere schon erlebt, nun könnte er bald selbst einer werden. Für Paul Stadler heißt das vor allem: Arbeit. "Ich muss mich erst einlesen, was ein Bezirksvorsteher überhaupt alles darf. Weil von der FPÖ kann ich niemanden fragen, wir hatten ja noch nie so einen Posten." Der Mann von der Parteibasis könnte also blaue Pionierarbeit leisten.

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Kommentare

Nudlsupp melden

Meiner Meinung nach fehlt es dem Herrn Strache an Personal, an Programm und an Empathie um eine Regierungsverantwortung für Wien oder im Bund zu übernehmen. Wenn eine Mehrheit das aber anders sieht, dann soll das wohl so sein. Bisher konnte ich außer Unwahrheiten, Widersprüchen und Verfolgungswahn noch nichts von ihm erkennen. Die einzige Hoffnung ist.....

Nudlsupp melden

daß er sich sehr schnell selbst entzaubert. Seine Anhänger werden dann aber auch nicht lange mit weiteren abstrusen Verschwörungstheorien warten lassen. Bei genauerer Betrachtung erscheint mir die F mehr eine sektenähnliche Zusammenkunft zu sein, als eine Partei mit konkreten politischen Inhalten. Auf den Wahlausgang bin ich dennoch sehr gespannt.

christian95 melden

Damit alles so weiter geht sollten wir wieder SPÖ+Grüne wählen.
Wer aber Veränderung will muss so wählen damit sich etwas ändert.

Rumor13 melden

30% der wahlberechtigten Bürger sollen eine sektenähnliche Zusammenkunft sein ?? Ich denke,dass die Mehrheit von ihnen eher Angst vor den einströmenden Flüchtlingsmassen und von einem unfähigen BK und schmähführenden BM mehr als genug hat.Mit der Selbstherrlichkeit der SPÖ geht´s langsam aber sicher zu Ende.

Nudlsupp melden

Die Ängste kann ich nachvollziehen. Und daß man mit der aktuellen Regierung unzufrieden ist, auch. Aber eine "Partei" die komplett ohne Programm auskommt, die kaum personelle Alternativen hat, sich nur verfolgt fühlt, und jedes Problem mit "Ausländer" beantwortet, ist halt schon recht dürftig. Aber wir werden sehen, wo die Reise hingeht. Mehrheit ist Mehrheit, Für die einen, wie für die anderen.

neusiedlersee melden

Mir scheint die FPÖ lebt von der Mißwirtschaft und dem Agieren der führenden Politiker gegen das eigene Volk. Konkrete Maßnahmen gegen Politjustiz, Zweiklassenmedizin, Ausbeutung von Mindestentlohnten und von Spekulanten kann ich im Programm der F nicht finden. Und gäbe es diese, bezweifle ich die Durchsetzbarkeit in der dzt. verfilzten öst. "Demokratie".

11223344 melden

und die medienhetze gegen strache beginnt jetzt. da kann man sehen wie sehr die roten angst haben. ich hoffe der volksmund denkt endlich mal nach und sagt den schmarotzerparteien baba und foi net.

neusiedlersee melden

Sollte Strache es schaffen etwa Bürgermeister Wiens zu werden, kann ich mir jetzt schon den Meinungsschwenk in den Medien vorstellen. Man wird so ein bissel herumkritisieren. Sonst aber einen Diener vor ihm machen, um am Futtertrog zu bleiben. Der Name Herr Karl ist doch noch immer weit verbreitet in Österreich.
Oder irre ich mich?

Im "blauen Wien" sind keine Moscheen zu sehen, die unter "Rot-Grün wie Schwammerl aus dem Boden wachsen.

Wenn man ehrlich ist, sollte man genauer hinsehen. Einfach mal die Augen auf machen und dann entscheiden. Am besten so, ein Liste mit Dingen die man nicht will!

Ivoir
Ivoir melden

Die Wiener sollten auf jeden Fall alle FPÖ wählen. Ich jedenfalls, wünsche es ihnen vom Herzen.

christian95 melden

Ich denke auch: Nur wer Veränderung wählt ändert etwas. Das muss nicht unbedingt die FPÖ sein. Sie bietet
sich aber als stärkste Kraft vordringlich an.
Mit SPÖ+ÖVP ändert man nichts.

sepp600 melden

Das liest sich wie Wahlwerbung für die roten.

christian95 melden

No na!
Warum sonst schaltet unser Bundeskanzler in bestimmten Medien auf Kosten des Steuerzahlers so viel Eigenwerbung?
Gibt es einen HC Strache als Wiener Bürgermeister wird diese Quelle rasch versiegen.

christian95 melden

Wenn sich Häupl von seinen Parteigünstlingen feiern lässt wird wegen der vielen "Prominenten" ausführlich berichtet. Alle anderen Parteien in Wien laden ja vor einer Wahl nicht ihre Parteifreude ein - und wenn, dann sind sie nicht "prominent". Daher wird darüber auch nicht berichtet....

christian95 melden

Warum gibt es "keine Analyse" wie das "Rote Wien" aussieht?
Rekordverschuldung und Rekordarbeitslosigkeit, Chaos in den Gemeindebauten unter den vielen Volksgruppen, Staus auf vielen Straßen usw.
"Roter" ORF, "Rote" AK und ÖGB´s,, "Rote" Krankenkassen, "Rote" ÖBB usw.

christian95 melden

Auch in der ehemaligen DDR haben dort die "unabhängigen Medien" bis zum Schluss Honecker & Co gelobt obwohl das Land pleite war.

Eloy melden

Ja und da kommt eine blaue Stenzl aus dem roten ORF...

neusiedlersee melden

Die Medien sind in jedem System auf der Seite der Mächtigen: Politik, Justiz, Banken. Von dort kommt das Futter. Wer sich anders verhält wird totgeschwiegen oder abserviert. Kritiker am System finden in Politik und Medien keinen Einlass mehr.
Beispiel Astrid Wagner, die sich für Unterweger eingesetzt hat.
Folgsame, wie Bandion-Ortner, werden für Fehlurteile belohnt. Und das Volk schläft.




neusiedlersee melden

... un das wird keiner mehr kommentieren!

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