Daniel Brühl:
Vaterschaft verändert alles

Eben noch Niki Lauda, jetzt Terrorist: Im Drama "7 Tage in Entebbe", der auf der Berlinale Premiere feierte, spielt Daniel Brühl ("Rush") einen Flugzeugentführer. Im Interview lässt er vor allem den stolzen Vater raushängen.

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Berlinale - Daniel Brühl:
Vaterschaft verändert alles

Der Film entstand nach einer wahren Geschichte - 1976 entführten deutsche und palästinensische Terroristen eine Air-France-Maschine nach Uganda und wurden dabei in weiterer Folge vom Diktator Idi Amin unterstützt. Wieviel wusstest du von diesem Fall vor den Dreharbeiten?
Daniel Brühl: Ich wusste schon ein bisschen was über Entebbe, aber recht wenig. Aber die Macher dieses Films haben sich jahrelang damit auseinandergesetzt, und die haben meinem Co-Star Rosamunde Pike, die die Terroristin Brigitte Kuhlmann spielt, und mich mit echt brisantem Material versorgt – Sachen, die man eben nicht so einfach in der Buchhandlung kriegt. Ein 3-Stunden-Audio-Interview etwa von Brigittes damaligen Freund Gerd, wo der so aus dem Nähkästchen erzählt. Sie hatten auch viel Kontakte von Zeitzeugen, die da dabei waren, der Flugzeugtechniker z.B. Ich hab auch den Soldaten kennen gelernt, der meine Figur in real erschossen hat, das war ein sehr bizarres Gefühl. Der hatte natürlich auch seine ganz spezielle Sicht auf die Dinge.

Du beschäftigst dich ja generell viel mit Geschichte. Wie frustrierend ist es für dich, wenn du siehst, wie wenig die Leute aus solchen Katastrophen lernen?
Es ist sehr traurig. Momentan hat man echt das Gefühl, die Situation geht weltweit den Bach runter, da kann man hinschauen, wo man will. Ich bin ja nun auch Vater eines kleinen Sohnes, der das alles zum Glück noch nicht versteht, aber wenn der mal älter ist – sollen wir dann nach Neuseeland ziehen? Es ist im Moment einfach wirklich ein Trauerspiel. Ich bin auch angepisst, dass es einen Präsidenten wie Trump gibt – und viele andere. Was die anrichten, betrifft uns alle. Da muss man nicht amerikanischer Staatsbürger dafür sein, sondern damit haben wir alle zu kämpfen.

»Ich bin auch angepisst, dass es einen Präsidenten wie Trump gibt«

Seit "Rush", in dem du Niki Lauda gespielt hast, bist du auch international ein Star. Denkst du eventuell auch daran, mal nach Amerika zu gehen?
Nein, eigentlich nicht. Diese Situation hat sich für Schauspieler stark verändert. Früher habe ich immer gehört, dass man im Filmbiz nur eine Chance hat, wenn man sofort nach L. A. zieht. Ich glaube, das hat sich alles ein wenig verschoben und ist viel globaler geworden. Ab und zu bin ich aber natürlich auch in Los Angeles, und ich bin da auch gerne, ich mag auch Sonne und Palmen sehr gerne (lacht). Bin aber nach ein paar Wochen auch wieder froh, wenn ich wieder zurückfliege. Ich bin nach wie vor total glücklich hier, obwohl in Europa auch gerade alles ziemlich finster ist, aber ich fühl mich total europäisch und hab hier mein ganze Leben gelebt und werde das wohl auch so weiterführen.

Daniel, du hattest immer das Image eines sehr selbstkritischen Schauspielers. Wirst du nach deinen letzten Erfolgen ein wenig entspannter?
Das wird in letzter Zeit ein bisschen besser, ja. Meine Frau, die Psychologin ist, hilft mir ein bisschen dabei. Und vor allem die Tatsache, dass wir ein Kind haben, sorgt dafür, dass man nicht immer nur über sich selbst nachdenkt. Vater zu sein verändert alles.

Werden einem dann auch die Kritiker eher egal?
Mich hat Kritik von außen ja eigentlich gar nie so stark beschäftigt, weil ich selbst mein härtester Kritiker bin und ich oft auch bei besseren Sachen immer noch so unzufrieden bin und das stets an mir nagt. Diesbezüglich hab ich mich tatsächlich so ein bisschen entspannt. Auf der anderen Seite finde ich das ja aber auch gut, wenn man ordentlich selbst reflektiert, es wäre ja schrecklich, wenn man einfach sagen würde: „Supergeil, ich finde mich absolut hervorragend!“ Das wäre schlimm.

»Ich selbst bin mein härtester Kritiker«

Was machst du eigentlich, wenn du gerade nicht drehst?
Tapas essen! Es gibt zum Glück immer wieder Arbeitspausen, die man braucht, um Abstand zu gewinnen. Und gerade auch mit dem kleinen Racker, der jetzt 15 Monate alt ist, weiß man die sehr zu schätzen, diese Zeiten, in denen man gar nichts arbeitet und die Zeit mit der Familie verbringen kann. Aber ich liebe den Beruf, mich erfüllt das nach wie vor. Ich empfinde das auch nicht als Routine, ich find's immer wieder aufregend, weil nun mal jeder Film völlig anders ist. Auch auf einem Festival zu sein ist immer wieder die selbe Aufregung, das bleibt immer spannend. Aber sonst könnte ich ja gleich aufhören und mir denken, ich sattle tatsächlich völlig auf Tapas um (lacht).

Du hast seit einigen Jahren ja sogar ein Tapas-Lokal in Berlin, das super läuft. Denkst du daran, daraus eine Kette zu machen wie Arnold Schwarzenegger mit seinem Planet Hollywood?
Um Gottes Willen, nein!