Die strenge Sarkissova
kann auch streichelweich

Die streitbare Jurorin von "Dancing Stars" und wie sie wirklich tickt

Im Streit mit "Dancing Star" Stefan Petzner scheut Jurymitglied Karina Sarkissova keine Konfrontation. Das hat Gründe. Streichelweich statt streng kann sie aber auch.

von
THEMEN:
Zu hart? - Die strenge Sarkissova
kann auch streichelweich

Auf dem Küniglberg darf man sich freuen. Erstmals in der Geschichte der TV-Show "Dancing Stars" kam es zum handgreiflichen Streit zwischen einem Jurymitglied und einem Promitänzer. Der öffentlich ausgetragene Zwist wird durch Aussagen beider seit einer Woche am Köcheln gehalten. Das Beste für den ORF mit Blick auf die Quoten: Versöhnung ist keine in Sicht. Weder der PR-Mann Stefan Petzner noch die Ballerina Karina Sarkissova legen es darauf an, einander die Hände zu reichen. Bei der russisch-österreichischen Tänzerin klingt das so: "Ich muss mich nicht versöhnen. Ich habe ja mit niemandem gestritten. Hier geht es um einen erwachsenen Mann, der sich leider nicht beherrschen kann."

Der Auslöser

Auslöser der Sache war Sarkissovas besonders schlechte Wertung für Petzners Tango, den im Übrigen auch die restlichen Jurymitglieder als überaus mangelhaft erachteten. Was danach kam, inkludiert lautstarke, bedrohliche Unmutsäußerungen Petzners und Security-Maßnahmen zum Schutz Sarkissovas. Nunmehr diskutieren beide öffentlich über einen "ins Gesicht gestreckten Finger"(Sarkissova) - oder war es doch bloß ein "Handshake"(Petzner)?

Ballerina versteht Aufregung nicht

Tatsächlich versteht die Balletttänzerin, die an der Budapester Oper als Solotänzerin engagiert ist, die Aufregung nicht. "Meine Aufgabe ist doch sehr klar: Den Tanz aus Sicht eines Profis bewerten und dem Publikum dabei den fachlichen Blick auf die Leistung erklären." Ob sich der Tänzer steigern konnte, fällt dabei ebenso ins Gewicht wie die Korrektheit der Schritte. Als die Strengste in der Jury sieht sie sich dabei nicht. Ehrliche Verwunderung schwingt mit, wenn sie fragt: "Sehen Sie das so? Ich habe doch auch bei der letzten Show als Erste zehn Punkte vergeben. Leider werden viele positive Dinge rasch vergessen, wenn es ein negatives gibt."

Härter als andere?

Beurteilung -auch negative -kennt Sarkissova zur Genüge. In ihrem Beruf ist sie es seit 20 Jahren gewohnt, dass ihre Leistung kontinuierlich kritisiert wird. "Ich stehe bis zu acht Stunden täglich auf der Bühne. Jetzt probe ich gerade drei Stücke mit drei verschiedenen Ballettmeistern. Alle drei Minuten höre ich, was nicht gut war und was ich verbessern muss." Es klingt nicht mitleidheischend, wenn sie das sagt. Man hört eher die Routine und die Erfahrung, dass Kritik einen hohen Stellenwert hat, wenn man sich verbessern will. Kritik müsse motivieren, meint sie. Stellt aber auch klar, dass sie nicht gedenkt, in Zukunft jedes Wort auf die Waagschale zu legen: "Ich beschimpfe niemanden. Aber ich werde auch nicht aufpassen, nur damit ja niemand beleidigt ist. Ich sage, was ich sehe."

Hartes Training

Für ihren Beruf trainiert die in Moskau Geborene seit ihrem vierten Lebensjahr hart. Erst an der Ballettschule des Bolschoi-Theaters in Moskau, ab dem zwölften Lebensjahr am Ballettkonservatorium in St. Pölten. Ab 2000 war sie an der Wiener Staatsoper engagiert, wo sie zuletzt auch als Solotänzerin aktiv war, bevor sie nach Ungarn wechselte. Sie ist es gewohnt, täglich um sieben Uhr aufzustehen und weit nach Mitternacht ins Bett zu kommen. "Wer mich kritisiert, soll wissen, dass meine Kritik nicht von einem hohen Ross kommt, sondern von einem hart arbeitenden Menschen", so Sarkissova.

»Ich glaube nicht, dass ich Kritik anders definiere als die anderen.«

Ob sie andere vielleicht hart beurteilt, weil Härte gegenüber sich selbst zu ihrem Alltag gehört? Sarkissova bestätigt: "Natürlich bin zu mir vielleicht härter als andere. Aber alle Juroren kommen aus einer Tanzwelt, wo viel trainiert wird und Tempo und Druck herrscht. Ich glaube nicht, dass ich Kritik anders definiere als die anderen."

Ihre unbekannte Seite

Den Mund lässt sich die Mutter zweier Söhne ebenso wenig verbieten wie ihr Faible für figurbetonte Outfits und deren Verbreitung in sozialen Medien. "Natürlich zeige ich mich gerne und bemühe mich, schön auszusehen. Das ist ja auch Teil meines Berufs. Sonst könnte ja auch jeder andere im Pyjama in der Jury sitzen."

Rolle als Mama

Vier Jahre lang war es ohnehin eher ruhig an der Social-Media-Front. Da war sie als Mutter arg beschäftigt. Dem 17-jährigen Sohn Gabriel, der in Wien wohnt, folgte im Dezember 2013 Sohn Lev. Als liebevolle Mutter mit Mut zur Unperfektheit beschreibt sie sich. "Es ist doch so, dass keine Mutter perfekt ist, egal, ob sie den ganzen Tag zu Hause ist und genervt ist oder arbeiten geht und gestresst ist. Wenn ich heimkomme, ruft Lev ,Mama', läuft mir entgegen und umarmt mich. Das zählt", sagt die Bubenmutter. Der Kleine wächst zweisprachig mit Russisch und Englisch auf, Deutsch soll als dritte Sprache bald folgen. Am Abend steht immer Vorlesen auf dem Programm. Fast täglich telefoniert sie auch mit dem großen, 17-jährigen Sohn, einem ambitionierten Ski-Talent. "Er fährt jedes Wochenende Fis-Skirennen und sammelt fleißig Punkte. Ich bin sehr stolz auf ihn!"

Dann erzählt sie lachend, wie sie einander Tipps geben, wenn einmal die Muskeln vom vielen Training schmerzen oder eine Verletzung Probleme macht. Betont will sie auch haben, dass man sehr wohl auch auf der Couch faulenzt, wenn es die Wochenendplanung erlaubt. Und man merkt die Freude in ihrer Stimme, wenn sie erzählt, dass der Sohn mit Freunden "Dancing Stars" anschaut. Immer wieder schickt er ihr während der Sendung Kommentare. So wie Mutter und Sohn das eben tun, wenn sie eine harmonische Beziehung haben. So weit, so normal?

Die nächste Sendung wird es zeigen. Sarkissova wird fair und neutral beurteilen: "Ich sehe nur Körper, Arme und Beine. Keine Person dahinter."