D-Cycloserin wirkt gegen Angstzustände: Tuberkulosemedikament mit Nebeneffekt

Test an Inzuchtratten mit verschiedenen Angststufen Aktivierung des NMDA-Rezeptor auf Nervenzellen

Bei Angst- und Panikstörungen fressen sich diese negativen Emotionen dauerhaft in das Bewusstsein der Betroffenen. Warum das so ist, will Nicolas Singewald vom Institut für Pharmazie der Universität Innsbruck bei seinen Untersuchungen an Ratten mit gesteigertem Angstverhalten gefunden haben.

D-Cycloserin wirkt gegen Angstzustände: Tuberkulosemedikament mit Nebeneffekt

Wie der Experte auf dem Forum der Europäischen Neurowissenschaftlichen Gesellschaften in Genf berichtete, ist bei Angst-Ratten die Löschung des Angstgedächtnisses gestört. Interessanterweise wirkt dagegen das Tuberkulosemedikament D-Cycloserin.

Inzucht-Ratten mirt Angstzuständen
Singewald arbeitet mit ganz besonderen Ratten, die am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München gezüchtet werden. Es handelt sich um Inzucht-Stämme, die sich in ihrem Angstverhalten unterscheiden: Es gibt "Hochangst-", "Normalangst-" und "Niedrigangst-Tiere". Singewald und sein Team konnten zeigen, dass bei hochängstlichen Ratten die Auslöschung erlernter Angst gestört ist - das Angstgedächtnis kann nicht durch neue Inhalte überschrieben und damit gelöscht werden.

Die Forscher wiesen bei den hochängstlichen Tieren im Vergleich zu den Tieren mit normalem Angstverhalten Veränderungen in der Produktion bestimmter Hirnbotenstoffe nach, wenn diese mit einem Angstreiz konfrontiert wurden. Dies ging einher mit einer Überaktivität des Mandelkerns (Amygdala), jenem Teil des limbischen Systems, das bei der Angstentstehung eine wichtige Rolle spielt. Gleichzeitig war die Aktivität des medialen präfrontalen Cortex reduziert, jenes Teils der vorderen Großhirnrinde, der die Amygdala und damit das Angstverhalten dämpft.

Wirksamkeit von D-Cycloserin
Das Medikament D-Cycloserin, das im Rahmen von ersten Studien bereits bei Patienten mit sozialen Phobien und Höhenangst eingesetzt wird, erwies sich auch bei den Hochangst-Nagern als wirksam. "Bei normalen Tieren haben andere Gruppen bereits gezeigt, dass die Substanz das Extinktionslernen unterstützt. Wir haben jetzt gezeigt, dass dies auch im Tiermodell pathologischer Angst funktioniert", sagte der Wissenschafter.

Das Tuberkulosemedikament - die Wirksubstanz stammt aus dem Pilz Strepomyces - kann das Angstverhalten deshalb beeinflussen, weil es den sogenannten NMDA-Rezeptor auf Nervenzellen aktiviert, der bei Lernvorgängen eine Rolle spielt. International gab es schon mehrere Hinweise auf eine solche Wirkung der Substanz.
(apa/red)