Lockdown in Österreich:
Eine Chronologie

Beschränkungen, Lockerungen und Verschärfungen

Am 25. Februar 2020 wurden in Österreich die ersten Fälle an Covid-19 erkrankten Personen gemeldet, dann rollte die "erste Welle" über das Land. Die Folgen waren Lockdown, Wirtschaftseinbruch und die "neue Normalität". Nach Lockerungen ab April und Entspannung im Sommer stiegen die Infektionszahlen im Herbst wieder rapide an. Appelle an Eigenverantwortung, Kontakt-Tracing und regionale Maßnahme konnten die "zweite Welle" nicht verhindern. Jetzt ist ein "Lockdown light" nötig.

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Coronavirus - Lockdown in Österreich:
Eine Chronologie © Bild: iStockPhoto.com

Die Chronologie der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie:

März: Nachdem die Zahl der positiven Fälle steigt, werden in Österreich drastische Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus präsentiert: Einreisestopp für Personen aus Italien, Unis werden geschlossen, Schüler müssen daheim bleiben. Größere Veranstaltungen werden bis Anfang April untersagt. Erste Gemeinden in Tirol werden unter Quarantäne gestellt, Panik bei der Abreise ist die Folge.

Im Eiltempo wird ein Gesetzespaket beschlossen. Per Verordnung kommen Ausgangsbeschränkungen. Die Menschen dürfen ihr Haus nur mehr verlassen, wenn sie zur Arbeit gehen, Lebensmittel einkaufen, anderen Menschen helfen oder spazieren gehen - alles mit einem Mindestabstand von einem Meter. Die Polizei greift bei der Durchsetzung hart durch. Im Nachhinein hebt der Verfassungsgerichtshof vieles davon als gesetzwidrig auf.

30. März - Aufgrund weiter steigender Fallzahlen baut die Regierung die Maßnahmen aus. Supermärkte sollen nur noch mit Mund- und Nasen-Schutz betreten werden dürfen, besonders gefährdete Gruppen werden von der Arbeit freigestellt.

April: Die strengen Maßnahmen haben gegriffen, erstmals gibt es in Österreich weniger Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 als Genesene. Das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken (MNS) in Supermärkten und Drogeriemärkten wird Pflicht. Die Regierung verkündet, dass Kultur- und Sportevents vor Zuschauern bis Ende Juni nicht stattfinden dürfen. Die Matura wird verpflichtend nur schriftlich abgehalten.

14. April - Erste Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen treten in Kraft, kleiner Geschäfte und Baumärkte dürfen aufsperren, die Bundesgärten werden geöffnet. In den Geschäften gilt genauso wie in den öffentlichen Verkehrsmitteln Maskenpflicht. Langsam werden auch die Beschränkungen im Gesundheitsbereich gelockert. Großveranstaltungen im Kulturbereich soll es allerdings bis 31. August nicht geben.

Mai: Ein Teil der seit Mitte März geschlossenen Sportstätten für den Breitensport werden wieder geöffnet. Auch Treffen von bis zu zehn Personen im öffentlichen Raum sind wieder möglich, der Ein-Meter-Abstand muss aber weiter beachtet werden. Die bisher noch geschlossenen Geschäfte mit über 400 m2 Verkaufsfläche sowie Friseure und Kosmetiksalons machen ebenfalls auf.

15. Mai - Die Gastronomie öffnet unter strengen Hygieneauflagen wieder. Auch die Öffnungszeiten sind mit höchstens 23.00 Uhr noch eingeschränkt. Museen dürfen unter Sicherheitsauflagen wieder aufsperren. Erste Grenzkontrollen werden gelockert.

18. Mai - Nach neun Wochen kehren die Schüler an Volksschulen, AHS-Unterstufen, Neuen Mittelschulen (NMS) und Sonderschulen in ihre Klassen zurück. Im Juni kommen auch die Oberstufenschüler zurück.

Ende Mai: Der "Shutdown" wird zumindest für kleine Kulturveranstaltungen aufgehoben. Auch Hotels, Pensionen, Campingplätze und Schutzhütten können wieder Gäste willkommen heißen.

Mitte Juni: Die Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit fällt großteils. Die Sperrstunde in der Gastronomie wird von 23.00 auf 1.00 Uhr ausgeweitet, das Vier-Personen-Limit pro Tisch fällt. Die Opposition fordert die pauschale Aufhebung aller Coronastrafen.

Juli: Die Reisesaison beginnt und damit auch die Reisewarnungen. Die Zahl der Neuinfizierten steigt wieder. Die Polizei erhält über eine Novelle des Epidemiegesetzes neue Befugnisse beim Corona-Containment. Sie darf nun auch Krankheitssymptome erheben. Die Corona-Ampel wird für den Herbst angekündigt.

25. Juli - Wegen der gestiegenen Infektionszahlen verschärft die Regierung wieder die Präventionsmaßnahmen. Im Lebensmitteleinzelhandel, in Supermärkten, Banken und der Post gilt erneut die Maskenpflicht.

August: Die Reiseregelungen werden weiter verschärft. Rückkehrer aus immer mehr Ländern müssen in Quarantäne oder einen negativen Test vorlegen.

Anfang September: Die Regierung empfiehlt, dass an privaten Zusammenkünften nicht mehr als 25 Personen teilnehmen sollen. Neue Coronaregeln werden im Begutachtungsverfahren massiv kritisiert, die FPÖ warnt gar vor "Coronafaschismus". Angesichts des Wiener Gemeinderatswahlkampfs verschärft sich der Ton zwischen Bund und Bundeshauptstadt in der Diskussion über adäquate Maßnahmen.

14. September - Angesichts des wieder drastischen Anstiegs von Neuinfektionen nimmt die Bundesregierung die Bevölkerung wieder - ein wenig - an die Kandare. Es gilt bundesweit eine verschärfte Maskenpflicht für den gesamten Handel, Gastronomie und jeglichen Kundenkontakt. Veranstaltungen werden auf 50 Besucher bei Indoor-Events, im Freien auf 100 Zuschauer beschränkt.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) legt nach der kritischen Begutachtung einen neuen Entwurf zum Epidemiegesetz, zum Tuberkulosegesetz und zum Covid-19-Maßnahmengesetz vor. Er bietet die Grundlage für die Ampel sowie für eine weitgehende Ausgangssperre. Letztere muss jetzt vom Hauptausschuss des Nationalrats genehmigt werden. Die Landesbehörden bekommen die Möglichkeit, regional unterschiedliche Maßnahmen zu ergreifen.

21. September - Wieder kommen weitere Verschärfungen: Bei privaten Feiern und Veranstaltungen indoor sind nur noch zehn Personen erlaubt, in der Gastronomie müssen auch die Gäste Maske tragen. Konsumationen sind nur noch im Sitzen erlaubt. Ziel sei es, einen weiteren Lockdown zu vermeiden, heißt es. Für den Sommer 2021 zeigt sich Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dennoch optimistisch.

23. September - Die neuen Coronagesetze passieren mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ den Nationalrat, wenige Tage darauf auch den Bundesrat.

24. September - Einschränkungen für den Wintertourismus werden in Aussicht gestellt. "Skivergnügen ja, aber ohne Apres Ski", lautet das Motto.

25. September - Die drei westlichen Bundesländer legen die Sperrstunde wegen der steigenden Corona-Zahlen auf 22.00 Uhr vor.

28. September - In Wien müssen sich Gäste in der Gastronomie registrieren lassen. In der Folge ergreifen auch Tirol, Salzburg, Oberösterreich und Vorarlberg sowie Niederösterreich (für "orange" Bezirke) diese Maßnahme.

Oktober: Bei den Corona-Infektionen wird ein Rekord nach dem anderen vermeldet und auch die Hospitalisierungszahlen - zunehmend auch die besonders relevante Zahl der Intensiv-Patienten - steigt rasant an. Den ganzen Monat über brodelt die Gerüchteküche, schon ab dem 10. wird über einen "weichen Lockdown" spekuliert. Gegen Monatsende wird klar, dass - von vielen anderen Ländern bereits ergriffene - strengere Maßnahmen Richtung "Lockdown light" nötig sind.

1. Oktober - Sechs Bezirke werden in der Corona-Ampel auf orange gestellt, aber einige auch wieder "herabgestuft". Der allergrößte Teil Österreichs ist noch grün - also mit geringem Ansteckungsrisiko.

15. Oktober - Die Corona-Ampel zeigt erstmals die Farbe Rot, in vier Bezirken in Oberösterreich, Salzburg und Tirol. Das Land Salzburg stellt die Gemeinde Kuchl unter Quarantäne. Weitere bundesweite Maßnahmen werden in Aussicht gestellt.

19. Oktober - Die Bundesregierung kündigt die nächste Verschärfungen für Veranstaltungen und Gastronomie an.

22. Oktober - Hausärzte dürfen ab jetzt in ihren Praxen Covid-19-Antigentests durchführen. Erstmals gibt es mehr als 2.000 (2.435) Neuinfektionen an einem Tag, 25 Bezirke stehen in der Ampel auf "rot". Mediziner warnen vor Versorgungsengpässen.

23. Oktober - Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigt Zuversicht, einen zweiten Lockdown verhindern zu können und appelliert: "Wenn es irgendwie geht, bleiben Sie zuhause." Salzburg verhängt ein Veranstaltungsverbot für rote Bezirke. Vorarlberg ist beim Contact Tracing an der Kapazitätsgrenze.

24. Oktober - Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) schließt Schulschließungen nach den Herbstferien aus. Erstmals werden mehr als 20.000 aktive getestete Corona-Fälle gemeldet.

25. Oktober - Die neuen Regeln treten in Kraft: Bei Veranstaltungen im Freien sind nur 1.500 Personen erlaubt, indoor 1.000 - mit Maske und zugewiesenen Sitzplätzen. Sonst dürfen nur noch maximal sechs Erwachsene indoor (auch pro Tisch in der Gastronomie) und outdoor zwölf zusammenkommen, bei Begräbnissen 100. Das - vom VfGH aufgehobene - Ein-Meter-Abstands-Gebot tritt wieder in Kraft, Maskenpflicht gilt in allen (öffentlichen) geschlossenen Räumen, Öffis, Haltestellen und Bahnhöfen sowie für Besucher in Senioren- und Pflegeheimen.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) warnt - möglicherweise schon binnen Wochenfrist - vor der Überlastung der Spitäler. Deutschland setzt die Reisewarnung für ganz Österreich außer Kärnten (das am 30. Oktober auch dazugenommen wird) in Kraft, schwere Auswirkungen auf den Wintertourismus werden befürchtet.

26. Oktober - Digitaler Nationalfeiertag: Die Leistungsschau des Bundesheeres, Führungen durch Hofburg, Parlament und Ministerin finden nur online statt oder fallen aus. In Minimal-Besetzung und unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehen am Heldenplatz die Kranzniederlegungen und Rekrutenangelobung über die Bühne.

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warnt, dass die Lage "sehr sehr ernst" ist, spricht von restriktiveren Maßnahmen und sagt: "Die Ultima-Maßnahme ist ein zweiter Lockdown." Gesundheitsminister Anschober appelliert, auch in den Herbstferien Kontakte zu verringern und auf Halloween-Parties zu verzichten.

27. Oktober - Die Zahl der (getesteten) Corona-Toten übersteigt die 1.000er-Marke. "Besorgniserregend" nennen Virolgen die Zunahme an Spitalspatienten - mehr als 200 müssen schon wieder intensiv behandelt werden. Die SPÖ drängt auf geordnete Vorbereitung für den "Fall der Fälle" eines zweiten Lockdowns. Anschober sieht Österreich verweist auf das gesetzliche Kriterium, dass für einen Lockdown das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch stehen müsste - und stellt fest: "Da stehen wir weit davon entfernt."

28. Oktober - Die Lage in den Spitälern spitzt sich zu. Oberösterreich und Wien kündigen an, dass demnächst geplante Operationen verschoben werden. Intensivmediziner warnen vor Einschränkungen der Versorgung. Oberösterreich kündigt mit Blick auf Haloween rechtliche Maßnahmen gegen "Garagenpartys" (außerhalb der Wohnräume) an. Ähnliches gilt bereits in Tirol, Vorarlberg und Salzburg.

29. Oktober - Kanzler Kurz und Gesundheitsminister Anschober kündigen Beratungen mit Sozialpartnern, Ländern und Opposition und für Samstag die Bekanntgabe weiterer Verschärfungen an. Sollten die Neuinfektionszahlen weiter steigen, droht laut Anschober bereits "Mitte, Ende November" die Überlastung der Intensivstationen.

Die Ampel wird rot: Die Kommission stellt das gesamte Bundesgebiet auf die höchste Risikostufe - sehr hohes Risiko für eine Corona-Infektion, bei Bundesländer-Betrachtung bleibt nur Kärnten orange.