Sommerurlaub 2021: Wird
Reisen wieder sein wie früher?

Die Corona-Pandemie hat die Welt weiter im Griff, aber es gibt erste Hoffnungsschimmer: In Europa laufen die Impfungen gegen das Virus. Was diese Entwicklung im Kampf gegen Sars-CoV-2 für den Sommerurlaub und das Reisen im Jahr 2021 bedeutet.

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Urlaub Sonnenuntergang © Bild: iStockphoto.com/rclassenlayouts

"Die Impfungen sind schon ein Hoffnungsschimmer", sagt Zukunftsforscher und Tourismus-Experte Andreas Reiter über den Urlaub 2021. Es kommt allerdings darauf an, um welche Reisen es geht. "Wir werden im Sommer innerhalb von Europa wieder relativ gut reisen können, allerdings mit Auflagen", prognostiziert Reiter. Damit gemeint sind Testungen. Wenn man zum Beispiel ans Mittelmeer fährt, könne ein Test als Nachweis erforderlich sein, wie der Experte mitteilt. Auch Impfpässe könnten ein Thema sein. Kein Land wolle schließlich bezüglich Pandemie eine gute Entwicklung riskieren.

Reiserecht: Was man beim Buchen beachten soll

Rechtlich gilt es ebenfalls einiges zu beachten: "Man kann sicher nicht bedenkenlos buchen, weil es zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhersagbar ist, wie die Pandemie-Situation im Sommer sein wird", sagt der Wiener Rechtsanwalt Martin Alt, zu dessen Spezialgebiet das Reiserecht zählt. "Wer schon heute für den Sommer bucht, muss sich bewusst sein, dass es ein gewisses Risiko gibt." Und was sollte man aus rechtlicher Sicht beim Buchen unbedingt beachten? Der Rat des Experten lautet: Das Allerwichtigste ist, dass der potentielle Urlauber weiß, wer sein Vertragspartner beziehungsweise Reiseveranstalter ist. Bei diversen internationalen Buchungsportalen ist das oft schwer oder nicht mehr nachvollziehbar. Im Streitfall müsse man seinem Geld nachlaufen, wie Alt mitteilt.

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Besser ist es daher, direkt bei bekannten europäischen Reiseveranstaltern oder bei einem Reisebüro zu buchen. Mit einer Pauschalreise ist man auf der sichereren Seite, weil man einen Ansprechpartner für die gesamte Reise, inklusive Flug, Unterbringung und Transport hat. Auch bei den Versicherungen sollte man genau hinschauen. Es kann sein, dass man eine Versicherung abschließt, die das Pandemierisiko gar nicht abdeckt. Gut zu wissen ist: Wenn man als Reisender selber die Situation als zu gefährlich einschätzt, die Regierung des Urlaubslandes aber grünes Licht gibt, hat man keinen Anspruch auf Rückerstattung. "Die Stornokosten muss man dann in den meisten Fällen selbst tragen. Außer wenn es unzumutbar wird. Das ist in so einer Situation gerichtlich zu klären", sagt der Reiserechtsexperte. Individualreisende sollten zur Risikominimierung ihren Flug direkt bei den Airlines beziehungsweise die Reise über ein seriöses Buchungsportal, bei dem der Vertragspartner bekannt ist, buchen.

Der Rechtsanwalt hat noch drei weitere Tipps für den Sommerurlaub 2021: Reisende, die bereits Anfang des Jahres buchen wollen, sollten nur die Anzahlung leisten. Denn nur diese ist zu dem Zeitpunkt gesichert. Außerdem können im Reisebüro besondere Stornobedingungen vereinbart werden, wie beispielsweise ein kostenloses Storno bis zwei Wochen vor Reiseantritt. Diese Bedingungen müssen schriftlich im Vertrag festgehalten werden. Wenn man einen Anspruch auf Rückerstattung hat, hat man diesen in Österreich in Bargeld und muss grundsätzlich keine Gutscheine akzeptieren.

Traumurlaub in Thailand noch in weiter Ferne

Außerhalb von Europa sieht es für Österreicher mit dem Reisen 2021 wenig rosig aus: "Transkontinental können wir in diesem Jahr sowieso noch nicht reisen. Das wird frühestens 2022 oder 2023 folgen", sagt Zukunftsforscher Andreas Reiter. Damit gemeint sind Reisen nach Asien, beispielsweise Thailand, oder Nordamerika. Wann transkontinentales Reisen wieder möglich sei, hänge von vielen verschiedenen Faktoren ab, aber vor allem liege es einerseits an extrem strengen Sicherheitsvorkehrungen wie etwa in Asien und an den teils katastrophalen Zuständen aufgrund der Corona-Krise wie beispielsweise in Amerika.

Andreas Reiter, Zukunftsforscher
© Oliver Wolf Zukunftsforscher Andreas Reiter
»Es dauert noch bis 2023 bis der chinesische Massentourismus Hallstatt wieder erreicht hat«

Es wird laut Reiter zwar einzelne transkontinentale Flüge beziehungsweise Flugverbindungen geben, aber noch keinen Massentourismus wie es vor der Pandemie der Fall war. Das hat auch damit zu tun, dass es einfach dauert, bis die Länder sowie Airlines und Flughäfen wieder hochgefahren sind. Letztere haben durch die Corona-Krise enorme finanzielle Einbußen erfahren: Eurocontrol, die zentrale Koordination der Luftverkehrskontrolle in Europa, rechnet damit, dass sich Europas Luftverkehrsindustrie heuer nur langsam erholen wird. 2020 kam es zu einem Verlust von rund 6,1 Millionen Flügen. 2021 rechnen Experten mit nur 51 Prozent des Flugverkehrs wie er vor der Corona-Krise stattgefunden hat. Alle Reisedestinationen außerhalb von Europa werden für Österreicher laut Reiter daher 2021 noch nicht bereisbar sein und umgekehrt. "Es dauert noch bis 2023 bis der chinesische Massentourismus Hallstatt wieder erreicht hat", sagt der Experte.

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Welche Rolle der Impfpass spielen wird

Der Zukunftsforscher geht davon aus, dass Impfpässe besonders auf internationalen Flügen außerhalb von Europa in den nächsten Jahren unabdingbar sein werden. Er schließt aber nicht aus, dass die Länder in Europa ebenfalls auf den Impfpass setzen, etwa bei Formaten wie Kreuzfahren oder bestimmten Flugreisen. Das müsste laut Zukunftsforscher dann allerdings EU-weit beschlossen werden. Der Impfpass könnte eine sinnvolle Möglichkeit sein, "wenn die Politik merkt, dass der Fleckerlteppich an Maßnahmen kontraproduktiv ist", sagt Reiter. Eine genaue Einschätzung sei aber zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer.

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Wie sich Corona auf die Reisekosten auswirkt

"Reisen wird teurer, das ist keine Frage", sagt Reiter. Ganz massiv werden die Billigflieger leiden, weil sie viel öfter fliegen müssen, um bei den billigen Preisen überleben zu können. Nach Einschätzung des Experten werden von den Billig-Airlines nur einige große Namen wie Ryanair oder Easyjet übrigbleiben. "Um 40 Euro nach London zum Frühstück fliegen - diese Billig-Trips wird es nicht mehr geben", prognostiziert der Zukunftsforscher. Reisen wird auch in Bezug auf Hotelbetriebe und andere Betriebe wie Seilbahnen teurer werden. Sie haben momentan kostenintensive Auflagen in Form von Hygiene- und Sicherheitskonzepten zu erfüllen. Diese Kosten müssen die Betriebe auf den Kunden umschlagen. Vor allem um die Stadthotellerie muss man sich Sorgen machen, oftmals müssen Pächter noch die Pacht begleichen, obwohl sie ohnehin schon kein Geld haben. Ferienhotels, die meistens Familienbetriebe sind, stehen vergleichsweise etwas besser da. Ausnahmen stellen Hotelketten dar, aber auch sie halten auf Dauer nicht durch. 10 bis 20 Prozent der Pleiten im österreichischen Tourismus werden laut unterschiedlicher Prognosen die Stadthotellerie treffen, abhängig von der Destination.

Grüner und urbaner: So kann Reisen 2021 aussehen

Und es gibt einen zweiten Umschwung, einen Bewusstseinswandel hin zum ökologischen Reisen. Diese Konsumenten bevorzugen in Europa innerhalb von rund 800 Kilometern die Bahn, lautet die Prognose von Reiter. Städtereisen werden in Folge nicht mehr so stark mit Linienflügen gemacht, wenn es stattdessen eine gute Zugverbindung dorthin gibt. In Europa werden derzeit vor allem die Zugverbindungen der Nachtzüge stark ausgebaut. Die ÖBB will gemeinsam mit anderen europäischen Ländern wie der Schweiz, Deutschland und Frankreich die Nightjets wieder hochfahren. In den nächsten Jahren sollen zusätzlich 13 europäische Millionenstädte als Reiseziele dazukommen. "Das wird den Städtetourismus wieder hochkurbeln, aber ökologischer und klimafreundlicher", sagt Reiter. Er sieht noch eine andere Entwicklung im Urlaubssektor: Die Schere zwischen dem teuren Luxusbereich und dem Diskontbereich wird größer. Im Hochpreisland Österreich werden sich 4-Sterne-Hotels aufwärts gut behaupten können. In Ländern wie der Türkei, die verstärkt auf Massentourismus setzen, werden Billig-Destinationen boomen, All-Inclusive um 340 Euro. "Gute Produkte zu einem anständigen Preis zu bekommen, das wird schwieriger", prognostiziert der Tourismus-Experte. Und welche Auswirkungen hat Corona noch auf das Reisen? Der reine Geschäftstourismus wird einbrechen und Einbußen von mindestens 30 Prozent erleben, schätzt Reiter. Für ein Treffen von Wien nach Berlin zu fliegen, das hat sich dank Videocalls erledigt, die Firmen sparen hier ein und treffen damit auch den ökologischen Zeitgeist. Auf der anderen Seite werden der Kongresstourismus, Tagungen und kleinere Festivals ab Herbst 2021 wieder eine Rolle spielen. Verstärkt in den Fokus gerückt, ist während der Pandemie in den Städten das Thema Outdoor und Bewegung in der Natur. Das wird auch die Sommerurlaubsplanung beeinflussen.

Welche Länder sich als Reiseziele anbieten

Letztes Jahr waren die Klassiker für Österreich Kroatien und Italien. Und diese nahe gelegenen Länder werden im Sommer 2021 wieder die Hauptdestinationen der Österreicher sein, teilt Reiter mit. Und umgekehrt wird Österreich für andere europäische Nachbarländer eine wichtige Reisedestination sein. "Eine erste große Beruhigung sehe ich erst im Spätsommer, also im August und September", sagt der Zukunftsforscher. Erst dann sei eine entsprechende Durchimpfungsrate gegeben. Reisen zu Ostern werde noch nicht groß möglich sein, aber es werde sich ab da langsam aufbauen.