Corona: Mehr als 100 Neuinfektionen

Während heute neue Lockerungen in Kraft treten steigen die Neuinfektionen rasant an

Ab heute, Mittwoch, werden die Corona-Sicherheitsmaßnahmen in Österreich weiter hinuntergefahren. Indes steigen aber die Neuinfektion rasant an. In den letzten 24 Stunden gab es über 100 Neuinfektionen. In Oberösterreich sperren in fünf Bezirken ab Freitag Schulen und Kindergärten zu. Und es wurden neue Reisewarnungen ausgesprochen.

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Pandemie - Corona: Mehr als 100 Neuinfektionen © Bild: iStockphoto.com

Nach längerer Zeit ist die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Österreich am Mittwoch auf über 100 gestiegen. Der Löwenanteil der 107 Erkrankungen (Stand 9.30 Uhr) entfiel laut Innenministerium mit 61 auf Oberösterreich. Mit 24 Neuinfektionen lag Wien auf Platz zwei, gefolgt von der Steiermark mit neun und Niederösterreich mit sieben. Aus Tirol wurden drei Erkrankungen, in Salzburg zwei und im Burgenland eine gemeldet.

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Aschober: Fokus Oberösterreich

Der Fokus der Corona-Neuerkrankungen in Österreich liegt derzeit in Oberösterreich, sagte auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Mittwoch in einer Pressekonferenz. In Oberösterreich habe sich die Zahl der Erkrankungen innerhalb von 24 Stunden um 2,48 Prozent erhöht. In Gesamtösterreich war die Anzahl der aktiv Erkrankten hingegen nur um 0,6 Prozent gestiegen, sagte Anschober weiter.

"Situation auf Bundesebene stabil"

Es gäbe, so Anschober, keine Hinweise, dass es durch die Öffnungen in dem jeweiligen Bereich zu massiven Erhöhungen gekommen ist. Die Ausbrüche seien bisher nur regional, hieß es am Mittwoch bei der Pressekonferenz. Situation auf Bundesebene wäre stabil, dies bleibe aber nur dann so, wenn wir, wo es zu sichtbaren Clusterbildungen kommt, "sehr konsequent reagieren". Man stehe im Dialog mit Oberösterreich, wo am heutigen Mittwoch Maßnahmen des Landes präsentiert wurden.

Wichtig sei schnelles Kontaktpersonenmanagement - "da geht es um jede Stunde". Es gehe auch um das Risikobewusstsein der Bevölkerung, "manche sind müde geworden". Die Grundregeln wie Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln müssten eingehalten werden.

In OÖ schließen in fünf Bezirken Schulen und Kindergärten

In Oberösterreich werden als Konsequenz auf den Ausbruch ab Freitag für eine Woche in fünf Bezirken - Linz Stadt, Linz-Land, Wels Stadt, Wels-Land und Urfahr-Umgebung - alle Schulen, Kindergärten sowie Betreuungseinrichtungen geschlossen. Von Dienstag auf Mittwoch ist die Zahl der Infizierten um 61 auf 190 gestiegen. Zurückzuführen ist die Zunahme auf den Cluster der "Freien Christengemeinde" in Linz.

In der Religionsgemeinschaft befinden sich zahlreiche Großfamilien aus Oberösterreich, die das Virus in den vergangenen Tagen in besagten Bezirken verbreitet haben. Daher habe sich das Land in Absprache mit dem Gesundheitsministerium am Mittwoch zu der "drastischen Maßnahme" der neuerlicher Schließungen entschieden. "Ein massiver, aber sinnvoller Schritt", meinte Landehauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) in einer Pressekonferenz.

Cluster bei Grazer Firma

Auch bei einer Grazer Baufirma ist am Dienstagabend vom Gesundheitsamt ein Covid-19-Cluster festgestellt worden, zehn Personen wurden positiv getestet, wie aus dem Rathaus mitgeteilt wurde. 40 Bedienstete wurden untersucht. Den Verdacht auf diesen Covid-Cluster hatte ein erkrankter Mitarbeiter ausgelöst, bei dem sich die Infektion bestätigt hatte. Für alle Personen wurde Quarantäne angeordnet.

"Wir haben alle positiv getesteten Personen sofort kontaktiert, um die Infektionsketten und mögliche weitere Ansteckungen festzustellen und wir haben allen Personen eine behördliche Quarantäne verordnet. Ab Mittwoch testen wir die anderen Mitarbeiter dieser Firma", berichtete Eva Winter, Leiterin des Gesundheitsamtes. Die Ergebnisse für diese weiteren 60 Personen dürften am Donnerstag vorliegen.

Um die Infektionsketten möglichst gut erfassen zu können, würden für die Kommunikation mit den Arbeitern Dolmetscher beigezogen. Die Erhebungsarbeiten seien sehr umfassend, denn die Firma betreibe derzeit Baustellen in Leoben, Weiz, Graz und Wien, wurde vom Gesundheitsamt mitgeteilt. Die Arbeiter stammen aus verschiedenen Ländern, vorwiegend aber aus Griechenland.

Reisewarnungen für Wastbalkan

Indes gibt es auch wieder Reisewarnungen in sechs Westbalkan-Staaten. Das Außenministerium hat für Länder des Westbalkans angesichts der hohen Coronazahlen in der Region eine Reisewarnung verhängt. Das bestätigte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Mittwoch in Wien. Konkret gilt dies für Bosnien-Herzegowina, den Kosovo, Nordmazedonien, Albanien, Montenegro und Serbien.

In Österreich gebe es bereits Corona-Fälle, die auf Reisende vom Westbalkan zurückzuführen seien, sagte Schallenberg. In Slowenien und Kroatien seien ebenfalls vermehrt Cluster von Neuerkrankungen durch Rückkehrer vom Westbalkan zu beobachten.

Österreich empfiehlt "dringend" das Land zu verlassen

Die Reisewarnung - Sicherheitsstufe 6 - empfiehlt Österreichern "dringend", das betroffene Land zu verlassen. Coronatests oder eine 14-tägige-Heimquarantäne sind bei einer Einreise aus den Westbalkanländern jetzt schon Pflicht.

Mit der Reisewarnung für Serbien und Montenegro stellt sich Österreich gegen einen erst Dienstag getroffenen gemeinsamen EU-Beschluss. Dieser sah nämlich die Aufhebung der coronabedingt verhängten Einreiseverbote für 14 Drittstaaten vor, darunter auch Serbien und Montenegro. Der Beschluss ist allerdings nur eine Empfehlung, wie auch Schallenberg betonte. Mit Verweis auf der Vorgehen anderer europäischer Länder unterstrich er: "Wir sind im Mainstream Europas unterwegs."

530.000 Menschen potenziell von Reisewarnung betroffen

Die Reisewarnung betrifft potenziell eine halbe Million Menschen. In Österreich leben laut Statistik Austria 530.000 Menschen mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien. Weitere 283.000 haben einen türkischen Migrationshintergrund. Für die Türkei gilt schon länger die höchste Reisewarnstufe. Von den 8,7 in Österreich lebenden Menschen haben rund 2,1 Millionen Migrationshintergrund. Davon haben 530.000 Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien: 370.000 sind Zuwanderer der ersten Generation, 160.000 der zweiten. Eine detaillierte Aufstellung nach den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien ist nicht verfügbar.

Von der Reisewarnung für die Türkei sind potenziell 283.000 Menschen betroffen. 160.000 von ihnen sind Migranten der ersten Generation, 123.000 der zweiten. Für Albanien sind nur Zahlen der albanischen Staatsbürger in Österreich verfügbar, das sind aktuell 2.800.

Lockerungen ab heute Kraft

Indes treten heute weitere Lockerungen in Kraft. So dürfen Lokale künftig um 5.00 statt wie bisher um 6.00 Uhr aufsperren. Buffets mit Selbstbedienung werden prinzipiell wieder möglich. Die Sperrstunde für geschlossene Veranstaltungen bis zu 100 Personen - also beispielsweise für Geburtstagsfeiern - fällt. Lockerungen gibt es ebenfalls für Zuschauer von Sportevents und Kulturveranstaltungen. Hier sind mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen bis zu 250 Personen in geschlossenen Räumen und 500 im Freiluftbereich erlaubt.

Corona-Ampel je nach Bezirk

Wissenschaftler des Complexity Science Hub Vienna (CSH) haben indes eine Corona-Ampel für Österreich erstellt. Auf der Karte sieht man die heimischen Bezirke je nach nachgewiesenen Infektionen. Gezeigt wird die Zahl der positiv Getesteten pro 10.000 Einwohner der letzten 14 Tage. Ist die Ampel grün wurden weniger als eine neue Ansteckung pro 10.000 Einwohner verzeichnet, steht sie auf gelb wurden eine bis zehn Ansteckungen registriert und bei rot gab es mehr als zehn positiv Getestete Personen pro 10.000 Einwohner. Die Ampel sehen Sie hier.

Ende Juni um 139.300 mehr Arbeitslose als im Vorjahr

Die Coronakrise führt indes weiter zu hohen Arbeitslosenzahlen. Ende Juni waren 463.500 Personen arbeitslos oder in Schulung, das sind um 139.300 mehr als im Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote lag in Österreich mit 10,1 Prozent um 3,6 Prozentpunkte höher als im Juni 2019. Der coronabedingte Höchststand lag Mitte April bei 588.000 Arbeitslosen, ein Rekordwert seit dem Jahr 1945.

Die Lockerungen der Corona-Maßnahmen und das Wiederhochfahren der Wirtschaft haben teilweise zu einer Entspannung am Arbeitsmarkt geführt. Im Vergleich zum Vormonat ging die Zahl der Arbeitslosen um 54.000 zurück. Die stärksten Rückgänge gab es im Tourismus und in der Gastronomie. "Wir sehen, dass die Arbeitslosigkeit Schritt für Schritt zurückgeht. Es ist aber noch viel zu tun", sagte Arbeitsministerin Christine Aschbacher bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) am Mittwoch in Wien.

Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten ging im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat laut vorläufiger Prognose um 3,3 Prozent auf 3,702 Millionen zurück. Die Anzahl der sofort verfügbaren Stellen schrumpfte um 25 Prozent auf rund 63.000.