Corona: Jugend verabschiedet sich von Ich-Bezogenheit

Bereit, in Krise Streben nach "eigenem Ding" und Spaß zu reduzieren - aber kaum Bereitschaft zur Selbstverpflichtung

Der Shutdown wegen des Coronavirus hat bei Österreichs Jugendlichen zu einer Abkehr vom Ego-Individualismus geführt, zeigt eine repräsentative Studie des Instituts für Jugendkulturforschung. Die 16- bis 29-Jährigen (1.000 Befragte) sind demnach im Ausnahmezustand bereit, das individualistische Streben nach dem "eigenen Ding", Spaß und individueller Selbstverwirklichung vorerst zurückzuschrauben.

von Jugend Corona © Bild: iStockphoto

Während vor der Coronakrise noch 79 Prozent der Jugendlichen der Aussage "Ich will machen, was ich will und die anderen sollen machen, was sie wollen" zugestimmt haben, sind es nun nur noch 23 Prozent. Die Zustimmung zur Aussage "Ich will nicht nach Vorschrift und Plan leben, sondern tun, was mir gerade Spaß macht" ist von 72 Prozent auf 48 zurückgegangen.

Grundsätzliche Solidarität mit Älteren

93 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass jeder einzelne einen Beitrag leisten muss, um die Corona-Pandemie einzugrenzen. Die Ergebnisse zeigen auch grundsätzliche Solidarität mit älteren Menschen, denen das Coronavirus eher gefährlich werden kann. Unterstützung signalisieren Jugendliche vor allem bei Alltagsdingen, die wenig Zeit beanspruchen, wie kleinen Einkäufen und Erledigungen.

Zu Selbstverpflichtung aber nicht bereit

Gleichzeitig meinen allerdings ein Drittel der männlichen und 20 Prozent der weiblichen Befragten, dass sie sich für die Bewältigung der Krise in ihrem Alltag nicht einschränken wollen. Auch ein tägliches einstündiges Telefonat, um den Großeltern die Isolation zu erleichtern, ist nur für 41 Prozent vorstellbar. "Diejenigen, die zu einem hohen Maß an Selbstverpflichtung bereit wären, sind also auch in der Coronakrise eine kleine feine Gruppe geblieben", kommentiert die wissenschaftliche Leiterin Beate Großegger.

Nachhaltigkeit hängt von Zukunftschancen ab

Ob die Abkehr vom Ego-Individualismus nachhaltig sein wird, hängt aus Großeggers Sicht vor allem davon ab, wie sich die Coronakrise auf die Zukunftschancen der Jugendlichen auswirken wird. "Angst vor Arbeitslosigkeit und Unsicherheit, was persönliche Zukunftsplanung betrifft, könnten dazu führen, dass sich die nachrückende Generation allem voran auf Selbstbehauptungswerte, die sie in der Krise ja niemals wirklich vergessen hat, besinnt und alles daran setzt, im täglichen Konkurrenzkampf um Lebenschancen mit wettbewerbsorientierter Ich-Bezogenheit zu bestehen."