Causa Ischgl: Die unendliche Geschichte

Vom ersten Verdacht über Quarantäne bis zum ersten Prozess des Corona-Hotspots

Die Causa Ischgl - eine offenbar unendliche Geschichte. Seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie in Österreich beherrscht der Tiroler Tourismus-Hotspot beständig die Schlagzeilen. Eine Chronologie.

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Chronologie - Causa Ischgl: Die unendliche Geschichte

Den Anfang markierte die Apres-Ski-Bar "Kitzloch" und deren Barkeeper, es folgte eine lange Quarantäne für das gesamte Paznauntal. Die Justiz startete daraufhin Ermittlungen, nun steht der erste Zivilprozess in Wien bevor.

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14 isländische Gäste infiziert (5. März 2020)

Die Tiroler Behörden erfahren, dass 14 isländische Gäste in ihrer Heimat nach einem Ischgl-Aufenthalt positiv auf das Virus getestet worden sind. Das Land teilt mit, dass am 29. Februar auf dem Rückflug von München nach Reykjavik ein bereits erkrankter Fluggast nach einer Italienreise an Bord war. Die Behörden nehmen an, dass die Ansteckung im Flugzeug und nicht in Tirol passiert war. Island erklärt Ischgl zum Risiko-Gebiet und stellt alle Reisenden, die seit 29. Februar heimgekommen waren, unter Quarantäne.

Laut Land kein Verdachtsfall (6. März)

Die Gesundheitsbehörden kontaktieren das Hotel, in dem die Isländer nächtigten. Sie weisen an, Hotel-Personal mit Symptomen zu testen. Personen, die Apres-Ski-Lokale besucht hatten, werden zudem vom dortigen niedergelassenen Arzt getestet. Darunter ist auch der 36-jährige Kellner der Apres-Ski-Bar "Kitzloch". Laut Land gibt es zu diesem Zeitpunkt keinen einzigen Verdachtsfall in oder aus Ischgl.

"Kitzloch"-Kellner positiv (7. März)

Das Testergebnis des Kellners ist positiv. Die Mitarbeiter des "Kitzloch" werden isoliert und das Lokal vorübergehend gesperrt. Die Behörde ruft Besucher der Bar auf, sich an die Gesundheitshotline 1450 zu wenden.

Isländer waren im "Kitzloch" (8. März)

Es wird bekannt, dass die erkrankten Isländer im "Kitzloch" waren. Ebenso, dass drei weitere in Tirol positiv getestete Personen sich in Ischgl aufgehalten hatten.

"Kitzloch" wird gesperrt (9. März)

Das Lokal "Kitzloch" wird behördlich gesperrt.

Alles Apres-Ski-Lokale schließen (10. März)

Alle Apres-Ski-Lokale in Ischgl werden geschlossen.

Skigebiet Ischgl schließt für 2 Wochen (11. März)

Es wird verkündet, dass das Skigebiet Ischgl für zwei Wochen gesperrt wird.

Platter verkündet Ende der Skisaison (12. März)

Erst heißt es, dass Ischgl seinen Betrieb für die Saison komplett einstellt. Am Abend sagt Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), dass mit Ablauf 15. März die gesamte Skisaison in Tirol beendet wird. Alle Beherbergungsbetriebe sollen mit 16. März schließen. Dänemark rät von Reisen nach Tirol ab.

Paznauntal und St. Anton unter Quarantäne gestellt (13. März)

Die Orte im Paznauntal - Galtür, Ischgl, Kappl und See - sowie St. Anton am Arlberg werden um 14.00 Uhr nach einer Pressekonferenz von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unter Quarantäne gestellt. Das Paznauntal bleibt für sechs Wochen bis zum 23. April isoliert.

Skigebiete schließen (15. März)

Alle Skigebiete in Tirol schließen.

Beherbergungsbetriebe schließen (16. März)

Alle Beherbergungsbetriebe, bis auf einige Ausnahmen für medizinisches Personal sowie im Geschäfts- bzw. Wirtschaftsbereich, schließen.

Patientin Null laut AGES schon im Februar (2. April)

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) berichtet, dass die angebliche Patientin Null am 8. März positiv getestet wurde. Es wird angenommen, dass die Kellnerin aufgrund der Symptome bereits am 8. Februar das Virus in sich trug. Das Land Tirol bezweifelt diese Aussagen und meint, dies entspreche nicht "der faktischen Datenlage".

Tilg übersteht Misstrauensvotum (13. Mai)

Der Tiroler Landtag setzt nach einigem politischen Hickhack eine Expertenkommission zur Untersuchung des Krisenmanagements unter dem Vorsitz von Ex-OGH-Vizepräsident Ronald Rohrer ein. In derselben Sitzung übersteht der viel kritisierte Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) ein Misstrauensvotum.

Studie: 42,2 Prozent der Ischgler mit Antikörpern (25. Juni)

Eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck ergibt, dass 42,2 Prozent der Ischgler Bevölkerung Antikörper haben.

Klagen gegen die Republik (23. September)

Der Verbraucherschutzverein (VSV) bringt vier Amtshaftungsklagen gegen die Republik von Covid-19-Geschädigten beim Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen ein. Der VSV unterstellt den lokalen Behörden in Tirol und den verantwortlichen Politikern auf Bundesebene über Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bis hin zum Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schwere Fehler beim Pandemie-Management in den Skigebieten in den Monaten Februar und März 2020.

Ermittlungen gegen vier Personen (30. September)

Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft bestätigt, dass sie nun offiziell gegen vier Personen wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten ermittelt. Darunter befinden sich der Ischgler Bürgermeister Werner Kurz sowie dem Vernehmen nach der Bezirkshauptmann von Landeck, Markus Maaß, sowie zwei weitere Mitarbeiter der Behörde.

Experten bemängeln Kurz-Ankündigung (12. Oktober)

Die Expertenkommission präsentiert in einer Pressekonferenz in Innsbruck ihren Bericht. Kommissionsvorsitzender Ronald Rohrer wartet einerseits mit Kritik und andererseits mit Entlastung der Verantwortlichen im Bezirk Landeck und Land Tirol auf. Kritisiert wird etwa das Zuwarten mit der Verordnung zur Beendigung des Skibetriebes in Ischgl. Auch die Quarantäne-Ankündigung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird bemängelt. Druck von Seiten Dritter auf das Land bzw. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) habe es nicht gegeben. Platter habe "aus eigenem Entschluss" gehandelt.

Fünfte Person als Beschuldigter (2. Juni 2021)

Die Innsbrucker Staatsanwaltschaft beendet die Ermittlungen und übermittelt ihren 70 Seiten starken Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft. Ob Anklage erhoben wird oder nicht, wurde nicht mitgeteilt. Außerdem wurde angegeben, dass eine fünfte Person als Beschuldigter geführt wird. Es wird bekannt, dass es sich dabei um Tirols Landesamtsdirektor Herbert Forster handelt.

Bericht an Ministerium (4. August)

Das Nachrichtenmagazin "profil" berichtet, dass die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck den Vorhabensbericht an das Justizministerium geschickt hat. Dort wird über Anklage, Einstellung des Verfahrens oder die Beauftragung zu ergänzenden Ermittlungen entschieden.

Erste Verhandlung gegen Republik (17. September)

Die erste mündliche Verhandlung der Amtshaftungsklage gegen die Republik findet statt. Der Verbraucherschutzverein (VSV) hatte die Klage eingebracht. Eine Witwe und ihr Sohn klagen die Republik Österreich zivilrechtlich auf rund 100.000 Euro Schadensersatz.