Corona-Finanzierung: "Es
braucht Druck von unten"

Die Corona-Krise wird viel Geld kosten und nach dem ersten Schock für viele Diskussionen sorgen. Erste Forderungen für die Finanzierung danach gibt es schon. Die radikalste kommt von der NGO Attac: Sie will Millionäre und Milliardäre Österreichs einmalig zur Kasse bitten.

von Reichensteuer - Corona-Finanzierung: "Es
braucht Druck von unten" © Bild: iStockPhoto.com

Mit der Forderung nach einem einmaligen Lastenausgleich österreichischer Millionäre und Milliardäre sorgte das globalisierungskritische Netzwerk Attac für Aufsehen. Wir haben bei Mario Taschwer von Attac nachgefragt, wie sie in der Praxis funktionieren soll.

Wie der Vorschlag funktionieren würde

Die Erstellung einer Staffelung steht in Grundzügen bereits. Vermögen ab 5 Mio. Euro sollten mit 10 Prozent, Vermögen ab 100 Mio. Euro mit 30 Prozent und Vermögen ab 1 Mrd. Euro je einmalig mit 60 Prozent einen Beitrag leisten, so die Forderung konkret. Wer 10 Mio. Euro besitzt, müsste also einmalig 500.000 Euro abführen (10 Prozent des 5 Mio. Euro übersteigenden Vermögens).

Für ein Vermögen von 5 Mrd. Euro wären einmalig 2,68 Mrd. Euro abzuliefern - der effektive Steuersatz würde also knapp 54 Prozent betragen. Bezahlt werden sollte das in fünf jährlichen Raten. Betriebsvermögens würde gesondert behandelt, um Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Vermögen unter 5 Mio. Euro wären steuerfrei.

Das Schätzproblem geheimer Vermögen

Taschwer gibt dabei zu bedenken, dass diese Zahlen nur eine "konservative Schätzung" seien. Neben der Haushaltsumfrage der EZB habe man sich auch auf Vermögenslisten von Forbes und Trend als Datengrundlage stützen müssen.

»Wenn jemand extrem reich ist, dann heißt es auf einmal, sein Vermögen sei Privatsphäre«

Das ist wenig verwunderlich, weil man statistisch gesehen nur sehr wenig über Vermögen in Österreich weiß. Ein Zustand, den Attac so nicht stehenlassen möchte: "Es kann nicht sein, dass man die finanzielle Situation von Mindestsicherungsbeziehern genau durchleuchtet. Wenn jemand aber extrem reich ist, dann heißt es auf einmal, sein Vermögen sei Privatsphäre."

Aus den aktuellen Daten der EZB ließe sich dennoch ablesen, dass der Lastenausgleich die 10.000 reichsten Österreicher betreffen würde, das wären also etwas mehr als 0,11 Prozent der Bevölkerung.

Eine Frage des Drucks

Von einer realpolitischen Umsetzbarkeit ist man genauso weit entfernt wie von exakten Zahlen. Das liege weniger daran, dass es um internationale oder europäische Solidarität schlecht bestellt ist, wenn es um ein konzertiertes Vorgehen in dieser Angelegenheit gehen sollte.

Mit der Volkspartei als dominantem Koalitionspartner einer türkis-grünen Regierung sind die Chancen für einen Lastenausgleich in Österreich, der dann vorwiegend von ihrer eigenen Wählerschaft getragen würde, denkbar gering: "Die politischen Kräfteverhältnisse sind derzeit nicht gerade günstig für diesen Vorschlag, aber es braucht breite gesellschaftliche Bündnisse. Wenn 1 Prozent der Gesellschaft einen notwendigen Beitrag für die Gesellschaft leisten kann, sollten die anderen 99 Prozent dafür sein."

»Es braucht jetzt einfach den Druck von unten«

Laut Attac liege der Ball auch bei der Bevölkerung, einen Lastenausgleich ins Rollen zu bringen. "Es braucht jetzt einfach Druck von unten, weil wir ja wissen, wer die Freunde der regierenden ÖVP sind, die sich gegen eine Erbschafts- und Vermögenssteuer aussprechen oder die gegen den von uns vorgeschlagenen Lastenausgleich wären", sagt Taschwer.

Kurzes Aufflammen in der Politik

Ein weniger radikaler Ton in ähnliche Richtung wurde bereits von Vizekanzler Werner Kogler angeschlagen. Auch er forderte vor kurzem eine "gerechte Krisenfinanzierung" und dachte laut über eine Besteuerung von "Millionen- und Milliarden-Erben" aus.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner begrüßte diesen Vorstoß. Die Kosten der Krise dürfen nicht nur die Arbeitnehmer tragen. "Alle müssen ihren Beitrag leisten. Wir müssen über das Thema Verteilungsgerechtigkeit in Österreich reden." Es brauche "eine Millionärssteuer auf Vermögen und Erbschaften, und natürlich eine gerechte Besteuerung von Finanztransaktionen und Online-Konzernen, die jetzt von der Krise stark profitieren", sagte Rendi-Wagner.

Erwartungsgemäß auf wenig Gegenliebe stoßen diese Gedanken bei der ÖVP, dem dominanten Koalitionspartner der Grünen. Die Volkspartei hat sich dementsprechend auch nur recht verhalten zum Thema geäußert: "Für das wirtschaftliche Comeback Österreichs nach der Krise benötigt es einen noch nie da gewesenen nationalen Kraftakt und nicht irgendeine Einzelmaßnahme". Wohl um vorerst weder das Klima zur eigenen Wählerschaft noch zum Koalitionspartner zu stören.

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